Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
Plastikausweis an einer Kordel. Sie versuchte, die Schrift zu entziffern, konnte aber nur das Emblem des Flughafens erkennen.
Ein elektrischer Golfwagen hielt neben ihnen. Der Fahrer grinste Jay an. »Taxi gefällig? Ich dachte mir doch, dass ich dich hier aufgabele.«
Jay breitete die Hände aus. »Verdammt, bin ich immer noch so berechenbar?«
Der Fahrer war bestimmt schon Mitte fünfzig, sprang jedoch mit einer Geschmeidigkeit vom Fahrersitz, die zu einem wesentlich jüngeren Mann gepasst hätte. Erst fasste er Jay kurz an den Schultern, dann schob er ihn ein Stück von sich. »Schön, dich gesund zu sehen, Jay. Ich habe mir allmählich ernsthafte Sorgen um dich gemacht.« Als Jay zu einer Antwort ansetzte, winkte er ab. »Ich weiß, ich weiß, du kannst auf dich aufpassen. Das sagt mir jeder von euch. So, und nun einsteigen. Die Motoren laufen schon. Wenn wir unser Startfenster verpassen, wird’s eng.« Trotz seiner Ermahnung musterte er Elizabeth. »Schön, dass Jay endlich ein Mädchen mit nach Hause bringt. Willkommen in der Familie, Elizabeth.«
Nur mit Mühe schaffte sie es, ihn nicht mit offenem Mund anzustarren.
»Übertreib es nicht, Raymond. Wenn du so weitermachst, läuft sie schreiend weg. Ich habe dir doch erklärt, dass wir in erster Linie zusammenarbeiten.«
»Erzähl das jemandem, der dich nicht kennt, seitdem du in die Windeln …«
Jay hob eine Hand. »Wie war das mit dem Startfenster?«
Er zog Elizabeth mit sich auf die Rückbank der Golfkarre. Und langsam gewann sie ihre Fassung wieder. »Schade, gerade wurde es interessant. Die Vorstellung von dir als Windelkind hat was. Ich würde gerne mehr darüber hören. Aber beginn am besten damit, dass du mir erklärst, was das alles zu bedeuten hat. Und dass eins klar ist: Ich bin nicht dein Mädchen!«
Ohne es zu wollen, war sie lauter geworden, und wieder einmal hatten sich die Prioritäten verschoben. Es hatte sie zu interessieren, was er in Bezug auf ihre Ermittlungen vorhatte, und nicht, was irgendwelche obskuren Bekannten von ihr dachten. Sie ignorierte standhaft, dass die Schultern ihres unbekannten Fahrers zuckten. Eigentlich hätte sie gespannt auf eine Antwort warten sollen, stattdessen genoss sie es, in dem offenen Wagen über den Flughafen zu flitzen. Es schien Gesetzmäßigkeiten zu geben, die sich ihr nicht auf den ersten Blick erschlossen, denn sie rasten gefährlich dicht an einer riesigen Boeing vorbei, nur um im nächsten Moment einen Gepäckkarren passieren zu lassen. Die Sonne schien, dazu der Geruch nach Kerosin und das Dröhnen der Turbinen. Es fehlte nicht viel, und sie hätte sich mit der Begeisterung eines kleinen Kindes umgesehen.
Erst mit gehöriger Verspätung drangen Jays Worte an ihr Ohr, und selbst dann brauchte sie einige Sekunden, um den Sinn zu begreifen. »Hast du gerade gesagt, dass wir nach Charleston zu deiner Familie fliegen?«
»Sieh mal da drüben. Das ist der neue Dreamliner. Ist der nicht gigantisch? Ein Wunder, dass der überhaupt abheben kann, so groß wie der ist.«
»Ich kann dir gerne die physikalischen Zusammenhänge von Strömung, Luftwiderstand und Geschwindigkeit erklären, aber erst will ich wissen, was das alles zu bedeuten hat.«
Ihr Fahrer lachte nun offen und drehte sich um. Er sagte kein Wort, aber der Blick, mit dem er Jay bedachte, war pure Schadenfreude.
»Sieh nach vorne.« Als Raymond der Aufforderung gefolgt war, kratzte sich Jay am Kopf und betrachtete ein kleines Sportflugzeug so interessiert, als ob er noch nie eins gesehen hätte. »Ich erkläre dir die Details gleich an Bord. Es ist einfach so, dass wir ohne gewisse technische Spielereien nicht an Joss Rawiz herankommen und wenn uns einer die Antworten von der DEA besorgen kann, dann er. Sein Apartment ist ähnlich gut geschützt wie meine Wohnung. Die Ausrüstung, die ich brauche, um reinzukommen, hätte ich in San Diego von unserem Arbeitgeber nie erhalten, also leihe ich sie mir in Charleston aus. Jetzt alles klar?«
»Stammst du aus einer Familie von Meisterdieben oder wie soll ich das verstehen?«
Sein Seufzen enthielt eine Spur Ungeduld. »Natürlich nicht. Aber mein Bruder Phil ist zufällig zu Hause, und der kennt sich mit dem Kram aus wie kein anderer.«
Der Golfkarren hielt vor einer Gulfstream V, die inmitten der Verkehrsflugzeuge beinahe wie ein Spielzeug wirkte. »Und was ist das jetzt?«
Jay zuckte mit den Schultern. »Das Flugzeug, das uns nach Charleston bringt. Raymond wird uns übrigens
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