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J.D.SALINGER Neun Erzählungen

Titel: J.D.SALINGER Neun Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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wehrte sich nicht und weinte auch nicht; sie ließ sich anders hinlegen, ohne sich richtig zu fügen.
    »Und jetzt schlaf«, sagte Eloise schwer atmend. »Mach die Augen zu . … Du hast gehört, was ich gesagt habe, mach sie zu .«
    Ramona machte die Augen zu.
    Eloise ging zum Lichtschalter und knipste ihn aus. Doch sie stand noch lange in der Tür. Dann stürmte sie im Dunkeln auf einmal zu dem Nachttischchen und stieß mit dem Knie gegen das Fußende des Betts, war aber viel zu entschlossen, um Schmerz zu empfinden. Sie nahm Ramonas Brille und drückte sie sich mit beiden Händen an die Wange. Tränen liefen ihr übers Gesicht, auf die Gläser. »Armer Onkel Wiggily«, sagte sie immer wieder. Schließlich legte sie die Brille aufs Nachttischchen zurück, die Gläser nach unten.
    Sie beugte sich vor, verlor dabei das Gleichgewicht und stopfte die Decken von Ramonas Bett fest. Ramona war wach. Sie weinte und hatte geweint. Eloise küsste sie nass auf den Mund, strich ihr die Haare aus den Augen und verließ dann das Zimmer.
    Sie ging, nun sehr stark schwankend, nach unten und weckte Mary Jane.
    » Wassis ? Wer? Hm ?«, sagte Mary Jane und setzte sich kerzengerade auf der Couch auf.
    »Mary Jane. Hör zu. Bitte«, sagte Eloise schluchzend. »Du erinnerst dich doch an unser erstes Studienjahr, da hatte ich das braun g elbe Kleid, das ich in Boise gekauft hatte, und Miriam Ball sagte zu mir, so ein Kleid trägt in New York niemand, und wie ich dann die ganze Nacht weinte? « E loise rüttelte Mary Jane am Arm. »Ich war doch ein nettes Mädchen«, flehte sie, »findest du nicht?«
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    KURZ VOR DEM KRIEG
    GEGEN DIE ESKIMOS
     
    Fünf Samstagvormittage hintereinander hatte Ginnie Mannox mit Selena Graff, einer Klassenkameradin an Miss Basehoars Schule, auf den East - Side - Plätzen Tennis gespielt. Ginnie hielt Selena offen für die größte Null der Schule, wo es von enormen Nullen angeblich nur so wimmelte, aber gleichzeitig war ihr noch niemand begegnet, der wie Selena neue Dosen Tennisbälle mitbrachte. Die stellte Selenas Vater her oder so was. (Einmal hatte Ginnie beim Abendessen zur Erbauung der gesamten Familie Mannox ein Bild von einem Abendessen bei den Graffs heraufbeschworen; dazu gehörte ein perfekter Diener, der bei jedem links herantrat, nur statt eines Glases Tomatensaft eine Dose Tennisbälle servierte.) Doch dass sie Selena nach dem Tennis immer bei ihr zu Hause absetzen musste und dann – aber auch jedes Mal – auf dem ganzen Taxipreis sitzen blieb, das ging Ginnie auf die Nerven. Schließlich war es Selenas Idee gewesen, von den Plätzen statt mit dem Bus mit dem Taxi nach Hause zu fahren. Am fünften Samstag jedoch, das Taxi war in der York Avenue gerade Richtung Norden losgefahren, sagte Ginnie plötzlich doch etwas.
    »Hey, Selena … «
    »Was?«, fragte Selena, die gerade mit der Hand auf dem Fußboden des Taxis herumtastete. »Ich finde meine Schlägerhülle nicht!«, jammerte sie.
    Trotz des warmen Maiwetters trugen beide Mädchen einen Mantel über den Shorts.
    »Die hast du in die Manteltasche gesteckt«, sagte Ginnie. »Hey, hör mal – «
    »O Gott! Du hast mir das Leben gerettet!«
    »Hör mal«, sagte Ginnie, die von Selenas Dankbarkeit nichts wissen wollte.
    »Was?«
    Ginnie beschloss, es ohne Umschweife auszusprechen. Das Taxi war schon fast in Selenas Straße. »Ich habe keine Lust, heute wieder auf dem ganzen Taxigeld sitzen zu bleiben«, sagte sie. »Schließlich bin ich kein Millionär.«
    Selena sah erst verblüfft, dann verletzt drein. »Zahle ich denn nicht immer die Hälfte?«, fragte sie unschuldig.
    »Nein«, sagte Ginnie kategorisch. »Du hast am ersten Samstag die Hälfte bezahlt. Ganz am Anfang des letzten Monats. Und seitdem kein einziges Mal mehr. Ich will ja nicht schäbig sein, aber ich lebe praktisch von vier - fünf zig die Woche. Und davon muss ich – «
    »Aber bringe ich denn nicht immer die Tennisbälle mit?«, fragte Selena unwirsch.
    Manchmal hätte Ginnie Selena am liebsten umgebracht. »Die macht doch dein Vater oder so was«, sagte sie. »Die kosten dich doch gar nichts. Ich muss für jeden kleinen – «
    » Schon gut, schon gut«, sagte Selena laut und mit einer Endgültigkeit, die ihr genügte, um wieder Oberwasser zu bekommen. Gelangweilt kramte sie in ihren Manteltaschen. »Ich hab nur fünfunddreißig Cent«, sagte sie kühl. »Reicht das?«
    »

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