Jenseits der Sehnsucht (German Edition)
die Kerzen flackerten, das Holz im Kamin knisterte. Und für einen Moment war es ihr völlig egal, wer oder was er war. Wichtig war nur, dass er sie küssen würde. Und mehr.
Dass er mehr wollte, sah sie in seinen Augen. Ein Bild, wie sie eng umschlungen über den Boden rollten, schoss ihr durch den Kopf. Ein wildes, leidenschaftliches Getümmel zweier nackter Körper, fiebrig und ungestüm in ihrer Lust. So würde es mit ihm sein. Beim ersten Mal und immer. Reißende Flüsse, bebende Erde, explodierende Planeten. So würde das Liebesspiel mit ihm sein.
Und nach dem ersten Mal würde es kein Zurück mehr geben. Dessen war sie so sicher, wie sie sich noch nie über irgendetwas in ihrem Leben sicher gewesen war. Sollte es ein erstes Mal mit ihm geben, würde sie sich nach ihm verzehren, solange auch nur ein Funken Leben in ihr steckte.
Seine Lippen strichen flüchtig über ihre. Einen Kuss konnte man das kaum nennen, und doch sandte diese Berührung Schockwellen durch ihren ganzen Körper. In ihrem Kopf wurden sämtliche Alarmsirenen ausgelöst. Sie tat das, was jede vernünftige Frau getan hätte – sie rammte ihm ihre geballte Faust in den Magen.
Er ächzte vor Schmerz und Überraschung. Als er einknickte und nach vorne sackte, fast auf ihren Schoß gefallen wäre, rutschte Sunny hastig zur Seite und sprang auf. Sie war gewappnet für seinen nächsten Schritt.
»Du bist hier der Psychopath«, brachte er schließlich hervor, nachdem er pfeifend Luft geholt hatte. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie jemanden wie dich kennengelernt.«
»Danke.« Sie kaute wieder nervös an ihrer Lippe, hielt aber die Arme angespannt an den Seiten. »Das hattest du verdient, J. T.« Davon ließ sie sich auch nicht abbringen, als er ihr einen vernichtenden Blick sandte. »Du wolltest mich einschüchtern.«
Anfangs war das geplant gewesen, das musste er zugeben. Aber als er sich vorgelehnt und ihren Duft wahrgenommen hatte, die weiche Seide ihrer Lippen gefühlt hatte, hatte es nichts mehr mit Einschüchterung zu tun gehabt, sondern nur noch mit Verführung. Und zwar war er es, der verführt wurde. »Es wäre bestimmt nicht schwer, dich zu verabscheuen«, sagte er nach einem Augenblick des Schweigens.
»Schon möglich.« Da er sich besser hielt, als sie erwartet hatte, lächelte sie ihn sogar an. »Ich will dir etwas sagen: Da wir sozusagen zur selben Familie gehören … Da fällt mir ein: Ich glaube dir. Dass du Cals Bruder bist, meine ich.«
Endlich gelang es ihm, sich aufzurichten. »Vielen Dank.«
»Keine Ursache. Also, wie ich schon sagte, da wir praktisch eine Familie sind, warum schließen wir nicht Waffenstillstand? Wenn das Wetter so bleibt, sitzen wir hier für Tage fest.«
»Wer versucht jetzt, wen einzuschüchtern?«
Sie lachte und beschloss, sich freundlich zu geben. »Ich sage nur, wie es ist. Wenn wir uns hier weiterhin gegenseitig die Fäuste in den Leib rammen, sind wir hinterher nur voller blauer Flecke. Und das lohnt sich nun wirklich nicht.«
»Weißt du, ich hätte nichts gegen eine letzte Revanche einzuwenden.«
»Du bist wirklich eine harte Nuss, J. T.«
Da er nicht wusste, was eine solche Charakterisierung bedeutete, schwieg er lieber.
»Ich bin immer noch für einen Waffenstillstand, wenigstens bis es aufhört zu schneien. Ich schlage dich nicht mehr, und du versuchst nicht mehr, mich zu küssen. Abgemacht?«
Der Teil, dass sie ihn nicht mehr schlagen würde, sagte ihm zu. Und dass er nicht mehr versuchen würde, sie zu küssen, hatte er längst selbst für sich beschlossen. Er würde es tun. Und zwar immer dann, wenn er Lust dazu hatte. Also nickte er. »Abgemacht.«
»Na wunderbar. Wir werden diesen Waffenstillstand mit einem weiteren Bier und Popcorn feiern. In der Küche gibt es noch den alten Topf, den wir früher immer benutzt haben. Damit kann man Popcorn über dem offenen Feuer zubereiten.«
»Sunny.« Sie blieb im Türrahmen stehen, die Kerze in der Hand. Es ärgerte ihn, wie sehr das flackernde Licht ihr schmeichelte. »Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich dich mag.«
»Das ist schon in Ordnung.« Sie lächelte. »Ich weiß ja auch nicht, ob ich dich mag.«
5. K APITEL
Sunny hätte es wahrscheinlich rustikal genannt. Jacob würde es als primitiv bezeichnen. Aber Popcorn über dem offenen Feuer zu rösten, hatte etwas Beruhigendes und Friedliches an sich.
Der Duft ließ Jacob das Wasser im Mund zusammenlaufen, als die Körner zu platzen begannen und gegen den
Weitere Kostenlose Bücher