Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
Vom Netzwerk:
übernehmen für den Mann! Der reagiert ja nicht normal.« Auf Gunda Gellers Oberlippe bildeten sich empörte Schweißperlen. »Fast hätte er einen Radfahrer zu Boden gerissen. Er sieht überhaupt nicht, wo er hintritt. Als gäbe es nur ihn auf der Welt.«
    »Es war absolut richtig, Frau Isenstein anzurufen«, sagte Katinka und lächelte aufmunternd, obwohl sie der Frau am liebsten an die Kehle gegangen wäre. »Wann genau haben Sie Ewald Isenstein beobachtet?«
    »Kurz nach halb zwölf, würde ich sagen.«
    Katinka schrieb sich das auf. Kaum hielt sie das Notizheft auf den Knien, wurde Gunda Gellers Blick respektvoller. Charlottes und Gundas Zeitangaben stimmten nicht exakt überein. Das war üblich und nicht weiter tragisch. Flugs rechnete Katinka nach. Der Brief war also zwischen sieben Uhr dreißig, als Charlotte aus dem Haus gegangen war, und elf Uhr dreißig eingeworfen worden. Jemand hatte vier Stunden Zeit gehabt. Jemand, der wusste, wann Charlotte das Haus verließ und Ewald alleine war.
    »Ihre Aussage ist enorm wichtig«, sagte Katinka freundlich. »Haben Sie heute zwischen sieben Uhr dreißig und dem Zeitpunkt, zu dem Sie Ewald auf der Straße umherirren sahen, irgendjemanden beobachtet, der einen Brief unter der Haustür der Isensteins durchschob?«
    »Na, immer sitze ich nicht am Fenster und schaue auf die Straße, ob jemand Briefe zustellt!«
    »Sicher wäre es ein großer Zufall, wenn Sie jemanden gesehen hätten«, schmeichelte Katinka. »Aber sehr hilfreich.«
    Gunda Gellers empörte Miene lichtete sich ein wenig.
    »Tut mir leid. Ich kann nichts beisteuern. Nichts.«
    Katinka bedankte sich unterwürfig und klingelte bei Isensteins. Dr. Thompson war auf dem Sprung.
    »Sie schläft. Sie hat ihre Tochter angerufen. Das Mädchen schmeißt die Vorlesungen und kommt nach Hause. Charlotte braucht jemanden, der sich wenigstens ein oder zwei Tage um sie kümmert.« Liz Thompson zog die Haustür zu.
    »Wie geht es Ewald?«
    »Er steckt in einer Phase, in der ihn Gefühle von Weltuntergang martern. Er wird viele Kollegblöcke vollschreiben und anschließend wieder aus dem Jammertal auftauchen.«
     
    Um halb vier war Katinka zurück in ihrer Detektei. Sie schloss auf. Der schmutziggraue Vorhang im Nebenraum bauschte sich im Luftzug, als sie eintrat. Das Fax blinkte. Eine Mitteilung vom Bundesverband Deutscher Detektive lag im Kasten. Nicht ganz so, wie das Fax die Blätter normalerweise hineinspuckte. Eine Ecke ragte vorwitzig über den Rand des Ausgabekastens. Katinka hob den Kopf und schnupperte. Schnüffelnase, das war ein Schimpfwort für eine Detektivin, das sie nicht mochte. Doch manchmal war ihre Nase der verlässlichste Kompass. Sie ging ins Büro zurück. Sie hätte den Schreibtisch nicht aufräumen dürfen. Hätte jemand das Chaos von vorher durchwühlt, hätte er unter Garantie Spuren hinterlassen. Aber so lagen da nur die Stifte. Fein säuberlich einer neben dem anderen. Die Kappen alle auf gleicher Höhe.
    Katinka Palfy legte ihre Stifte niemals so akkurat nebeneinander ab.
    Sie nahm sich eine Cola aus dem Kühlschrank, trank, stellte sie weg und kletterte aus dem Fenster. Im Hinterhof sah sie sich um. Jemand konnte mit ein bisschen Glück und Kaltschnäuzigkeit ungesehen durch einen Laden oder einen Hausflur von der Straße in den Hof gelangen.
    Die Frage war nur, wer. Und warum.
    Katinka durchsuchte ihr Büro nach weiteren Anzeichen eines Einbruchs, aber ihr war schleierhaft, was Mr. X mit seinem Besuch beabsichtigt hatte. Gegen halb sechs beschloss sie, dass sie ohnehin nichts mehr tun konnte. Hardo hatte nicht zurückgerufen. Er steckte in der zermürbenden Detailarbeit fest, wie immer zu Beginn neuer Ermittlungen. Blieb für sie selbst nur eins zu tun.
    »Die Undercover-Nummer«, murmelte sie, während sie abschloss. Sie schwang sich auf den Sattel und radelte nach Hause.
     

10. Undercover
    Carla war keine Schwiegermutter, die dem Drang verfiel, sich im Haushalt nützlich zu machen. Sie spülte das Geschirr, das sie selber benutzte, und damit genug. Katinka nahm es dankbar zur Kenntnis, als sie nach Hause kam.
    »Ach, Katinka.« Carla blickte von ihrem Zeichenblock auf. »Tom ist nicht da. Er wollte zu einem Freund. Wegen eines Autos.«
    Katinka erinnerte sich dunkel, dass Florian Deinlein, Toms Schafkopfkumpel und ehemaliger Lover von Katinkas Schwester Melissa, auf der Suche nach einem neuen Wagen war.
    »Dann wird er eine Weile weg sein«, vermutete Katinka. »Männer nutzen solche

Weitere Kostenlose Bücher