Jenseits Der Schatten
zumindest besser. Er berührte den nahtlosen Ohrring in seinem linken Ohr, der ihn an Vi Sovari kettete, die jetzt nur wenige Meilen entfernt war, auf dem Weg zu Forglins Pass. Warum ritt Vi zur Chantry? Kylar schob den Gedanken beiseite. Dieses Miststück war das Letzte, woran er denken wollte.
Plötzlich grinste er. »Ein kleines Maß an Intelligenz und Persönlichkeit, hm?«
Der Ka’kari beschimpfte ihn. Kylar lachte.
»Außerdem«, fügte Kylar leise hinzu, »habe ich mich verändert.«
»Ich glaube dir«, sagte ein Mann hinter ihm.
Blitzschnell zog Kylar sein Schwert. Er fuhr herum, und ließ die Klinge durch die Luft fahren. Der Mann war groß wie ein Held aus der Legende, seine Rüstung emaillierter weißer Panzer mit einer polierten Panzerhaube, die in einer Kaskade aus Stahl um seine Schultern fiel. Seinen Helm hatte er sich unter den Arm geklemmt, und sein Gesicht war hager, und seine blauen Augen leuchteten. Wenige Zoll von Logan Gyres Hals entfernt ließ Kylar die Klinge verharren.
Logan lächelte. Kylar stockte. Abrupt schob er sein Schwert in die Scheide und ließ sich auf ein Knie sinken. »Euer Majestät«, sagte er.
»Steh auf und umarme mich, du kleiner Scheißer.«
Kylar umarmte ihn und sah Logans Leibwächter, ein halbes Dutzend von Agons räudigen Hunden, angeführt von einer schönen Frau, die - ausgerechnet - ein leuchtendes Strumpf band am Arm trug. Sie alle starrten ihn argwöhnisch an. Kylar machte sich Vorwürfe, dass er nicht weniger als acht Leute so nah an sich hatte herankommen lassen, bevor er sie bemerkt hatte. Er ließ nach. Aber dann verzichtete Kylar auf weitere Selbstvorwürfe, während er die Umarmung seines Freundes spürte. Logans Monate im Loch hatten zu viele scharfe Kanten in seinem Gesicht und auf seinem Körper hinterlassen, als dass man ihn bereits wieder gutaussehend nennen konnte, und Kylar fand bestürzend, wie mager sein Freund war. Dennoch umgab Logan nach wie vor eine Aura gesammelter Stärke. Er hatte noch immer die gleichen breiten Schultern, die gleiche noble Haltung und die gleiche lächerliche Größe. »Du nennst mich klein?«, fragte Kylar. »Ich bin jetzt wahrscheinlich schwerer als du. Du bist der schmächtigste Riese, den ich je gesehen habe.«
Logan lachte und ließ ihn los. »Du siehst auch gut aus. Nur dass …« Er drehte Kylars bleichen neuen Arm. »Hast du beim Sonnenbaden einen Handschuh anbehalten?« Er machte eine geistesabwesende Handbewegung. Die Leibwache zog sich zurück.
»Ich habe mir den alten Arm abgeschlagen«, antwortete Kylar. »Musste mir einen neuen zulegen.«
Logan lachte leise. »Noch eine Geschichte, die du mir nicht erzählen wirst?«
»Wenn ich es täte, würdest du mir keinen Glauben schenken«, sagte Kylar.
»Stell mich auf die Probe.«
»Das habe ich gerade getan.«
»Was ist das nur mit dir und den Lügen?«, fragte Logan ungläubig, als sei Kylar ein Kind mit Zuckerguss und Krümeln auf dem Gesicht, das behauptete, niemals einen Kuchen gesehen zu haben.
Kylar wurde kalt. Als er wieder zu sprechen begann, war seine Stimme so harsch und distanziert wie die von Durzo Blint. »Du willst wissen, warum ich dich zehn Jahre lang belogen habe.«
»Du hast mir nachspioniert. Ich dachte, du wärst mein Freund.«
»Du verhätschelter kleiner Hurensohn. Als du dir Sorgen darum gemacht hast, dass die nackte Statue im Eingang deines Herrenhauses peinlich sein könnte, habe ich in der Gosse geschlafen - buchstäblich -, weil das die einzige Möglichkeit für eine Gildenratte ist, am Leben zu bleiben. Als du dir über Akne den Kopf zerbrochen hast, habe ich mir den Kopf über den Vergewaltiger zerbrochen, der meine Gilde leitete und mich töten wollte. Also ja, ich bin bei einem Blutjungen in die Lehre gegangen, um dem zu entkommen. Ja, ich habe dich belogen. Ja, wenn du jemals etwas Unrechtes getan hättest, hätte ich es den Sa’kagé berichtet. Es gefiel mir nicht, aber ich habe es getan. Aber lass dir eine Frage stellen, du selbstgerechter Bastard: Als du im Loch warst und es hieß: Töten oder getötet werden - was hast du da getan? Ich habe mein ganzes beschissenes Leben lang in einem Loch gelebt. Und sag du mir, wer die größere Verantwortung für das trägt, wozu Cenaria geworden ist: mein Vater, der zu schwach war, um ein Kind großzuziehen, oder deiner, der zu schwach war, um König zu werden?«
Alle Farbe wich aus Logans Gesicht. Zusammen mit seiner Hagerkeit ließ es sein Gesicht aussehen wie einen grauen
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