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Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Titel: Jan Fabel 02 - Wolfsfährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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wäre das schriftliche Wort für Paula geschaffen worden. Sie hätte solch einen wichtigen Schritt nicht unternommen, ohne etwas darüber zu Papier zu bringen. Sie hätte mir geschrieben.«
    Die drei verließen das Café gemeinsam. Hermann und Anna schüttelten Fendrich die Hand und machten sich in Richtung des Parkplatzes auf. Fendrich war zu Fuß zum Café gegangen, und die Schule lag in der entgegengesetzten Richtung. Doch er schien auf der Schwelle des Cafés zu zögern. Anna und Hermann hatten erst ein paar Meter zurückgelegt, als sie Fendrich rufen hörten: »Kriminalkommissarin Wolff!«
    Etwas an Fendrichs Körpersprache – als zaudere er nicht auf der Schwelle eines Cafés, sondern anderswo – verriet Anna,dass sie sich allein um die Sache kümmern musste. Sie reichte Hermann ihre Autoschlüssel. »Du hast doch nichts dagegen?«
    Hermann zuckte die Achseln und ging weiter in Richtung des VW .
    Fendrich kam Anna auf halbem Wege entgegen. »Kommissarin Wolff, darf ich Ihnen etwas mitteilen? Aber nur inoffiziell?«
    »Ich weiß nicht, ob ich das versprechen…«
    Fendrich schnitt ihr das Wort ab, als wolle er keinen Vorwand haben, sich ihr nicht anzuvertrauen. »Da war noch etwas. Damals habe ich der Polizei nichts davon gesagt, weil… es wahrscheinlich keinen guten Eindruck gemacht hätte.«
    Anna versuchte, die Ungeduld aus ihrer Miene zu verbannen, doch es gelang ihr nicht.
    »Nichts an meiner Beziehung zu Paula war unpassend. Das schwöre ich Ihnen. Aber kurz bevor Paula verschwand, habe ich ihr etwas geschenkt. Ein Buch. Das habe ich damals nicht erwähnt, weil ich wusste, dass dieser Kriminalbeamte – Klatt – es falsch interpretieren würde.«
    »Was war es?«, fragte Anna. »Was für ein Buch haben Sie Paula geschenkt?«
    »Ich wollte, dass sie die Grundlagen der deutschen literarischen Tradition kennen lernte. Deshalb habe ich ihr ein Exemplar der Kinder- und Hausmärchen gegeben. Von den Brüdern Grimm.«

36.
    Hamburg-Winterhude, Mittwoch, den 14. April, 15.30 Uhr
    Der Himmel war nun blauer, und Hamburg schien in eine weniger sterile Helligkeit getaucht zu sein, obwohl sich die Sonne hin und wieder in milchige Wolkenfetzen hüllte. In einer Medienstadt wie Hamburg musste Fabel immer vorsichtig sein, wenn er seine Fälle außerhalb des Präsidiums besprach, aber es gab zwei Orte, die er gern als Treffpunkte für sein Team benutzte. Der eine war der Schnellimbiss am Hafen, den ein mit Fabel befreundeter ehemaliger Polizist und friesischer Landsmann betrieb. Der zweite Treffpunkt war das Café gegenüber dem Winterhuder Fährhaus. Hinter der Brücke gelegen, hatte das Café einen Freiluftbereich, der sich am Alsterstreek dahinzog und einen Ausblick auf den Turm der Johanniskirche bot. Auf der anderen Seite des weiß gestrichenen Eisenzauns steckten zwei Schwäne den Schnabel gleichgültig ins Wasser. An dieser Stelle hatte ein früherer Cafébesucher ein paar Brotkrumen hineingeworfen. Die Ausstattung des Geländes bestand aus weißen Polypropylentischen und -stühlen im Schatten von Sonnenschirmen, auf denen Reklame für Zigaretten gemacht wurde. Das Café lag zwar in Reichweite des Präsidiums, aber weit genug entfernt, um einen Szenenwechsel zu ermöglichen.
    Sie waren insgesamt zu sechst, und Fabel zog zwei Stühle von einem leeren Tisch herüber, damit alle sitzen konnten. Anna und Maria waren an Fabels Besprechungen unter freiem Himmel gewöhnt. Doch während die beiden Mitglieder der Abteilung Sexualdelikte, Petra Maas und Hans Rödger, verblüfft über die Umgebung zu sein schienen, ließ der Ausdruck von Henk Hermanns Gesicht erkennen, dass er glaubte, in einen äußerst exklusiven und sehr geheimen Club aufgenommen worden zu sein.
    Der Kellner kam, um ihre Kaffeebestellung entgegenzunehmen. Er begrüßte Fabel mit Namen und plauderte kurz mit ihm über das Wetter. Natürlich ahnte er nicht, dass er es mit Mitgliedern der Mordkommission zu tun hatte, sondern er hielt sie wahrscheinlich für irgendwelche Geschäftsleute, die sich eine Pause von einem Seminar gönnten. Fabel wartete, bis sich der Kellner zurückgezogen hatte, bevor er sein Team ansprach.
    »Wir sind nicht auf der richtigen Spur. Ich weiß, dass ihr all eure Energie für diese Fahndung aufbringt, aber wir scheinen auf keinen grünen Zweig zu kommen. Wir haben drei Verdächtige: den Lehrer Fendrich, den Schriftsteller Weiss, der wohl eher nicht als Täter in Frage kommt, und unseren Hauptverdächtigen, Olsen. Aber keiner von

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