Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
ernsthaft, dass … ich weiß auch nicht.«
»Ich glaube überhaupt nichts, bin aber sicher, dass mein Verdacht stimmt. Ich frage mich nur, warum er uns das verschwiegen hat, und hatte gehofft, dass er dies wenigstens seiner Schwester gegenüber bei irgendeiner Gelegenheit erwähnt hätte.«
»Hat er nicht, aber mir fällt gerade auf, dass er ebenfalls nie darüber gesprochen hat, wo er eigentlich studiert hat. Jetzt aber mal im Ernst. Er wird schon einen Grund für seine Verschwiegenheit haben, wenn du überhaupt recht hast. Falls du befürchtest, dass er mit einer Al-Quaida-Zelle oder so etwas zu tun hat, solltest du ganz schnell zum Arzt und dich untersuchen lassen.«
»Die einzige Ärztin, von der ich mich untersuchen lasse, ist leider gerade außer Landes. Und nein, ich habe so etwas nicht gedacht.«
»Warum fragst du ihn nicht einfach?«
»Genau das habe ich vor. Ich melde mich, wenn ich unsere genauen Flugdaten habe. Schlaf gut, Kätzchen.«
»Luc, aber …«
Obwohl dafür später noch Ärger drohte, trennte er die Verbindung, ehe Jasmin zu einem Vortrag über Vertrauen, Freundschaft oder Sonstiges ansetzen konnte. Hamid war ein verdammt guter Freund und hatte mehr als einmal sein eigenes Leben für ihn riskiert, das wusste Luc. Trotzdem blieb da ein Rest Misstrauen, den er nicht so schnell abschütteln konnte. Er hatte damit gerechnet, dass sich Hamid nach ihrer Landung neugierig umsehen würde, stattdessen hatte sein Freund mit einer überraschenden Gleichgültigkeit reagiert und wie jemand gewirkt, der an einen Ort zurückkehrte, den er gut kannte und der keinerlei Überraschungen bereithielt.
Luc ging durch das Wohnzimmer in die offene Küche und nahm aus dem Kühlschrank drei Dosen. Was sagte es eigentlich über ihre Freundschaft aus, dass er keine Vorstellung hatte, ob Hamid lieber Cola oder Bier trank, er ihm aber jederzeit sein Leben anvertrauen würde?
Er schüttelte den Kopf, um Ordnung in seine Gedanken zu bringen, und wollte durch das Wohnzimmer auf die Veranda gehen. Leider hatte er die Rechnung ohne Elizabeth gemacht, die im Wohnzimmer arbeitete und nun ihr Notebook zur Seite schob, als sie ihn bemerkte.
»Eine Sekunde, Luc.«
»Was ist?« Er merkte selbst, dass er zu schroff klang und zwang sich zu einem Lächeln. »Bist du auf etwas gestoßen?«
»Nein, noch nicht, aber wir sind dicht dran. Gleich haben wir Zugriff auf seine Mails. Weißt du, wo Jay ist?«
»Draußen. Es gibt bei den Klippen einen Ort, an den er sich gern zurückzieht, wenn er nachdenken muss. Ich weiß nicht, ob Joss bei ihm ist. Wenn du zu ihm willst, einfach links am Wasser entlang. Du kannst ihn nicht verfehlen.«
»Ich gehe später zu ihm. Ich wollte noch etwas anderes von dir. Vermutlich hast du deine Beziehungen schon gewaltig strapaziert, und ich weiß, dass es für Hamid hier nicht ganz ungefährlich ist. Aber meinst du, es wäre möglich, dass ihr einen kurzen Besuch in Charleston einrichten könntet? Ich glaube, das würde ihm und der Familie des kleinen Mädchens viel bedeuten.«
Luc stellte die Dosen neben dem Notebook ab und beugte sich zu Elizabeth hinab. Erstaunt sah sie ihn an, aber er lächelte nur und küsste sie sanft auf die Wange. »Mein Bruder hat mit dir eine verdammt gute Wahl getroffen. Die Maschine meines Vaters landet morgen früh in San Diego. Übermorgen werden wir dann von Little Creek aus weiter nach Frankfurt und von da aus nach Kabul fliegen. Mehr als eine Nacht bei meinen Eltern ist dieses Mal nicht drin.«
Als sie ihn nur ratlos ansah, musste er schmunzeln. Sie verstand anscheinend wirklich nicht, warum er ihre Frage bemerkenswert fand. Dann musste er ihr das eben erklären. »Wie viele Menschen hätten unter diesen Umständen schon so uneigennützig und einfühlsam an andere gedacht? Willkommen in unserer Familie, Beth. Egal, wie es mit dir und Jay weitergeht. Bei Mom und Ana hast du schon einen bleibenden Eindruck hinterlassen und bei mir auch.«
Als ihre Wangen tiefrot anliefen, zwinkerte er ihr zu und nahm die Dosen. Hoffentlich verlief das nächste Gespräch ähnlich positiv. Immerhin wusste er nun hundertprozentig, dass Jay sich die richtige Frau ausgesucht hatte. Beth hatte viel mehr als gutes Aussehen und einen blitzschnellen Verstand zu bieten. Er würde es genießen, seinen Bruder über Monate, eher Jahre hinweg damit aufzuziehen, dass er seine Chefin zunächst gehasst hatte. Wenn Jay noch an Beth zweifelte, würde er ihm zur Not eben Vernunft einprügeln
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