Jenseits der Sehnsucht (German Edition)
oder man lernt, ohne Essen auszukommen. Daher muss ich mich wohl mit dem Ersteren anfreunden. Ich bin nicht gerne arm.«
»Ich kann mir vorstellen, dass du alles schaffst, was du dir vornimmst. Wenn du es nur willst.«
»Mag sein.« Und genau das war ja ihr Problem. Sie wusste nicht, was sie wollte. Sie teilte die Karten aus und hatte ein vollkommen wertloses Blatt auf der Hand. Bluffen ist immer besser als aufgeben, beschloss sie und setzte ihre restlichen Kekse auf einmal.
Jacob gewann haushoch. »Hier.« Weil Gewinnen ihn immer in beste Laune versetzte, gab er sich großmütig. »Iss einen von meinen Keksen.«
»Danke.« Sie knabberte genüsslich. »Du scheinst heute wirklich eine Glückssträhne zu haben.«
»Scheint so.« Er fühlte sich waghalsig und draufgängerisch, und sie sah viel appetitlicher aus als die Kekse. »Wir könnten noch eine Hand spielen.«
»Um was?«
»Wenn ich gewinne, schläfst du mit mir.«
Perplex, aber fest entschlossen, ihre Pokermiene beizubehalten, schluckte sie erst einmal den Bissen hinunter. »Und wenn ich gewinne?«
»Dann schlafe ich mit dir.«
Sie schob sich den restlichen Keks in den Mund und musterte Jacob eindringlich, während sie kaute. Am liebsten wäre sie auf seinen Vorschlag eingegangen, nur um sein überraschtes Gesicht zu sehen. Aber dann wurde ihr klar, dass sie klein beigeben musste. Denn wie sie sich auch entschied, sie würde gewinnen. Und gleichzeitig verlieren.
»Ich denke, ich passe«, sagte sie leichthin. Damit stand sie auf, ging zum Sofa, streckte sich darauf aus und schlief innerhalb von Minuten ein.
6. K APITEL
Laute Musik riss Sunny aus dem Schlaf und ließ sie auffahren. Als dann auch noch grelles Licht sie blendete, stöhnte sie auf und schlug eiligst den Arm über die Augen.
»Wer hat diese Party organisiert?«, stieß sie entnervt aus, als Tina Turner sonor einen Rocksong schmetterte.
Jacob, der auf dem Teppich vor dem Feuer eingenickt war, zog sich nur die Decke über den Kopf. Wenn er schon schlief, dann wie ein Toter.
Fluchend rappelte Sunny sich von der Couch auf. Sie war auf halbem Weg zur Stereoanlage, bevor sie begriff, was die Musik zu bedeuten hatte.
»Strom!« Sie rannte zu Jacob hinüber und setzte sich auf ihn. Fröhlich hüpfte sie auf und ab, wobei er ein dumpfes Grunzen von sich gab. »J. T., wir haben wieder Strom. Licht, Musik, warmes Essen!« Als er nur noch einmal grunzte, stach sie ihm mit dem Finger in die Seite. »Werd endlich wach, du Schlafmütze. Weißt du nicht, dass man exekutiert wird, wenn man während des Wachdienstes einschläft?«
»Ich schlafe nicht, sondern bin vor Langeweile in eine apathische Starre gefallen.«
»Dann komm jetzt da raus, Kumpel. Wir sind wieder mit dem Rest der Welt verbunden.« Sie riss ihm die Decke vom Gesicht und grinste ihn an, als er sie mit einem bösen Blick bedachte. »Du musst dich dringend rasieren.« Und weil sie so begeistert war, versetzte sie ihm einen schmatzenden Kuss mitten zwischen die Augen. »Wie wärs mit einem Hamburger?«
Er warf einen verschlafenen Blick auf ihr Gesicht. Sie strahlte regelrecht vor Freude, ihr Haar stand wirr in alle Richtungen. Und zu seinem Unmut reagierte sein Körper auf dieses Bild. »Es kann nicht später als sechs Uhr morgens sein.«
»Na und? Ich sterbe vor Hunger.«
»Meinen bitte nicht ganz durchgebraten.« Er zog sich die Decke wieder über den Kopf.
»Kommt gar nicht in Frage, du wirst helfen.« Sie riss die Decke zurück. »Auf in den Kampf, Soldat!«
Dieses Mal öffnete er nur ein Auge. »In welchen Kampf?«
»Nur eine Redewendung, Hornblower.« Sunny schüttelte den Kopf. »Sag mal, wie lange hast du dich eigentlich in deinem Labor vergraben?«
»Offensichtlich nicht lange genug.« Oder viel zu lange, wenn es schon reichte, um ihn zu erregen, dass eine magere Frau auf seiner Brust saß. »Ich kann schlecht aufstehen, wenn du auf mir sitzt. Außerdem glaube ich, du hast mir ein paar Rippen gebrochen.«
»Unsinn. Ich habe Untergewicht.«
»Wärst du in meiner Position, würdest du nicht so denken.«
Viel zu gut gelaunt, um sich ärgern zu lassen, rappelte sie sich auf, griff nach seinem Arm und zog ihn auf die Füße. »Komm, du kannst die Pommes machen.«
»Kann ich?«
»Aber sicher.« Um ihm zu beweisen, dass sie ihm das zutraute, zog sie ihn an der Hand in die Küche. »Ist alles im Gefrierfach. Himmel, ist das kalt hier.« Sie rieb sich mit dem einen Fuß über den anderen. »Hier.« Sie warf ihm die Tüte mit
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