Jane True 02 - Meeresblitzen
finden. Aber als die anderen eigetroffen waren, hatten wir noch immer nichts erreicht. Zuerst waren Camille und Julian angekommen und dann Daoud und Caleb. Aber auch alle zusammen hatten wir nichts finden können.
Das war der Moment gewesen, als Julian das mit den Schildern vorgeschlagen hatte. Die Kameras hatten keine Mikrofone, also war Sprechen keine Option. Wenn wir es nicht zu Silver schafften, dann mussten wir ihn dazu bringen, zu uns herauszukommen. Und ihm klarzumachen, dass wir nicht hier waren, um ihn zu töten, sondern ihm sogar helfen konnten, wäre sicher schon mal ein guter Anfang.
Also waren wir erfinderisch geworden. Silver hatte jede Menge Papier im Büro, und die Marker wurden aus den unendlichen Weiten der Dschinn-Unterhose gezaubert. Wir mussten dann nur noch dafür sorgen, dass die Botschaft auch leserlich war. Also hatte ich immer nur ein Wort pro Blatt geschrieben: »Verfolgen Conleth. Müssen ihn finden. Brauchen Hilfe. Werden Ihnen nichts tun.« Ich war auserkoren worden, die Schilder hochzuhalten, weil ich als Einzige von uns völlig harmlos aussah.
Als mein großer Auftritt gekommen war, fühlte ich mich wie ein Vollidiot, wie ich da so mit meinen Schildern stand. Ich hielt sie langsam nacheinander hoch und fing dann wieder von vorn an. Daoud unterstützte mich, indem er eine etwas schiefe Version des Dylan-Songs summte.
Ich hatte gerade mit dem vierten Durchgang begonnen, als wir ein zischendes Geräusch hörten. Ich ließ die Schilder sinken.
Ein großes Bücherregal schwenkte auf und gab den Blick frei auf einen älteren Mann mit stoppeligen Wangen und verstrubbeltem Haar in Pyjama und Bademantel. Er hielt eine Schrotflinte in seinen zitternden Händen. Keine gute Kombination. Ryu wurde nervös, aber ich hielt ihn mit einer Berührung am Ellenbogen zurück. Ich hatte das hier angefangen; Silver war auf meine Bitte hin herausgekommen. Also würde ich auch diejenige sein, die das jetzt zu Ende brachte.
»Es tut mir leid, dass wir hier so eindringen, Sir«, sagte ich und trat einen Schritt vor. »Mein Name ist Jane True. Wir sind auf der Suche nach Conleth. Wir wissen, welchen Schaden er bereits angerichtet hat, und solange wir ihn nicht haben, wird er weiter töten. Wir müssen ihn stoppen.«
Der alte Mann beäugte mich argwöhnisch. Er sah weitaus weniger gesund und wohlhabend aus als auf all den Fotos in der Eingangshalle.
»Ich wusste, er würde zurückkommen«, knurrte Silver schließlich. »Meine Familie ist untergetaucht. Wenn, dann soll er mich holen. Aber sie sind in Sicherheit.« Dann sah er mich stechend an. »Woher weiß ich, dass ihr nicht mit ihm zusammenarbeitet?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Das wissen Sie nicht. Aber wenn wir das täten, dann hätten wir Sie jetzt schon längst angegriffen.«
Er starrte mich weiter durchdringend an, und ich versuchte so klein und unschuldig wie möglich zu wirken.
»Abgesehen davon«, fügte ich hinzu, »würde Conleth überhaupt mit irgendjemandem zusammenarbeiten? Wie Sie wissen, wurde er sein ganzes Leben lang in einem Labor gefangen gehalten.« Für einen Moment verhärtete sich das Gesicht des Mannes. Ich verfluchte mich selbst, denn ich fürchtete, mit dem Hinweis auf Silvers Rolle in Conleths tragischem Leben einen Fehler gemacht zu haben. Hastig fuhr ich fort: »Wir arbeiten nicht für Conleth, aber wir wissen, was er den Leuten, die für Sie gearbeitet haben, und seiner eigenen Familie angetan hat. Wir müssen ihn finden.«
Silvers Blick lastete auf mir, als versuche er mir in die Seele zu blicken. Ich hoffte insgeheim, meine möge tadelloser sein, als es seine offenbar war.
»Für wen arbeitet ihr?«, hakte er argwöhnisch nach. »Wer seid ihr überhaupt?«
» Können Sie bitte das Gewehr weglegen?«, erwiderte ich. Das Zittern in Silvers Händen hatte nicht nachgelassen, und ich war nicht sicher, ob es irgendeine Form der Magie gab, mit der man einen Gewehrschuss aus nächster Nähe heilen konnte.
»Erst sagen Sie mir, für wen Sie arbeiten.«
Ich zeigte auf meinen Vampir. »Das ist Ryu. Er ist Ermittler und arbeitet für … ein paar sehr mächtige Leute, die wollen, dass Conleth gestoppt wird.« Ich schätzte, das würde
Silvers Frage beantworten, ohne weitere heraufzubeschwören. »Und die anderen hier arbeiten für Ryu.«
»Und Sie?«, wollte Silver wissen.
»Ich bin Ryus … Freundin.«
»Sie sind seine Freundin?«, fragte Silver mit einer Stimme, die ganz deutlich zum Ausdruck brachte, dass die
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