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Je mehr ich dir gebe (German Edition)

Je mehr ich dir gebe (German Edition)

Titel: Je mehr ich dir gebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Dölling
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Drop , das Fenster steht offen, die Musik mischt sich mit Straßengeräuschen. Sie kommt gerade aus der Dusche, Turban auf dem Kopf, Handtuch um die Hüften. Sie spürt seinen Blick auf ihren Brüsten, es ist, als streichelte er sie schon, dabei sitzt er nur da, schon geduscht, und blinzelt sie an. Sie dreht ihm den Rücken zu, cremt ihre Arme ein, ihr Dekolleté, den Hals. Es duftet nach Sheabutter – just Shea .
    Sie hört, wie Jonas aufsteht, spürt seinen Atem im Nacken, seine Lippen, er tupft auf jeden Wirbel einen Kuss. Das Handtuch öffnet sich von allein und rutscht zu Boden. Er nimmt ihr die Sheabutter aus der Hand und cremt ihren Rücken ein, den Po …
    »Es tut mir so leid«, sagt Anne. »Das mit Jonas.« Zwei Spatzen fliegen weg. Einer bleibt sitzen, plustert sich auf und tschilpt. »Ich kannte ihn nur flüchtig …«
    Julia schaut Anne an, sieht, wie ihr Wörter aus dem Mund flattern. – Jetzt hört sie sie auch wieder: »… durch andere Leute. Und durch Kolja.« Wie Anne guckt, wenn sie Koljas Namen ausspricht!
    Das Mädchen mit der schneeweißen Haut bringt die Eiskaffees. Sie stellt das Tablett auf den kleinen Tisch zwischen ihnen. Julia setzt sich gerade hin. Der letzte Spatz fliegt schimpfend davon.
    »Ich weiß, dass du es nicht fassen kannst«, sagt Anne, nun beiläufig, als rede sie über das Wetter. »Denn der Tod ist nicht fassbar, aber auch nicht endgültig. Ich kann dir helfen, dir zeigen, wo Jonas ist.«
    »Bitte?«
    »Ich kann dir etwas von Jonas übermitteln, damit du weißt, er ist nicht weg.«
    Julia sticht in ihre Vanillekugel und taucht sie im Kaffee unter. Hat Anne das gerade wirklich gesagt, dass Jonas nicht weg sei? Kolja hat so was auch schon erwähnt, auf dem Tempelhofer Feld. Sie schaut auf, kann Annes festem Blick nicht standhalten.
    »Schaffst du das, weil du ein Medium bist?« Julia kann sich einen gewissen Spott im Ton nicht verkneifen.
    Anne reagiert nicht darauf.
    »Ja«, sagt sie. »Ich kann das, weil ich ein Medium bin. Oder eine Vermittlerin – wenn du so willst.«
    Die Eiskugel flutscht Julia vom Löffel und springt an die Oberfläche. Kaffee schwappt über den Glasrand, auf den Tisch.
    »Was genau kannst du denn?«
    »Botschaften vermitteln, von Verstorbenen an die Hinterbliebenen. Ich leite sie einfach nur weiter. Das ist alles.« Sie sagt das so, als wäre das so leicht wie Schlittenfahren.
    »Und wie machst du das?«
    »Ich habe besondere Fähigkeiten. Hatte ich schon als Kind. Da habe ich Visionen gehabt.«
    Julia wird unruhig, weiß nicht, wie sie auf dem Schlitten sitzen soll. »Visionen?«
    »Ja. Ich konnte schon als Kind Verstorbene sehen und mit ihnen Kontakt aufnehmen. Das mag sich für Uneingeweihte vielleicht komisch anhören …«
    »Allerdings!«, sagt Julia.
    »… aber ich habe nun mal eine besondere Gabe, eine gewisse Hellfühligkeit«, fährt Anne seelenruhig fort. »Ich bin gerade dabei, eine Ausbildung zur spirituellen Lebensberaterin zu machen.«
    »Aha«, sagt Julia und steckt den Strohhalm in den Mund. Das Eis ist schon geschmolzen und hat sich mit dem Kaffee vermischt. Julia nimmt einen Schluck, noch einen. Kalt und süß rinnt es ihr die Kehle hinab. »Wie alt bist du eigentlich?«
    »Ich bin neunzehn. Hab nach der Zehnten die Schule geschmissen, weil ich dort sowieso nicht das lernen kann, was für mich wichtig ist. Seitdem befasse ich mich nur noch mit Übersinnlichem und bin mit professionellen Medien zusammen.«
    »Professionelle Medien?«
    »Ja, man kann eine Diplomausbildung in spiritueller Medialiät in der Schweiz machen. Leider ist das sauteuer und dauert drei Jahre. Das kann ich mir nicht leisten. Deshalb besuche ich verschiedene Workshops. Im Herbst gehe ich für ein Jahr nach England und lass mich dort weiterbilden, die haben Superschulen da. Hier mache ich gerade ein Praktikum bei einem Medium .«
    »Bei wem denn?«
    »Bei einer eingeweihten Frau. Ich bereite die Teilnehmer auf die Sitzungen vor …«
    »Sitzungen?«
    » Séancen  – wenn du willst. Da treten wir mit den Verstorbenen direkt in Kontakt.«
    Julia beißt auf den Strohhalm, guckt Anne an. Sie sieht wie ein ganz normales Mädchen aus. Keine stechenden Augen – irgendwelche Antennen sind auch nicht auszumachen …
    »Ihr könnt wirklich Kontakt mit Verstorbenen aufnehmen?«
    »Klar. Deswegen darf ich mich auch schon Medium nennen.«
    Julia weiß nicht, was sie sagen soll. Sie hat eine Tante, die ganz viele Esoterik-Bücher besitzt. Tante Birgit lebt in

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