Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Osborn
Vom Netzwerk:
Äste geschlungen war.
    Er blickte wieder zur Insel.
    „Kannst du es nicht starten?“, fragte sie.
    Keine Antwort.
    „Martin?“
    „Halt die Schnauze!“ Seine kalten Augen bewegten sich hektisch. „Sie haben es als Falle hergebracht“, sagte er. „Mit Sicherheit.“
    „Aber du wolltest doch sowieso ans Ufer.“
    Er entschloss sich. „Hol das Tau ein.“
    Nancy wickelte mit tauben Fingern das Bootstau von den Ästen des Strauchs ab.
    „Und jetzt hau ab.“
    „Was?“
    „Ich hab’ gesagt, hau ab. Ich hab’s dir schon mal gesagt, du bist nur eine Last.“ Es war wieder dieser ruhige, vernünftige Tonfall.
    „Martin.“
    „Ich meine es ernst.“
    Er stand auf und holte mit einem der kurzen gedrungenen Ruder des Bootes aus.
    Sie konnte nicht glauben, was er tun wollte. Der erste Schlag traf sie an ihren ungeschützten Rippen und brannte wie Feuer in ihrem Rücken. Sie schrie, und das Ruder krachte erneut nieder, diesmal auf ihre Arme, dann wieder seitlich gegen ihren Kopf. Sie rutschte aus und fiel auf den Boden des Bootes, und Martin trat ihr ins Gesicht, und als sie sich wegrollen wollte, spürte sie, wie er sie mit den Händen packte und über den Bootsrand hievte. Sie spürte das dunkelgraue, eisige Wasser wie eine Erleichterung, und sie versank im üppigen Schlamm des Seegrundes. Wasser drang in ihre Lungen, ein großer Schluck Todesqualen, bis sie sich erinnerte, dass sie ertrinken würde, und anfing zu kämpfen, damit sie Boden unter die Füße bekam und endlich an die Luft gelangte.
    Benommen klammerte sie sich an den Strauch. Martin warf den Motor mit dem ersten Zug an der Schnur an. Er dröhnte; der Auspuff explodierte direkt vor ihrem Gesicht; die Propellerflügel wirbelten nur Inches von ihrer Brust entfernt, und das Wasser schlug vom Magen bis zum Hals gegen ihren Körper, mit schnellen, wütenden Hieben.
    Dann war Martin weg, fuhr auf das Ufer zu, mit voll aufgedrehtem Motor.
    „Martin!“
    Eine Welle rosafarbenen Wassers schlug über ihr Gesicht, und sie schmeckte darin ihr eigenes Blut. Sie starrte Martin nach, bis sie den Motor des anderen Bootes hörte.
    Es kam mit Ken, Greg und Art um das Ende der Insel herumgefahren. Es fuhr schnell, teilte das Wasser vor dem Bug und steuerte direkt auf die Festlandküste zu, im Abstand einer Viertelmeile parallel zu Martins Kurs und eine Viertelmeile hinter ihm.
    Nancy schwamm langsam einige Yards hinter den Strauch zurück. Sie spürte auf einmal das kalte Wasser wie einen Gummianzug an ihr kleben, ihr Magen hob sich, und sie hatte den Geschmack von Kotze im Mund. Keiner im Boot drehte sich um oder sah sie. Sie ließ den Strauch los und pflügte sich langsam vor zur Insel und zog sich mit ungeheurem Kraftaufwand an Land ins Dickicht.
    Einen Moment lang lag sie mit dem Gesicht nach unten in den trockenen, krausen Blättern, die sich in ihre Haut bohrten. Sie konnte sich nicht rühren. Sie hörte, wie Martins Motor ausging, und rollte sich auf die Seite, um etwas zu sehen. Er war sehr klein und weit weg und kletterte gerade aus dem Boot. Das zweite Boot steuerte auf einen Sandstrand zu, nicht allzu weit von ihm entfernt. Durch den Motorlärm hindurch war ein scharfer, explosionsartiger Knall zu hören. Greg hatte sich hingekauert und stützte sein Gewehr auf Arts Schulter. Worauf schoss er? Auf Martin? Natürlich, Martin.
    Mehrere Schüsse folgten. Wasser spritzte um Martins Füße hoch. Aber dann schloss sich der Wald um ihn, und Greg senkte das Gewehr.
    Angenommen, sie hätten Martin jetzt eben getötet, dachte sie. Ich hätte gesehen, wie ein Mann erschossen wird. Was man sonst im Film sieht, aber nie in Wirklichkeit. Einer hält ein Gewehr hoch, und ein anderer fällt hin. Und nachher stehen Leute ‘rum, die mit ausdruckslosen Gesichtern auf die Leiche starren. Oder sie tragen sie an Armen und Beinen weg, der Kopf hängt runter, schleift am Boden und stößt an Gegenstände.
    Er ist davongekommen, dachte sie.
    Sie begann zu kriechen, und als sie die verfaulten Überreste eines Baumstumpfs erreichte, zog sie sich daran hoch und stand da und versuchte, die Schmerzen, die sie überrollten, zu beurteilen, wie viel davon auf Martins Konto ging, die Rippen und das Gesicht, und was von dem dornigen Gebüsch kam, vom Wasser und vom Boot.
    Und der Schmerz der Angst.
    Jemand in ihrem Kopf, jemand mit einer eindringlichen, entsetzten Stimme, die sie nicht kannte, sagte: „Beweg dich. Bevor sie dich sehen.“
    Sie versuchte zu gehorchen. Ein Fuß schob sich

Weitere Kostenlose Bücher