Jagd auf eine Bestie 2. Teil: Thriller (German Edition)
hatte, der Hauptbuchhalter der Vigianis war. Wenn dieser Alfredo Ragusa extra nach Freiburg reiste, um Ferruccio zu treffen, konnte das nur eines bedeuten: Es musste sich um Transaktionen handeln, die der Conte sonst niemandem anvertrauen wollte. Dieser Ragusa musste also über wichtige Informationen verfügen. Mit Sicherheit konnte er auch die Eintragungen aus den Unterlagen entschlüsseln, die Kerner aus dem Jagdhaus mitgebracht hatte. Nur, wie sollten sie so schnell dieses Mannes habhaft werden? Ragusa hatte eine große Rechtsanwaltskanzlei mitten in Rom, wo er sich auch die meiste Zeit aufhielt. Natürlich wurde er streng bewacht. Es würde schwer sein, ihn dort herauszuholen, aber es musste eine Möglichkeit geben.
Zusammen mit Graf Siegfried und fünf weiteren Grabrittern saß Kerner auf einem der Zimmer einer kleinen Pension in Bellagio. Sie hatten einen Krisenstab gebildet und sprachen nun alle Möglichkeiten für ein schnelles Eindringen auf dem Anwesen der Vigianis durch. Mitten in ihrer Besprechung klingelte das Handy von Graf Siegfried. Sam war am Apparat. Nachdem er dem Grabritter erklärt hatte, worum es ging, ließ er sich Kerner geben. Sam erzählte ihm vom Besuch Kommissar Kortes und dem, was sich in der Zwischenzeit im BKA ereignet hatte. Jeder im Raum konnte es fühlen. Kerner fiel ein riesiger Stein vom Herzen, als er hörte, dass Herzog auf dem Weg der Besserung war, und er selbst endlich rehabilitiert war. Jetzt war die Sache klar. In Kerners Gedanken erschien das Gesicht Marquarts, und in seinem Kopf dröhnte das höhnische Lachen, das der Kriminalrat am Morgen ausgestoßen hatte, als er plötzlich neben Ferruccio Vigiani stand. Er hatte also den Mord an Christa Berendt und ihrem Sohn befohlen, und er war ebenso verantwortlich für den Anschlag auf Herzogs Leben.
Kerner fragte sich in diesem Moment, wer die schlimmere Bestie sei, Ferruccio Vigiani oder Marquart, sein skrupelloser Handlanger. Er wusste es nicht. Eines aber stand fest: Er würde diese Männer jagen. Wenn es sein musste, bis ans Ende dieser Welt. Kerner wurde plötzlich wieder aus seinen Gedanken gerissen. Sam hatte gerade einen Namen erwähnt. Alfredo Ragusa. Kerner konnte es kaum fassen und ließ ihn den Namen noch einmal wiederholen. Kein Irrtum! Sam sprach von Rechtsanwalt Alfredo Ragusa aus Rom, dem Buchhalter der Vigianis. Europol hatte schon seit geraumer Zeit Beweise gegen diesen Mann in der Hand, die ihn der internationalen Geldwäsche überführen konnten. Mit einer Aktion gegen ihn hatte man bisher aber gewartet, um an die Hintermänner heranzukommen. Jetzt wurde er auf einmal zur zentralen Schlüsselfigur. Kerner erzählte seinem Freund von dem Treffen Ragusas mit Ferruccio Vigiani und auch alles, was er sonst herausgefunden hatte. »Weißt Du was das bedeutet? Ragusa ist unser Mann, Sam. An ihn müssen wir rankommen. Aber es gibt noch etwas, das wir wahrscheinlich ohne Dich nicht lösen können. Der Zugriff auf die zehn Milliarden Schweizer Franken, die jetzt auf einem Konto der Caymans liegen, muss blockiert werden. Die Bankverbindung habe ich in einem Notizbuch des Conte entdeckt. Verstehst Du, was ich sage?« Sam schluckte hörbar. »Natürlich verstehe ich, was Du sagst. Du sagst, ich soll mir nicht nur einen Strick kaufen, sondern ihn mir auch selbst um den Hals legen, und wenn ich ganz viel Glück habe, wackelt keiner am Stuhl. Ist das ungefähr das, was du meinst?«
Kerner musste trotz aller Anspannung lachen. »So in etwa, Sam, so in etwa. Nur kannst Du es viel schöner ausdrücken als ich.« Sam seufzte. »Na, was soll's. Die Todesstrafe ist ja bei uns Gott sei Dank abgeschafft. Also gib mir schon diese Bankverbindung.« Kerner drückte einen Schmatzer auf die Sprechmuschel, sodass Sams Ohr für einen Moment taub war, und er laut fluchte. Dann gab er ihm die Daten. Sam atmete tief durch. »Okay Marcus, ich mache mich sofort an die Arbeit, und wenn ich fertig bin, werde ich ein paar Tage Urlaub nehmen. Ich informiere Kommissar Korte noch kurz, und dann kannst Du mich heute Nachmittag in Bellagio erwarten. Vielleicht gibt es ja noch mehr, was ich anstellen kann. Wenn die Welt anschließend untergeht, ist wenigstens mein bester Freund bei mir.« Kerner schluckte. Das wird sie nur, wenn wir nichts gegen diese Leute unternehmen Sam. Wir sehen uns heute Nachmittag, alter Freund.«
Siegfried von Löwenberg hatte das Gespräch zwischen Kerner und Sam mit verfolgt. Jetzt grinste er breit. »Na,
Weitere Kostenlose Bücher