Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Jasmin - Roman

Titel: Jasmin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
Vom Netzwerk:
Explosion zu übersetzen. Nubani murmelte zweifelnd, wenn der Sender durch eine Sprengladung zerstört worden
wäre, hätte er es gehört, weil er daneben wohne, und er sei zwar alt, aber nicht taub, doch da hatte Abu Nabil das Gespräch bereits abgebrochen.
    Er nahm die Kamera und ging mit Abu George los, die Heleni-Hamalka-Straße hinauf. Sie erreichten innerhalb weniger Minuten den Sender, der noch an seinem Platz stand, ein beeindruckender Bau, den die Kaiserin Taitu von Äthiopien neben der ehemaligen Eveline-de-Rothschild-Schule für jüdische Mädchen hatte errichten lassen. Sie begutachteten das schöne Steingebäude durch den Zaun, überprüften die Mauer und suchten den Asphalt unter ihren Füßen ab wie eine Frau, die einen Diamanten verloren hat. Es gab keine Anzeichen einer Zerstörung.
    »Bist du sicher, dass es hier ist?«, fragte Abu Nabil mit betretenem Gesicht. Abu George begann zu husten.
    »Wo ist das Gebäude, das eingestürzt ist? Was, ist es diesen Teufeln gelungen, es bereits zu reparieren?«, schäumte Abu Nabil, wischte sich den Mund ab und trat zum Torwächter.
    »Wir suchen die Stelle, wo hier eine Explosion war«, sagte er und zog seinen Presseausweis hervor.
    Der Wächter, der erriet, wer sie waren und wozu sie gekommen waren, antwortete gelassen auf Arabisch: »Ahlan wa sahlan, es braucht keine Ausweise. Da«, und er deutete auf zwei Steine im Zaun, die ganz leicht beschädigt waren.
    Sie standen wie versteinert, tauschten Blicke aus, sahen wieder und wieder die Steine und den Wächter an.
    »Du meine Güte, machst du dich lustig über uns?«
    »Nein, mein Bruder, hier ist der Zaun«, und er zeigte ihn ihnen von Anfang bis Ende. Abu Nabil warf auch einen Blick in den Innenhof des Gebäudes. »Tafaddalu, kommt herein, wir machen eine Besichtigung des Senders mit euch«, sagte der Wächter und führte sie in den großzügigen Innenhof, der mit behauenen Steinen gepflastert und mit Blumenbeeten gesäumt war, mit Palme, Zypresse und Eiche im Zentrum. Abu Nabil heftete seinen Blick auf eine schwarze langhaarige Katze unter der Zypresse, die
dreist zurückstarrte. Der Wächter lud sie zu einem Kaffee in der Cafeteria ein und sagte, er werde ihnen den politischen Kommentator von Kol Israel vorstellen, doch sie bedankten sich höflich bei ihm und beeilten sich wegzukommen.
    Den ganzen Weg über schwiegen sie, und ihr Schweigen dauerte auch an, als sie das al-Hurrije erreicht hatten und sich an einem Seitentisch im Schatten des Granatapfelbaums niederließen.
    »Und wir geben uns der Illusion hin, dass wir sie ins Meer werfen werden«, bemerkte Abu George schließlich.
    »Seit dem Krieg verzehrst du dich. Du brichst mir das Herz«, sagte Abu Nabil.
    »Es fällt mir schwer einzugestehen, dass Israel stark ist«, hieb Abu George auf den Tisch.
    »Wenn du sagst, dass Israel stark ist, ja’ani, heißt das, dass wir schwach sind, und welcher Araber würde das akzeptieren?«
    »Ich sage dir, wir leben in einer Lüge. Die Macht und das Geld und das Blut fließen in den Krieg statt in den Wiederaufbau der Gesellschaft.«
    »Was willst du denn? Die Juden haben unser Leben zerstört, unsere Welt erschüttert. Früher wusste jeder, wo sein Platz war. Es gab eine Herkunft, es gab Fellachen unten und Städter von hohem Stand, es gab Arme und Reiche. Früher hat man bei uns gesagt, wenn du einen Groschen hast, bist du einen Groschen wert. Und plötzlich wird heute jeder Fellache, der ein Gewehr in der Hand hält, ein Untergrundanführer, und einer mit Glatze ist das Gleiche wie einer mit Haaren«, klagte Abu Nabil. »Seit wann kämpfen die Söhne von Leuten, wie wir es sind? Ich werde noch wahnsinnig mit dieser Sache mit Nabil, ich schlafe nachts nicht mehr …«
    »Die Welt wandelt sich vor unseren Augen, wir haben die Autorität gegenüber den Söhnen verloren. Aber vielleicht ist es auch deswegen, weil wir ihnen weder einen Weg noch eine Richtung anbieten, nur Krieg. Was die Widerstandsbewegungen nicht
kaputtgeschlagen haben, hat die Besatzung vernichtet. Die Märkte sind offen, die Wirtschaft ist frei, Araber verdienen Geld bei Juden. Die Leute werden sich nicht mehr mit wenigem zufriedengeben, sie werden frei, begehrlich, konkurrieren«, sagte Abu George und bat um eine Wasserpfeife.
    »Hör auf zu rauchen, mein Bruder, du gießt Öl ins Feuer deines Hustens.«
    »Der große Schriftsteller Taha Hasein wollte, dass wir ein Teil des Westens werden, der ägyptische Herrscher Esma’il baute Oper und

Weitere Kostenlose Bücher