Jane Christo - Blanche - 01
Regen unterging. Doch der Dämon hatte sie gehört und trat hinter sie.
Nella zog ein Handy aus der Parkatasche. „Enzo hat mir das für dich mitgegeben. Da ist seine Mobilnummer drin. Ruf ihn an, wenn du Hilfe brauchst. Er kann dir alles beschaffen. Waffen, Munition und genug Männer, um Zoey hochgehen zu lassen.“
Endlich mal ein brauchbares Angebot, aber sie würde es nicht annehmen. Blanche hatte nicht die geringste Lust, Enzo etwas zu schulden. „Ich arbeite allein.“
Nella warf ihre Lippen zu einem Schmollmund auf. „Komm schon! Du weißt genau, dass du es nicht allein mit einer ganzen Zelle aufnehmen kannst. Zoey hat mindestens achtzig oder neunzig Männer.“
Nach der letzten Zählung waren es ein halbes Dutzend weniger, denn Beliar und sie hatten über den Daumen gepeilt sechs von seinen Leuten im Lagerhaus erledigt. Dennoch wusste sie, dass Nella die Wahrheit sagte. Zugegeben, Wayne hatte vor zwanzig Jahren aus eigener Kraft zwei Zellen ausgelöscht, aber damals waren sie viel kleiner gewesen. Zudem hatten sie mit anderen Waffen gekämpft und mittlerweile waren sie neu strukturiert. Heute konnte via Handy innerhalb von Minuten Verstärkung herbeigerufen werden. Außerdem war Wayne von einem enormen Hass angetrieben worden, der ihn Dinge tun ließ, zu denen Blanche niemals fähig wäre. Sie war zu sehr Realist, sich vorzugaukeln, dass sie in Zoeys Hauptquartier spazieren konnte. Von dem sie nicht wusste, wo es sich befand. Dort im Alleingang achtzig Männer abzuknallen, um danach einfach durch die Vordertür wieder abzuziehen. Selbst bei einer akribischen Vorbereitung und vorausgesetzt, dass sie Zoeys Nest überhaupt finden würde, konnte der ausgefeilteste Plan unter dem Ansturm der Realität scheitern. Da war es gut, Ressourcen im Hintergrund zu wissen, auf die sie im Notfall zurückgreifen konnte. Vorsichtig ergriff sie das Mobiltelefon. „Wenn das Teil einen Peilsender hat und ich werde gleich wissen, ob das Ding verwanzt ist, trete ich Enzo in den Arsch, sag ihm das.“
Nella grinste. „Er hat gewusst, dass du das sagen würdest.“
Hat er das. Blanche legte den Kopf schräg. „Bist du ermächtigt, einen Deal einzugehen?“
Nella zögerte „Kommt drauf an.“
„Hier ist mein Angebot. Wenn ich weiß, wo sich Zoeys Quartier befindet, rufe ich Enzo dazu, um den Laden hochgehen zu lassen. Aber Zoey gehört mir. Wenn Enzo ihn vor mir finden sollte, wird er ihn nicht anrühren, bis ich ihn mir vorgeknöpft habe, ist das klar?“
„Das kann ich nicht entscheiden“, sagte Nella leise.
„Dann klär das ab und ruf mich an.“ Sie hielt das Handy hoch. „Ich hab ja jetzt ein Telefon. Allerdings bleibt es ausgeschaltet, also soll er mir eine Nachricht hinterlassen, okay?“
Nella nickte. „In Ordnung.“
8
D
as Handy war weder verwanzt noch hatte es einen Peilsender. Wie es aussah, war Enzo kein Idiot.
Im Hotel hatte sich Blanche eine halbe Stunde unter die brüllend heiße Dusche gestellt, um die Kälte zu vertreiben, die ihr während der Fahrt bis in die Knochen gedrungen war. Unterwegs hatte Beliar angeboten, sie zu wärmen, doch sie lehnte ab. Seine Nähe machte sie nervös, denn sie fühlte sich unnatürlich stark zu ihm hingezogen und vermutete, dass es sich dabei um einen Dämonentrick handelte. Sie hatte nichts dagegen, wenn er ab und zu von ihrem Zorn naschte, aber er sollte seine vernarbten Dämonengriffel bei sich behalten. Das Ganze wurde unnötigerweise dadurch verkompliziert, dass sie ihre Finger nicht von ihm lassen konnte. Sie wollte sich keine Blöße geben und sich zum Trottel machen, indem sie ihn befummelte, ohne es auch nur zu bemerken. Es schien ihr ganz natürlich, sich an ihn zu schmiegen, wie unlängst vor der Metrostation, als er sich hinter sie gestellt und ihren Rücken vor dem peitschenden Regen geschützt hatte. Erst nachdem er sie umfangen und sie ihre kalten Hände in seine gelegt hatte, war ihr aufgefallen, was sie tat. Ihre Reaktion beunruhigte und verwirrte sie.
Als sie mit rosigen Wangen das Bad verließ, wartete bereits ein Nachtmahl auf sie – war ja klar. Beliar hatte mal wieder an alles gedacht und der Gedanke an seine Fürsorge ärgerte sie einmal mehr. Warum bestellte er immerzu Essen für sie, das konnte sie schließlich selbst erledigen. Das Miststück in ihr wollte einen Streit provozieren, damit sie sich besser fühlte. Doch als sie den Mund öffnete, um etwas Gehässiges zu sagen, atmete der Dämon tief ein und nahm ihren Ärger in sich
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