Jan Fabel 01 - Blutadler
er einen heißen Braten auf einem Topfhandschuh. »Made in Ukraine«. »Waren es Ausländer? Haben Sie gehört, wie sie Russisch oder etwas Ähnliches sprachen?«
»Nein. Ich habe sie gehört, aber es waren keine Ausländer, sondern Deutsche. Der Ältere hat sich darüber aufgeregt, dass die Gegend zum Teufel gegangen ist. Als er jünger war, hat er seine Freundin anscheinend mit in die Schwimmhalle gebracht. Es waren bestimmt keine Iwans.«
»Was ist mit der Pistole? Woher haben Sie die?«
»Ich sah, wie der eine sie in eine Mülltonne warf. Als sie weg waren, hab ich die Knarre rausgeholt.«
»Sie sind ihnen gefolgt?«
»Nein. Sie haben die Pistole in den Abfalleimer in der Schwimmhalle geworfen.«
»Die beiden haben nicht versucht, sie zu verstecken?«
»Kaum. Dabei gibt's ein paar Meter weiter einen Kanal. Wahrscheinlich war's ihnen egal, ob sie gefunden wird oder nicht.«
»Oder vielleicht wollten sie, dass die Pistole gefunden wurde«, warf Yilmaz ein.
»Danach sieht's aus«, meinte Fabel zustimmend. »Deutsche Killer ... eine ukrainische Waffe. Womöglich wollten sie uns in die falsche Richtung lenken.« Er drehte sich wieder zu Hansi um. »Ich möchte, dass Sie mit zum Präsidium kommen und eine vollständige Aussage machen. Außerdem müssen Sie sich ein paar Fotos ansehen. Vielleicht können Sie die Mörder identifizieren.«
Hansi Kraus nickte. Er sah recht unzufrieden aus, doch seine resignierte Miene war die eines Mannes, der sich damit abfindet, dass im Leben vieles schief geht. Und in seinem Fall besonders.
Fabel legte eine Hand auf die Schulter von Hansis schäbigem Militärmantel. »Hören Sie zu, Herr Kraus, ich kann Sie nicht dazu zwingen. Genauso wenig wie Herr Yilmaz oder jemand anders.« Er warf dem zweiten Türken, der ihn gleichmütig anschaute, einen vielsagenden Blick zu. »Ihre Aussage ist nur dann nützlich, wenn sie ohne Zwang und aufrichtig gemacht wird.«
Kraus lachte bitter. »Eine herrliche Welt, in der Sie leben, Herr Hauptkommissar. Ich sage schon aus.«
Fabel führte Hansi hinaus zu seinem BMW. Yilmaz begleitete sie zur Tür. »Ich bin Ihnen für Ihre Hilfe dankbar, Herr Yilmaz«, sagte Fabel. Yilmaz lächelte breit und hob abschätzig die Schultern. »Aber ich hoffe, Sie wissen, dass Sie sich dadurch kein Recht auf Gegenleistung bei mir eingekauft haben. Ich schulde Ihnen Dank, aber ich werde niemals das Gesetz missachten oder mich selbst kompromittieren, um Ihnen zu helfen.«
»Das ist mir klar«, sagte Yilmaz lächelnd. »Ich erwarte keine Gegenleistung. So ist es eben, wenn man es mit einem ehrlichen Polizisten zu tun hat. Ich bitte Sie nur darum, meine Rolle bei Hansis Aussage herauszuhalten.«
»Das ist ein Kompromiss, auf den ich mich einlassen kann. Noch einmal vielen Dank. Auf Wiedersehen, Herr Yilmaz.«
Auf der Rückfahrt ins Präsidium öffnete Fabel das Fenster, um die Ausdünstungen von Hansis Mantel zu mildern. Im Präsidium gab er Hansi an Werner weiter, damit dieser in der Kantine eine Mahlzeit für den Gast bestellte. Kraus' Anblick überzeugte Fabel jedoch, dass sie ihn recht bald entlassen mussten, denn seine Augen zuckten hin und her wie die eines gejagten Tieres. Auch seine Bewegungen ließen eine nervöse Intensität erkennen. Fabel wusste, dass Hansi einen Schuss benötigte und dass sie nicht viel Zeit hatten, um Informationen aus ihm herauszuholen.
In seinem Büro räumte Fabel alle überflüssigen Papiere von seinem Schreibtisch, stapelte sie auf dem Fußboden und schob sein Keyboard und seine Maus zur Seite. Er holte einen großen Block aus der unteren Schublade seines Schreibtisches hervor und blätterte ihn durch, bis er eine leere Seite fand. Dann legte er den Block auf den Tisch, und spontan hatte er das Bild von Angelika Blüms Wohnung vor Augen. Er erinnerte sich an den Kaffeetisch, von dem alle Gegenstände fortgenommen worden waren, um einen ungehinderten Ideenfluss zu ermöglichen. Wiederum durchfuhr ihn ein stechendes Schuldbewusstsein, als er an die Frau dachte, der er nie begegnet war und die immer wieder versucht hatte, Kontakt zu ihm aufzunehmen.
Angelika Blüms Name war der erste, den er niederschrieb. Daneben brachte er den von Ursula Kastner zu Papier. Dann den von Tina Kramer. Er zog eine senkrechte Linie und teilte die Seite, sodass die Namen der drei Opfer in der einen Hälfte standen. In die andere schrieb er »Hans Klugmann« und »John MacSwain«. Eine weitere senkrechte Linie. Dann folgte der Name, den Mahmoot
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