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Jenseits der Finsterbach-Brücke

Jenseits der Finsterbach-Brücke

Titel: Jenseits der Finsterbach-Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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sagte ich. »Vielleicht weiß ein Ritter nicht, was ein Lichtschalter ist? Schließlich kommt er aus einer Zeit, in der es nur Fackeln gab.«
    Joern murmelte etwas, das wie »Unsinn« klang, und stürzte an mir vorbei. Ich hörte seine Schritte die Treppe hinaufrennen und dann flutete elektrisches Licht den Treppenaufgang. Einen Moment musste ich die Augen zusammenkneifen und erkannte gar nichts. Dann sah ich Joerns Gestalt am Ende der Treppe stehen.
    »Der Ritter«, sagte Tom, »er ist weg! Das hat das Licht gemacht! Schade.«
    Joern sagte nichts. Er rüttelte an der Kellertür.
    »Sie ist abgeschlossen!«, rief er. »Von außen!«
    Wir versuchten es alle gemeinsam, doch die Tür ließ sich nicht öffnen.
    »Scheiße«, sagte Joern. »Unser Weißer Ritter. Er hat uns eingeschlossen.«
    »Versehentlich«, fügte ich hinzu.
    Doch Joern schüttelte den Kopf. »Da wäre ich mir nicht so sicher. Lasse, was ich dir vorhin sagen wollte: der Umschlag mit dem ersten Brief …«
    »Es war Ruß darin«, sagte Almut. »Ruß aus Joerns Schwarzer Stadt.«
    »Und?«, fragte ich. »Was bedeutet das?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Joern. »Ich weiß nur, dass wir schnell einen Weg aus diesem Keller finden müssen, um nachzusehen, was da oben geschieht. Womöglich hast du recht und der Ritter wollte uns gar nicht einschließen. Aber …« Er beendete den Satz nicht.
    »Wo sind die Kellerfenster, Lasse?«, fragte Almut.
    »An der Seite zum Hof«, sagte ich. »Sie sind so voll mit Spinnweben und Dreck, dass kein Licht durchfällt. Sie wurden nie gebraucht.«
    »Jetzt brauchen wir sie«, sagte Joern entschlossen.
    Ich führte die drei anderen zu den Räumen, die an der Hofseite des Kellers lagen. Die Fenster waren direkt unter der Kellerdecke eingelassen. Sie sahen nicht aus, als könnte man sie überhaupt öffnen. Wahrscheinlich waren die Beschläge seit Jahrzehnten festgerostet.
    Da hörten wir auf einmal Flop bellen und Joern drehte den Kopf hin und her und lauschte. »Kommt!«, sagte er schließlich. »Hier lang.« Er rannte los, an Regalen und Schränken vorbei, blieb endlich stehen und zeigte keuchend nach oben. Von dort kam das Bellen, laut und deutlich. Das Fenster stand halb offen. Durch die Öffnung ragte Flops Kopf mit den schwarzen Schlappohren. Als er uns sah, bellte er noch lauter.
    »Dahinauf!«, rief Joern. »Schnell!«
    »Es ist viel zu hoch«, sagte ich.
    »Stell dich hier an die Wand«, befahl Almut. »Wenn du Joern eine Räuberleiter machst, kann er auf deine Schultern steigen. Das ist die einzige Möglichkeit.«
    Ich stellte mich an die Wand und Joern, mein Freund, kletterte auf meine Schultern. Ich spürte seine Füße und sicher würde ich dort hinterher blaue Flecke haben, aber wie lächerlich wären sie gegen die blauen Flecke, die Joern aus der Schwarzen Stadt mitgebracht hatte!
    Flop hatte aufgehört zu bellen.
    »Ich … ich hab den Rand des … des Fensters«, hörte ich Joern keuchen.
    Das Gewicht auf meinen Schultern ließ nach und kurz darauf merkte ich, dass Joern über mir in der Luft hing. Er zog sich ganz hinauf, kauerte einen Moment in der Fensteröffnung und rang nach Luft.
    »Jetzt will ich!«, rief Tom, doch Almut sah ihn streng an und sagte: »Du kletterst da nicht hoch. Du bist sowieso zu klein, selbst ich bin zu klein, um das Fenster zu erreichen. Joern wird uns die Kellertür schön von außen aufmachen.«
    »Klar mach ich das«, sagte Joern. »Nur nicht sofort. Ihr müsst euch eine Weile gedulden. Denn zuerst werde ich zum Turm gehen und nachsehen, ob der Weiße Ritter wirklich mit Lasses Vater spricht.«
    »Nimm meinen Bogen!«, rief ich und reichte ihn nach oben, zusammen mit zwei Pfeilen.
    Joern lächelte. »Was soll ich denn damit?«, fragte er. »Ein bisschen auf die Stallwand schießen?«
    »Denk an die Feuerleiter!«, rief Almut. »Außen am Turm! Das geht schneller!«
    Da nickte Joern, winkte noch einmal und dann war die Fensteröffnung leer und Joern verschwunden.
    Wir setzten uns auf eine Kiste und begannen zu frieren und zu warten.
    »Und wenn er nicht wiederkommt?«, fragte Tom.
    »Sei still«, zischte Almut.
    Aber bei mir meldete sich wieder der Zweifel. »Vielleicht hat Tom recht«, flüsterte ich. »Vielleicht haben wir uns alle in Joern getäuscht. Was wissen wir schon über ihn? Nichts, gar nichts. Was, wenn er uns hier unten erfrieren lässt? Vielleicht …«
    Weiter kam ich nicht, denn in diesem Moment gab Almut mir eine schallende Ohrfeige.
    »Er kommt«, sagte

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