Jane Christo - Blanche - 01
körperlose Böse am anderen Ende der Leitung, das sie mit Haut und Haaren inhalieren wollte. Eine leise Stimme in ihrem Kopf warnte sie, dass ihre Erinnerungen nicht mehr sicher waren, genauso wenig wie die wenigen glücklichen Momente in ihrem Leben. Der Zoey-Dämon versuchte, sie zu unterwerfen, wollte in sie eindringen, um ihr alles zu nehmen, was sie ausmachte. Als Beliars Antlitz vor ihrem inneren Auge erschien, biss sie auf die Innenseite ihrer Wange, bis sie Blut schmeckte.
Den bekommt ihr nicht!
Sie bäumte sich auf und wehrte sich aus Leibeskräften.
Nehmt, was ihr wollt, aber diese Erinnerung gehört mir!
Zoeys Dämon brüllte und das Geräusch fühlte sich auf ihrer Haut wie tausend glühende Nadelstiche an. Der Schmerz half, sich aus seinem Blick zu befreien und den Kopf abzuwenden. Sie sah Zoeys Faust, die sich erhob, um ihren Schädel zu zerschmettern. Sie wollte die Augen nicht schließen, doch sie fielen praktisch von allein zu.
Endlich ist es vorbei, dachte sie und ergab sich dem Tod.
Nur blieb der finale Schlag aus.
Statt dessen drangen gedämpfte Schüsse aus dem Nebenraum zu ihr, die Tür flog auf und eine Frau in der Nähe stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus. Zoeys Gewicht verlagerte sich, dann fluchte er und verschwand.
Verdammt, nicht mal in Ruhe sterben konnte sie!
Vorsichtig drehte sie sich auf die Seite, als ein stechender Schmerz sie durchzuckte. Sie hatte sich mindestens zwei, vermutlich drei Rippen gebrochen, die ihr in die Lunge stachen. Da das Liegen auf der Seite zu schmerzhaft war, hievte sie sich stöhnend auf ein Knie und suchte die Umgebung nach Zoey ab. Der stand in der Mitte des Raums und hielt eine Frau, die ihr vage bekannt vorkam, am Hals in die Höhe.
Nella?
Bevor sie einen klaren Gedanken fassen konnte, bröckelte Putz von der mit Engeln verzierten Kuppel, die den Mittelpunkt des kunstvoll bemalten Kreuzgewölbes bildete. Immer größere Teile stürzten hinab und zersprangen krachend auf dem Marmorboden. Als eines der Trümmer Zoeys Schläfe traf, ließ er von Nella ab, die nach Luft schnappend auf dem Boden landete. Röchelnd kroch sie auf allen vieren zu Blanche, deren Blick von dem Regen aus Mörtel und Putz gefangen war.
Etwas, das wie der wütende Schrei eines Raubvogels klang, zerschnitt die Luft, dann explodierte die Kuppel in einer gewaltigen Detonation und eine Steinlawine begrub Zoey unter sich. Blanche spürte, wie Nella schutzsuchend hinter sie kroch, doch sie hatte nur Augen für den Vollmond jenseits des gesprengten Gewölbes, der den staubgeschwängerten Saal in ein gespenstisches Licht hüllte.
Und dann sah sie ihn. Einen Schatten, der ein riesiges Paar Flügel ausbreitete und durch das Loch hinabsprang. Sein weiter Ledermantel stand offen und flatterte wie eine schwarze Fahne hinter ihm her.
Wie merkwürdig. Sie dachte, sie hätte den Kampf überlebt. Doch als sich das vertraute Narbengesicht über sie beugte, wusste sie, dass sie gestorben und zur Hölle gefahren war. Ein warmes Glücksgefühl breitete sich wie ein flüssiger Sonnenstrahl in ihr aus.
Blanche lächelte, dann verlor sie das Bewusstsein.
14
F
lüstern. Ein Kuss. Sanfte Hände in ihrem Haar. Wieder ein Kuss.
Das war gut. Endlich war es gut.
Sie seufzte zufrieden und kuschelte sich enger an die Wärme, die sie umgab. Ihr Rücken lehnte gegen eine harte Brust, ihr Kopf war an eine Schulter geschmiegt. Ein Arm hielt sie fest umschlungen, ein anderer drückte und streichelte sie abwechselnd. Weiche Lippen lagen auf ihrem Ohr und flüsterten sanfte Koseworte.
Hmm. Das war schön.
Moment mal.
Versuchsweise wackelte sie mit den Zehen, als der Schmerz wie eine 1000-Volt-Ladung ihren Körper durchzuckte. Oh Mist! Das fühlte sich nach Knochenbrüchen, Quetschungen und jeder Menge Prellungen an. Vom Scheitel bis zum großen Zeh tat ihr alles weh. Aber zumindest wusste sie jetzt, dass sie nicht körperlos war. Und warum zum Teufel roch die Hölle nach Starbucks?
„Wach auf, Blanche.“
Nur einer sprach ihren Namen aus, als wäre er aus Schokolade. Anstatt die Augen zu öffnen, presste sie die Lider fest zusammen. Wenn das ein Traum war, wollte sie nicht aufwachen. Nur noch eine Minute. Sie vergrub die Nase in die nackte Schulter, fuhr mit den Lippen über raues Narbengewebe und sog den Kaffeegeruch ein.
„Blanche.“
Noch nicht aufwachen. Sie kniff die Augen fester zu, als der Körper hinter ihr leicht vibrierte. Lachte er etwa? He, das hier war ihr Traum und er sollte
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