Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
vernichtet werden kann, würde sich vielleicht die Lage in San Diego normalisieren, das ist aber auch alles. Scott ist sauer, weil er nicht als Afghane durchgeht. Er hasst die Vorstellung, dass ich alleine unterwegs bin. Und Jay gibt er nicht wirklich die Schuld. Er meinte nur, dass ich mich ohne Jays Probleme nie mit Joss getroffen hätte und es deshalb nicht zu diesem kleinen Sondereinsatz gekommen wäre. Aber er weiß selbst, dass das Schwachsinn ist. Sonst hätte Joss eben anders von meinem geplanten Urlaubstrip erfahren und die Chance genutzt. Und es hat auch nichts mit dir zu tun, sondern damit, dass der Job erledigt werden muss, und ich zufällig ideale Voraussetzungen mitbringe, um ihn zu erledigen. Ich hätte doch ablehnen können.«
Jasmin unterdrückte ein ironisches Schnauben. Ja, sicher doch. Keiner der DeGrasse-Brüder würde eine Aufforderung, die Welt zu retten, ablehnen. Nun gut, das war zwar übertrieben, aber das war das Verantwortungsgefühl der Brüder auch.
Zumindest wusste sie jetzt, dass es tatsächlich die Sache mit seinem Bruder war, die ihn so beschäftigt hatte, und konnte endlich die vertraute Umgebung genießen. Die Silhouette der Berge im Hintergrund, die staubige Straße, die nicht mehr als eine Piste war und die dürre Vegetation waren normalerweise nicht besonders attraktiv, aber für sie war es wie eine Rückkehr an einen lange vermissten Ort, dabei hatte sie Afghanistan erst vor einigen Wochen verlassen.
6
Gut zwei Stunden früher als geplant bremste Luc den Geländewagen, bis sie sich nur noch mit Schrittgeschwindigkeit vorwärts bewegten. Trotzdem hätte er die kaum sichtbare Abbiegung beinahe übersehen. In letzter Sekunde riss er das Lenkrad herum, und der Wagen änderte in einer Staubwolke die Richtung.
Jasmin umklammerte den Haltegriff fester. »Du fährst heute wie …«
Ein Mann mit einem Gewehr stand plötzlich auf der Fahrbahn. Mit einem Fluch brachte Luc den Mercedes zum Stehen. Deutlich schneller als Jasmin hatte er den Mann erkannt und sprang aus dem Wagen. Im Gegensatz zu ihr hatte er keine Sekunde mit dem Gedanken an ihre eigenen Waffen verschwendet. Rasch steckte sie ihre Pistole zurück ins Oberschenkelhalfter und hoffte, dass keiner der Männer ihre instinktive Reaktion bemerkt hatte.
So viel Glück hatte sie nicht. Als sie zu Luc und Kalil eilte, war ihr selbsternannter afghanischer Bruder gerade damit fertig, Lucs Fahrstil zu kommentieren. Jetzt war sie dran.
»Danke, dass du nicht gleich abgedrückt hast, Schwesterchen.«
»Bring mich nicht in Versuchung, es nachzuholen.«
Mit seinen ständig zerzausten Haaren, die etwas ins Rötliche gingen, den westlichen Gesichtszügen und dem verschmitzten Lächeln erinnerte er sie immer an einen unbeschwerten Teenager. Aber der Eindruck täuschte, er vollbrachte am Computer wahre Wunder und konnte auch mit Waffen verdammt gut umgehen. Statt sie weiter aufzuziehen, zog er sie in eine enge Umarmung.
Erst als Luc leise, aber deutlich knurrte, ließ er sie sichtlich zufrieden los. »Ich muss doch sichergehen, dass dein Mann auch auf dich aufpasst, Jasmin. Nur was das Fahren angeht, muss er noch üben.«
»Ihr habt die Einfahrt verlegt, also ist es nicht meine Schuld.«
Freimütig nickte Kalil. »Stimmt auch wieder. Sieh mal, da vorne, die Abbiegung ist nun noch leichter zu halten, wenn jemand sich uns in feindlicher Absicht nähert. Aber genug geredet. Für die Begrüßung im Dorf ist später noch Zeit. Fahrt gleich durch bis zum Hochplateau. Dort findet ihr auch Hamid.« Abschätzend betrachtete Kalil den Jeep. »Schaffst du es mit dem Wagen durch das Dorf und dann den Abhang hoch? Bei unseren können wir es gleich vergessen.«
»Wenn sich nichts Wesentliches geändert hat, müsste er es schaffen.«
»Dann wäre das mit dem Wagen geklärt. Fragt sich nur, ob der Fahrer es auch hinbekommt. Aber das werden wir nachher testen, beeilt euch.«
»Willst du nicht mitkommen?«
»Nein, ich bleibe hier. Solange wir Besuch haben, wird sich niemand unserem Dorf nähern.«
Luc verzichtete auf weitere Fragen, als er zum Geländewagen zurückging. »Ich möchte wissen, was er schon wieder verbockt hat, dass Hamid ihn hier unten als Wache postiert hat.«
Jasmin lachte leise und nickte. »Ich fürchte, du hast recht. Ich sag’s dir, sobald ich es herausgefunden habe. Wer mag dieser Besuch sein? Meint er uns?«
»Niemals.«
Lucs sofortiger Ablehnung stimmte sie nach kurzem Überlegen zu. Darauf hätte sie auch selbst
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