Jagdsaison. Roman.
Unterleib, ein Luststich, der ihre erste Menstruation nach der Geburt um zehn Tage vorzog.
»Oh, Natali, o mein Natali, Natali, du mein Herz!« Sie machte einen Satz auf seine Knie und begann, ihm den Hals zu küssen. Diesmal ließ Pirrotta sie nicht entwischen.
»Was sind das für Pillen?« fragte der Kommissar und stellte die Schachtel auf den Ladentisch des Apothekers.
»Wo haben Sie die gefunden?«
»Auf dem Nachtschrank des Marchese, auf dem Zubbie-Hof.«
Fofò La Matina sah hinein und zählte vier Pillen. »Die habe ich für den Marchese gedreht, die nahm er gegen Sodbrennen.«
»Wie viele waren es?«
»Zehn.«
»Sind Sie sicher, daß Ihnen kein Irrtum unterlaufen ist?«
»Was die Anzahl angeht?«
»Nein, das Präparat.«
Der Apotheker blickte streng. »Ich habe mich noch nie getäuscht. Und wenn Sie Zweifel haben, schicken Sie die Pillen doch irgendwo hin und lassen Sie sie analysieren.«
»Ich denke nicht im Traum daran!« schmetterte der Kommissar ihn ab und steckte die Schachtel ein.
(In Wirklichkeit hatte er daran gedacht und die Pillen nach Palermo geschickt; das Ergebnis einen Monat später war negativ: Es handelte sich um Natron und Auszüge von Verdauungskräutern.)
Die Totenwache verlief nach einem präzisen Ritual, das sich bei der Großzahl von Toten im Hause Peluso bewährt hatte.
Der Marchese war auf seinem Bett aufgebahrt und trug eine weiße Binde um den Kopf, die die Wunde verdeckte. Er sah aus, als träume er, und er mußte von etwas Schönem träumen, dem lächelnden Mund nach zu urteilen. Padre Macaluso hatte darauf bestanden, daß ihm ein Rosenkranz um die Hände gewunden wurde, aber auf unerklärliche Weise löste der sich mehrmals und fiel aufs Bett.
Die Frauen saßen ringsum an den Wänden und beteten. Die Männer traten zum letzten Gruß vor den Toten und verzogen sich dann in den Saal, wo sie redeten und rauchten.
Mimì und Peppinella machten von Zeit zu Zeit die Runde und reichten den Trauergästen Rosolio und Gebäck, um die Moral zu heben.
Ntontò hatte die ganze Zeit den Mund nicht aufgetan, ihre Augen waren trocken geblieben, aber ihr Blick war irrlichternd. Am Nachmittag erhob sie sich und verließ wortlos das Zimmer.
Die Zeit verstrich, und als Frau Colajanni sie nach einer guten halben Stunde noch immer nicht zurückkommen sah, machte sie sich nach einem Blick in die Runde der Frauen auf die Suche nach ihr. Im Saal bei den Männern war sie nicht. Sie ging in die Küche, wo Peppinella und Mimì neues Gebäck auf den Tabletts verteilten. »Seit über einer halben Stunde ist Ntontò spurlos verschwunden«, sagte sie.
Peppinella geriet sofort in Panik und stürzte in die Kammer der Marchesina: Da war sie nicht, und auch auf dem Klo war sie nicht. Die Nachricht von Ntontòs Verschwinden machte sofort die Runde unter den Trauergästen, und alle begannen, nach ihr zu suchen.
Eine schlimme Ahnung überkam den Baron, und laut sagte er: »Und wenn sie es ihrem Großvater gleichtun will?«
Die Männer verließen den Palazzo, die einen schwärmten durch den Ort, die anderen ergossen sich in die Straßen, die zum Meer führten.
Da von Ntontò weit und breit nichts zu sehen war, kehrten sie wieder in ihre Häuser zurück, denn schließlich war Essenszeit. Auch die Frauen bekreuzigten sich zum letzten Mal vor dem Toten, der Stunde um Stunde mehr zu lachen schien, und verabschiedeten sich von Mimì und Peppinella, die in Tränen aufgelöst zurückblieben. Nur der Apotheker und Padre Macaluso leisteten ihnen Gesellschaft; der Seelenhirt fluchte beim Beten, da er jetzt niemanden mehr hatte, der die Gegenstimme bildete, denn der Sakristan hatte den allgemeinen Aufbruch genutzt und die Flatter gemacht.
»Nur ruhig, wir finden sie schon«, sagte Fofò La Matina, als alle weg waren. Er bestimmte die einzelnen Suchbereiche und stieg selbst in den Speicher hinauf, Mimì nahm die Schlafzimmer gründlicher unter die Lupe, Peppinella sollte die Ställe, den Lagerraum und die Vorratskammer im Erdgeschoß absuchen. Nachdem Fofò einige alte Schränke und Truhen auf und wieder zugemacht hatte, hörte er Peppinella nach ihm rufen: »Kommen Sie runter in die Speisekammer! Hier ist sie!«
Der Apotheker rannte los. Seelenruhig stand Ntontò in dem Raum, die Röcke um die Mitte geknotet, die Unterhose heruntergelassen, und bepinselte ihren Hintern mit schwarzem Lack.
5
Keine zwei Tage waren seit dem Begräbnis vergangen, als Frau Colajanni anfing, Padre Macaluso
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