Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
stehen, sondern warte, bis sie sicher zu Hause angekommen ist.«
»An deiner Erziehung gibt’s nichts auszusetzen.«
»Ach, aber sonst gibt’s da schon was?«
Der neckische Tonfall erinnerte sie an Scott, und mittlerweile wusste sie, dass sie das Spielchen auch beherrschte. »Der Fahrstuhl braucht zwar elendig lange, aber nicht lange genug, um die Frage abschließend zu beantworten. Wenn du willst, können wir morgen einen zweistündigen Termin vereinbaren. Das müsste knapp reichen, um alles aufzuzählen, was ich an dir auszusetzen habe.«
Er stutzte und stemmte dann mit einem fiesen Grinsen seine Hände rechts und links von ihr an die Wand. »Bist du sicher, dass zwei Stunden reichen? Ich hätte da auch noch den einen oder anderen Punkt, über den wir reden sollten, Beth.«
Der schrille Ton, der die Ankunft des Fahrstuhls begleitete, rettete sie. Im Gegensatz zu Scott spielte Jay in einer anderen Liga. Die Versuchung war übermächtig gewesen, sich nach vorne zu beugen und herauszufinden, ob sein verführerischer Mund zu viel versprach. Vielleicht hätte sie doch im Krankenhaus bleiben sollen. Normal waren diese Überlegungen nicht.
Sie folgte Jay in den Fahrstuhl und vermied den Blick zur Rückwand der Kabine, die ab der Taillenhöhe verspiegelt war. Sonst hatte sie den Lift nie für sich alleine, heute natürlich schon, und ungebeten kamen ihr Erinnerungen an einen Film mit einer heißen Liebesszene im Fahrstuhl in den Sinn. Unwillkürlich stöhnte sie auf, was zur Folge hatte, dass Jay sofort nach ihrem Arm fasste. »Alles in Ordnung?«
Die Wahrheit konnte sie ihm kaum sagen, ebenso wenig, wie sie den Notstopp-Knopf drücken und sich auf ihn stürzen konnte. Was war nur mit ihr los? Sie mochte ihn zwar geringfügig lieber als noch vor einigen Tagen, aber das änderte nichts daran, dass eine Beziehung zwischen ihnen ähnlich wahrscheinlich war wie ein Lottogewinn. Und dennoch gab es jede Woche Menschen, über die ein Geldsegen hereinbrach.
»Ja, alles in bester Ordnung«, beantwortete sie schließlich Jays Frage mit gehöriger Verspätung.
Der Flur zu ihrem Apartment war so eintönig und schlecht beleuchtet, wie Elizabeth ihn in Erinnerung hatte.
»Nummer 6321. Ganz dahinten in der Ecke. Aber du brauchst wirklich nicht …«
»Den Punkt hatten wir doch schon.«
Seufzend folgte sie ihm. Sturheit würde ganz am Anfang ihrer Aufzählung seiner schlechten Eigenschaften stehen.
Unvermittelt blieb er stehen und hob warnend die linke Hand, während er mit der rechten seine Waffe zog. Instinktiv tastete sie nach ihrer eigenen Pistole, obwohl sie kein Anzeichen einer Gefahr erkannte.
Jay zeigte mit der Hand auf die Tür ihres Apartments, die einen Spalt offen stand. Innerlich fluchend entsicherte sie ihre Waffe. Er signalisierte ihr, dass er vorgehen und sie die Absicherung übernehmen sollte. Lautlos schlichen sie näher. Mit einem Fußtritt öffnete Jay die Wohnungstür und sprang ins Innere. Elizabeth folgte ihm und zielte rasch nacheinander in jede Ecke des Eingangsbereichs. Leer. Niemand erwartete sie. »Sicher!«
Als wenn sie nie etwas anderes getan hätten, arbeiteten sie sich durch die Küche, das Badezimmer und die beiden Zimmer, die sie zum Schlafen und Wohnen nutzte. Erst als sie sich davon überzeugt hatten, dass sich kein Einbrecher in der Wohnung aufhielt, sicherten sie die Pistolen und steckten sie zurück in die Holster.
»Verdammter Mist.« Elizabeth drehte sich einmal um die eigene Achse, aber an dem Ergebnis änderte sich nichts. Ihre Wohnung war komplett auseinandergenommen worden. Der Inhalt jedes Schranks und jeder Kommode war über den Boden verteilt. Ein absolutes Chaos. Im Schlafzimmer lag ihre schwarze Seidenunterwäsche gut sichtbar auf einigen Büchern.
»Die haben was gesucht. Hast du eine Ahnung, was?«
Obwohl er mit ihr sprach, hing sein Blick wie festgeklebt an ihrer Unterwäsche, und sie spürte, wie sich ihre Wangen röteten. Es ging ihn überhaupt nichts an, was sie unter der formellen Kleidung trug.
»Nein. Wenn sie auf Wertgegenstände aus waren, haben sie sich die falsche Wohnung ausgesucht. Wenn es bei dieser Sache um unsere Ermittlungen ging, würde ich tippen, dass sie auf mein Notebook, die USB-Sticks und so ein Zeug aus waren. Das Haus mag nicht das beste sein, aber dank der Videoüberwachung kommen Überfälle und Einbrüche praktisch nie vor.«
»Auch wenn es vertane Zeit ist, muss sich hier die Spurensicherung umsehen.«
»Und morgen spricht dann jeder
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