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Je sueßer das Leben

Je sueßer das Leben

Titel: Je sueßer das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darien Gee
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Sie will die beiden Tüten schon zumachen, als sie beschließt, sie doch ganz zu füllen. An diesem Tag wird vermutlich ohnehin niemand mehr kommen, und sie will die Sachen nicht in den Müll kippen.
    Sie reicht Hannah eine Tüte. »Hier ist etwas Schokoladiges zum Nachtisch«, erklärt sie ihr. »Wenn der Appetit wieder da ist.« Hannah will protestieren, aber Madeline bringt sie mit einer Geste zum Schweigen. »Das geht aufs Haus. Sie sind mein millionster Gast heute.« Die andere Tüte gibt sie Julia, die genauso erstaunt aussieht, sich aber offensichtlich freut. »Sie auch.«
    »Wir sind beide ihr millionster Gast?«, fragt Julia mit einem Lächeln, und Madeline ist bezaubert, wie schön die Frau ist.
    »Ja, komisch, nicht?« Madeline schüttelt den Kopf. »Was für ein Tag. Besser kann es eigentlich nicht werden.« Und das meint sie völlig ernst. Das ist einer der schönsten Tage, seit sie nach Avalon gezogen ist, die Gesellschaft der beiden Frauen hat ihre Stimmung merklich gebessert. Vielleicht wird ja tatsächlich etwas entstehen, wenn sie nur lange genug durchhält.
    Hannah schnieft und bringt ein knappes Lächeln zustande. »Das gilt für mich nicht. Für mich kann es nur aufwärtsgehen.«
    Julia kramt in ihrer Tasche, und Madeline bemüht sich, ihre Neugier zu zügeln. Sie hat einfach ein unfehlbares Gespür dafür, wenn etwas Interessantes passiert.
    »Ich weiß, dass Sie mich eigentlich nicht kennen«, sagt Julia zögernd. »Aber vielleicht haben Sie ja zufällig Lust auf das Freundschaftsbrot der Amish?«
    Allein die Frage kommt Julia albern vor. Aber als sie in ihrer Tasche herumkramt, um Platz für Madelines großzügiges Geschenk zu schaffen, fallen ihr die übrigen Gefrierbeutel in die Hände. Sie zieht sie heraus, und Hannah starrt mit verwirrtem Blick darauf. Vielleicht ist auch ein wenig Widerwille dabei.
    »Es ist kein Brot in dem Sinn, obwohl es so heißt«, erklärt Julia. »Das hier ist der Teigansatz. Man muss ihn zehn Tage bei Raumtemperatur gehen lassen, und dann kann man das tollste süße Brot damit machen. Meine Tochter und ich haben ihn letzte Woche bekommen und gestern gebacken. Einen Beutel habe ich behalten, damit wir nächste Woche frisches Brot backen können, aber ich weiß nicht, was ich mit dem Rest anfangen soll.« Sie holt mehrere kopierte Blätter aus ihrer Tasche. »Das ist die Anleitung dazu. Vielleicht finden Sie es ein bisschen albern, aber es hat wirklich Spaß gemacht. Das Brot schmeckt wunderbar.« Sie denkt daran, wie Mark sich freute, als er eine Scheibe probierte, und wie er Gracie umarmte, nachdem er die Karte gelesen hatte. Julia hatte sie von draußen beobachtet und hätte sich am liebsten zu ihnen gesellt, es in ihrer Hilflosigkeit aber bleiben lassen.
    Madeline streckt die Hand aus. »Ich hätte sehr gerne einen Beutel«, sagte sie. Sie nimmt ihn und drückt darauf. »Schön viele Bläschen. Sieht wie ein guter, vielversprechender Teigansatz aus.«
    Julia ist überrascht. »Kennen Sie das Freundschaftsbrot etwa schon?«
    Madeline nickt und bohrt einen Finger in den Beutel. »Warten Sie mal – den ersten Teig habe ich 1996 bekommen, wenn ich mich recht erinnere. Er lag in einer hübschen Porzellanschüssel, und ich habe jahrelang davon gebacken. Ich habe ihn ständig variiert, aber irgendwann fand ich niemanden mehr, der mir noch etwas von dem Teig abnehmen wollte. Meine Freunde und Nachbarn sind vor mir in Deckung gegangen, wenn sie mich nur um die Ecke biegen sahen.« Madeline grinst bei der Erinnerung.
    »Es ist ein Rezept der Amish?«, fragt Hannah, nimmt zögernd einen Beutel und liest die Anleitung. Verwundert starrt sie auf das Blatt. »Pudding aus der Tüte? Die Amish essen Pudding aus der Tüte?«
    Die Frauen sehen sich an und brechen in Lachen aus.
    »Ich habe nachgesehen«, gibt Julia zu. »Mir kam das auch komisch vor. Offenbar wurde die Sache 1990 von einer Gruppe Pfadfinderinnen in Buffalo in Gang gesetzt. Ich zweifle, dass die Amish etwas damit zu tun haben, aber man weiß ja nie.«
    »Kommt mir vor wie so ein Kettenbrief«, sagt Hannah. Sie sieht aus, als würde sie den Beutel Julia am liebsten zurückgeben.
    »Ich wollte es am Anfang auch nicht machen«, erklärt Julia. »Ich habe schon seit Jahren nicht mehr gebacken und hatte keine Lust auf die Arbeit. Aber es war wirklich lustig, jeden Tag den Beutel zu kneten und am sechsten Tag die anderen Zutaten dazuzutun. Als dann der zehnte Tag nahte, da hat sich die ganze Familie …«, einen Moment

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