Jede Dunkle Nacht Hat Ein Helles Ende
Womöglich erkennen Sie, dass Sie nichts dafür konnten und dass Sie keinerlei Schuld trifft. Das wird Ihr Gewissen erleichtern und Ihnen innere Ruhe schenken.
Eigene Schuld anerkennen
Vielleicht ist das Ergebnis aber anders, und Sie müssen sich eingestehen, dass Sie Fehler gemacht haben und dass diese schlimme Folgen für das Leben des anderen hatten. Eigene Mitverantwortung zu erkennen und einzugestehen ist schwer. Doch nur wenn Sie ehrlich zu sich selbst sind und Fehlverhalten und Versäumnisse Ihrerseits anerkennen, können Sie wieder frei und offen leben.
Der erste Schritt zur Wiedergutmachung und letztlich zur eigenen inneren Freiheit ist, schuldhaftes Verhalten zu erkennen und zuzugeben. Weisen Sie alle Schuld von sich, werden Sie hart und kalt, leben unter Zwängen, mit einer Lebenslüge und einer seelischen Belastung. Ein glückliches Leben ist so nicht möglich.
Bedenken Sie, dass niemand unfehlbar oder allwissend ist. Fehler gehören zum Menschsein wie das Atmen. Manche Entscheidungen müssen Sie treffen, auch wenn Sie deren Folgen nicht abschätzen können. Möglicherweise hat der Todesfall tatsächlich mit einer Entscheidung zu tun, die Sie getroffen haben. Sie werden die Situation in Gedanken immer wieder durchgehen, den Ablauf des Tages nachvollziehen, an dem der Tod eingetreten ist. Immer wieder werden Sie sich fragen: »Warum habe ich so und nicht anders entschieden?« Ihr Gewissen ist belastet, die Ruhe dahin.
Ob beziehungsweise welchen Anteil Sie am Hergang des Todesfalls haben, wird für Ihre Trauerarbeit eine große Rolle spielen. Zu der Trauer um den Verlust kann das Schuldgefühl wegen des eigenen Versagens treten. Dadurch wird die Situation noch unerträglicher.
Aber sie ist nicht aussichtslos!
Schuld und Suizid
Eine besondere Belastung für die Hinterbliebenen tritt mit einem Suizid ein. Mit dem absichtlich herbeigeführten Tod ist noch viel schwieriger umzugehen. Die Schuldfrage stellt sich hier ganz besonders, denn wer weiß, ob das Sterben unumgänglich war.
Eine Verzweiflungstat
Jedem Suizid liegt eine besondere Verzweiflung zugrunde. Der Betroffene sieht seine Situation als aussichtslos und hat keine Lebensfreude mehr. Oft ist ein langer Leidensweg vorausgegangen. Körperliche oder geistige Beeinträchtigungen, Erschöpfung oder chronische Schmerzen können einen Menschen so zermürben, dass er im Tod den einzigen Ausweg sieht. Auch Schuld, Scham, Konflikte und anderes kann Auslöser einer Verzweiflungstat sein.
Todsünde oder Selbstbestimmung
Heute ist die Selbsttötung nicht mehr so stigmatisiert wie früher, als so genannte Selbstmörder wegen ihrer Todsünde aus der Gesellschaft ausgegrenzt wurden. Sie bekamen keinen Platz auf dem Friedhof, sondern wurden außerhalb der Stadtmauern unwürdig auf dem Schindanger verscharrt. Heute ist ein Freitod vor allem verstörend für die Mitmenschen.
Wer das Leben nicht mehr erträgt, dem ist wohl oft nicht klar, wie sehr und wie nachhaltig seine Tat das Leben der anderen vergiftet und zerstört. Der Suizid beendet nicht nur ein Leben, sondern bricht viele andere. Eheleute, Kinder, Enkel und völlig Unbeteiligte, etwa Passanten oder Lokführer, werden katastrophal traumatisiert.
Die Tat als Vorwurf, der Tod als Rache
In manchen Fällen muss man die Verletzung und Belastung der Mitmenschen als beabsichtigte oder gebilligte Folge des Freitods sehen. Die Grenze zwischen Hass und Selbsthass, zwischen Aggression und Selbstaggression verschwimmt. Die in der Schockreaktion der anderen liegende Anteilnahme und ihr schlechtes Gewissen werden als Ersatz für vermisste Wertschätzung missbraucht. Der in der Tat liegende ungeheure Vorwurf soll das subjektiv Fehlende erzwingen und Kränkungen bestrafen. Alle Schuld am persönlichen Unglück wird anderen aufgebürdet. Die Erkenntnis dieses Unrechts kann zwar keinen Trost bieten, aber vielleicht etwas rationale Distanz herstellen und die Verarbeitung erleichtern.
Schuld ist relativ
Angehörige werden sich immer fragen, ob oder warum sie keine Warnsignale bemerkt haben und ob sie etwas hätten tun können, um den Suizid zu verhindern. Aber unter Menschen gibt es immer Versäumnisse und Verletzungen. Jeder hat schon mit Worten und Taten anderen wehgetan, und jeder wird von anderen verletzt. Das gehört zum Leben in der Gemeinschaft. Bei allen Bemühungen um Liebe und Menschenfreundlichkeit bleibt der stärkste Motor doch der Egoismus. Es bleibt eine lebenslange Aufgabe, das Gute zu tun und das
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