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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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zwischen ihm und Frau Blüm eine enge Beziehung?«
    »Meines Wissens ja. Sie wohnten, wenn ich mich recht erinnere, sogar eine Zeit lang zusammen.« Wieder entdeckte Fabel eine Spur von Defensive in ihren Augen. Die Kunst des Vernehmungsbeamten besteht nicht nur darin, die Wahrheit und die Lügen der Worte zusammenzufügen, sondern auch darin, die Pausen, die Gesten, die Augenbewegungen zu interpretieren. Fabel spürte die Erregung, die sich einen kurzen Moment lang einstellte. Er überlegte, ob er die Frau zur Rede stellen sollte, beschloss jedoch, seine Gedanken zunächst für sich zu behalten.
    Der Rest des Gesprächs ergab nichts von Bedeutung. Fabel bedankte sich bei Erika Kessler, dass sie sich die Zeit für die Unterredung genommen hatte, und ihr Nicken lag zwischen Höflichkeit und Schroffheit. Sie führte Fabel und Werner zur Tür, und die drei durchquerten das mit Fliesen ausgelegte Atrium, in dem es ein paar erfrischende Grade kühler war als auf dem nach Süden blickenden Balkon.
    Fabel fiel es schwer, den Weg zurück in die Stadt zu finden, denn er scheiterte immer wieder an den Einbahnstraßen von Blankenese. Schließlich bog er mit dem BMW in die Eibchaussee ein. »Na, was meinst du?«
    »Sie verschweigt uns etwas. Ich vermute, dass Frau Blüm mit jemandem befreundet war und dass Frau Kessler versucht, ihn aus der Sache herauszuhalten.«
    »Ja, das glaube ich auch. Wie würdest du übrigens Hans Schreiber, unseren Ersten Bürgermeister, beschreiben?«
    Werner drehte sich mit einem verwunderten Stirnrunzeln zu Fabel hin, doch er konnte nur dessen Profil sehen. »Ich weiß nicht. Groß. Teuer gekleidet. Graublondes Haar. Offensichtlich trainiert. Breite Schultern. Warum?«
    Nun blickte Fabel seinen Kollegen an. »Und jetzt beschreib den Mann, den deine Zeugin gesehen hat, als er Angelika Blüms Wohngebäude betrat.«
     

 
    DRITTER TEIL
     
     
      Donnerstag, den 19. Juni, bis Sonntag, den 22. Juni
     

 
    Hamburger Rathaus,
    Donnerstag, den 19. Juni, 10.20 Uhr
      Kriminaldirektor van Heiden hatte fast so reagiert wie von Fabel erwartet. Fast, aber nicht ganz. Van Heiden war bestürzt über Fabels Enthüllung gewesen, dass der Erste Bürgermeister nun ein Verdächtiger in dieser Ermittlung war, die in den Medien so große Beachtung fand. Fabel hatte seinen Chef von der anderen Seite des riesigen Schreibtischs in van Heidens Büro im vierten Stock beobachtet. Zuerst war der Kriminaldirektor auf seinem Ledersessel erstarrt und hatte die Schreibtischplatte betrachtet, als wäre jede physische Bewegung unterbunden worden, um alle Energie in seine rasenden Denkprozesse umzulenken. Schließlich hatte er mit resignierter Miene aufgeblickt und Fabel gefragt, was sie als Nächstes tun sollten, als wäre dieser der Vorgesetzte und er selbst der Untergebene.
    »Ein Treffen mit ihm vereinbaren«, hatte Fabel geantwortet. »Wäre es jemand anderes, würde ich ihn hierher bringen lassen, aber mir ist klar, dass wir in diesem Fall, äh, mit Fingerspitzengefühl vorgehen müssen.«    
    Van Heiden hatte genickt. »Ich kümmere mich um den Termin. Wann wollen Sie mit ihm reden?«
    »Jemand, der Herrn Schreiber zumindest sehr ähnelt, ist am letzten Mordschauplatz gesehen worden, und Herr Schreiber hat eine ... Vorgeschichte, was das Opfer betrifft. Deshalb bin ich nicht geneigt, auf die nächste Lücke in seinem Kalender zu warten. Ich muss sofort mit ihm reden.«
    »Überlassen Sie das mir.«
    Van Heiden hatte im Rathaus angerufen und war offensichtlich auf bürokratische Hürden gestoßen. Die Drohungen, die van Heiden dem armen Beamten am anderen Ende der Leitung gegenüber aussprach, hatten durch seine ruhige, beherrschte und kalte Stimme noch an Glaubwürdigkeit gewonnen, und so hatte man ihn schließlich mit dem Ersten Bürgermeister verbunden. Das Gespräch war kurz und sachlich gewesen. Schreiber hatte sich bereit erklärt, die Polizeibeamten sofort in seinen Diensträumen zu empfangen. 
    Van Heiden hatte den Hörer niedergelegt, das Telefon gemustert und zu Fabel gesagt: »Es war fast so, als hätte er den Anruf erwartet. Er scheint geradezu erleichtert gewesen zu sein.«
    Das Hamburger Rathaus ist der Sitz des Senats und der Bürgerschaft und eines der beeindruckendsten Gebäude der Stadt. Der Haupteingang des Rathauses liegt unmittelbar unter dem Uhrturm, dessen Spitze den ausladenden Rathausplatz überragt.
    Als Fabel und van Heiden das Rathaus betraten, öffnete sich die mächtige Eingangshalle mit

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