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Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Titel: Jan Fabel 02 - Wolfsfährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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einem anderen. Er tanzt mit uns, und er hat die Führung. Hinter seinen Taten verbirgt sich ein System. Er ist gut organisiert und kreativ, und er hat sich all diese Dinge lange im Voraus ausgemalt. Mir scheint, dass wir uns dem Ende nähern. Er hat mit Paula Ehlers angefangen und dabei keine Spur hinterlassen, aber ihre Identität für seinen zweiten Mord drei Jahre später benutzt. Im Fall von Martha Schmidt, dem Mädchen in Blankenese, hat er uns nur die falsche Identität wissen lassen. Erst nach der Ermordung von Laura von Klosterstadt haben wir gemerkt, dass er Martha Schmidt ›unter‹ Laura gestellt hatte. Im Laufe der Zeit hat er uns immer mehr Informationen geliefert. Er möchte uns raten lassen, was er als Nächstes unternehmen wird, aber dazu braucht er Zeit. Deshalb versucht er, uns auf Fendrich zu lenken.«
    »Und wenn du dich irrst, Chef?« Werner stützte seine Ellbogen auf den Tisch. »Wenn Fendrich tatsächlich unser Mann ist und will, dass wir ihn aufhalten. Wenn er uns mitteilt, dass er der Mörder ist?«
    »Dann wird Anna die Wahrheit erfahren, wenn Hermann und sie ihn befragen.«
    »Ich würde es lieber allein machen, Chef«, sagte Anna. Henk Hermann schien weder überrascht noch verärgert zu sein.
    »Nein, Anna«, widersprach Fabel. »Fendrich ist immer noch ein Verdächtiger, und du darfst sein Haus nicht allein betreten.«
    »Kein Sorge, Frau Wolff«, spottete Henk. »Ich werde Ihnen die gesamte Gesprächsführung überlassen.«
    »Zunächst müssen wir die Botschaften analysieren, die uns der Kerl schickt«, fuhr Fabel fort. Irgendwo im Norden blitzte es hinter den Wolken. Es dauerte mehrere Sekunden, bis das Donnergrollen über sie hinwegzog. »Ich glaube, wir sollten ins Präsidium zurückkehren.«
    Als Fabel im Präsidium eintraf, erfuhr er, dass Kriminaldirektor Horst van Heiden ihn sprechen wolle. Damit war zu rechnen gewesen. Die Medien brachten nun Schlagzeilen und Leitartikel über den »Märchenmörder«, und Fabel wusste, dass Reporter und Fotografen die Presseabteilung übergingen und van Heiden direkt zusetzten. Ein Fernsehteam hatte dem Kriminaldirektor sogar aufgelauert und ihn beim Verlassen des Präsidiums zu einem Interview zu drängen versucht, was noch zehn Jahre zuvor undenkbar gewesen wäre. Das »angelsächsische Modell« schien auch in Deutschland immer stärker um sich zu greifen und die Tradition der Höflichkeit und des Respekts auszuschalten. Van Heiden war unzufrieden und benötigte jemanden, dem er die Schuld zuschieben konnte. Als Fabel das Büro des Kriminaldirektors betrat, machte er sich daher auf alles gefasst. Wie sich jedoch herausstellte, war van Heiden weniger wütend als auf eine gute Nachricht erpicht. Fabel erinnerte sich daran, wie er selbst Holger Brauner gerade angefleht hatte, ihm irgendeinen Hinweis zu liefern. Van Heiden war in seinem Büro nicht allein. Außer ihm saßen dort auch Innensenator Hugo Ganz und der Leitende Oberstaatsanwalt Heiner Goetz. Goetz stand auf und schüttelte Fabel mit einem herzlichen Lächeln die Hand. Fabel hatte oft mit dem Staatsanwalt die Klinge gekreuzt, hauptsächlich weil Goetz ein hartnäckiger und methodischer Beamter war, der sich auf keine Vereinfachung einließ. Trotz Fabels gelegentlicher Frustration hatten die beiden eine Menge fundierter Urteile erwirkt und dabei einen starken gegenseitigen Respekt und eine Art kollegialer Freundschaft entwickelt.
    Auch Ganz schüttelte Fabel die Hand, doch mit weitaus weniger Wärme. Aha, dachte Fabel, die Flitterwochen sind vorbei. Er vermutete, dass er während seines Besuchs bei Margarethe von Klosterstadt deren aristokratische Federn zerzaust und Ganz deshalb einen Anruf erhalten hatte. Er irrte sich nicht. »Herr Hauptkommissar«, begann der Innensenator, bevor van Heiden das Wort ergreifen konnte. »Wie mir mitgeteilt wurde, haben Sie es für nötig gehalten, Frau von Klosterstadt noch einmal zu befragen.«
    Fabel warf van Heiden einen fragenden Blick zu, doch dieser reagierte nicht.
    »Sicher ist Ihnen bewusst«, fuhr Ganz fort, »dass dies eine sehr bedrückende Zeit für die Familie von Klosterstadt ist.«
    »Es ist auch eine bedrückende Zeit für die Familien Schmidt und Ehlers. Dass ich die Angehörigen dieser Familien noch einmal befragt habe, finden Sie wohl nicht zu beanstanden?«
    Das wie gescheuert wirkende Gesicht von Ganz wurde noch rosiger. »Hören Sie, Herr Fabel, ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich seit längerer Zeit mit der Familie von

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