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Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Osborn
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Klamotten ein durchnässtes Bündel, das noch immer daran gebunden war, und zog etwas Zwieback aus seiner Tasche. Er ging außer Sicht, lehnte sich an einen Baum und fühlte, wie die Müdigkeit ihn durchströmte, als die Spannung nachließ. Zwei erledigt, einer fehlte noch. Und der war das größte Stück Arbeit.
    Wolkowski hatte die Hütte verlassen, sobald er gesehen hatte, dass sie vom Steilufer abstiegen. Er hatte eine Vorahnung gehabt — nie würde er wissen, warum —, dass einer von den beiden in Panik geraten würde. Ken war nicht der Typ, der irgendetwas tun würde, bevor es sorgsam durchdacht worden war und solange es andere Leute gab, die er herumkommandieren konnte. Also würde es Art sein, und deshalb musste er zum Festland, bevor Art das Westufer der Insel erreichte und dort auf ihn stieß. Er war durch den Wald gelaufen und hatte sich sein Kanu geschnappt, wohl wissend, dass er damit ein enormes Risiko einging. Er konnte nur raten, wie lange Art brauchen würde, um vom Steilufer herunterzukommen. Der verletzte Arm würde ihn wohl behindern. Es lohnte sich, dieses Wagnis einzugehen. Je größer der Abstand zwischen den beiden Männern, wenn er den ersten tötete, desto geringer sein eigenes Risiko.
    Für die kurze Paddelfahrt wendete er die gleiche Energie auf, die man für einen Zehn-Meilen-Lauf benötigt. Als er das Ufer erreichte, zog er das Kanu sofort ins Dickicht, und mit einem weiteren, letzten Energieschub bahnte er sich seinen Weg fünfzig Yards bis zum Moor. Dort versteckte er das Kanu, so gut er konnte, und kehrte wieder zurück, um den See zu beobachten. Er hatte es gerade noch geschafft. Art war bereits am Ufer der Insel und machte sich bereit hinüberzuwaten. Er wartete und dachte, es würde leicht sein, Art abzuknallen, wenn er aus dem Wasser kam. Er könnte Art töten, ohne dass dieser überhaupt wusste, was ihn getroffen hatte.
    Aber die Sache hatte Nachteile. Es würde schwierig werden, die Leiche an diesem Abschnitt des Sees, wenn auch nur für kurze Zeit, zu verbergen, ohne vorbereitete Gewichte. Sie so nah am Ufer mit improvisierten Steingewichten unter Wasser zu halten, war gefährlich, weil diese womöglich weggeschwemmt werden würden und die Leiche davontreiben könnte. Und er wollte den Körper möglichst im Wasser verstecken. Wenn er ihn nämlich an Land zog und er stark blutete, hätte er eine Riesensauerei aufzuräumen. Darüber hinaus wäre er komplett für Ken sichtbar, falls dieser kommen sollte, um nachzusehen, wenn er den Schuss gehört hatte.
    Als er versuchte, dies alles abzuwägen, fiel ihm die Stelle im Bach ein, wo Martin gestorben war. Natürlich. Der ideale Ort. Art mitten im Wasser erschießen; der Körper würde in den Bach fallen, wo er ihn schnell und leicht außer Sicht bringen konnte. Er könnte seinen tödlichen Job erledigen, Arts Leiche verstecken und sich im Gebüsch in Deckung begeben, bevor ihn Ken jemals entdecken würde. Die Reinigungsarbeit, falls überhaupt nötig, könnte bis zur Dämmerung warten.
    Denn es stand für ihn außer Frage, dass Art Martins Spuren folgen würde. Er würde genauso denken wie Martin. Warum sich durchs Gebüsch quälen, wenn man am Strand entlanglaufen konnte? Das Moor verbot, sich geradewegs nach Westen zu wenden. Der Ochsenpfad, der naheliegendste Weg, begann gleich beim Bach. Wenn er Ken im Stich ließ, würde er vor Anbruch der Nacht so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Ken und seinen Verfolger bringen wollen. Er würde auf dem schnellsten Weg der Freiheit zustreben.
    Wolkowski beobachtete die Insel durch eine tunnelartige Öffnung im Gebüsch. Kein Lebenszeichen. Aber Ken könnte sich verstecken, wie er selbst, und warten. Sein Vorteil gegenüber Ken war, dass er es wissen würde, falls sich Ken dummerweise entschließen sollte herüberzukommen. Sollte er das tun, wäre er tot, bevor er das Ufer erreichte. Aber während er an diese Möglichkeit dachte, wusste er, dass Ken nicht so dumm war. Ken würde bleiben, wo er war, an den einen Schuss denken, den er gehört hatte, er würde sich seinen Reim darauf machen und sich zwingen, der unangenehmen Erkenntnis ins Auge zu blicken, dass Art tot war und er ihn weder mit einem Fingerschnalzen noch einem Vogelruf wieder lebendig machen konnte. Er würde schließlich begreifen, dass er allein und ohne Hilfe war.
    Das brachte wiederum Nachteile mit sich. Wenn Ken erkannte, dass er allein und nun der Nächste auf der Liste war, würde er gefährlicher werden als

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