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Jenseits der Sehnsucht (German Edition)

Jenseits der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Jenseits der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Faulenzen und Natur, und Sunny würde komplett verrückt werden. Das hatte sie mittlerweile begriffen. Selbst die Liebe reichte nicht aus, um die Stunden der Stille zu füllen, die nur von dem gelegentlichen Ruf eines Vogels und dem monotonen Tropfen des schmelzenden Schnees unterbrochen wurde.
    Zur Abwechslung konnte sie natürlich auch dem Ächzen des Windes in den Bäumen lauschen. Und als ihr klar wurde, wie tief sie bereits gesunken war, hätte sie ihre sämtlichen weltlichen Besitztümer gegeben, nur um den dröhnenden Lärm des Berufsverkehrs in einer großen Stadt zu hören.
    Auch wenn man in den Wäldern geboren war, so dachte sie zähneknirschend, heißt das noch lange nicht, dass man auch hierbleiben muss.
    Jacob bot natürlich Abwechslung, eine aufregende Abwechslung zudem. Doch während die Tage vergingen, wurde immer klarer, dass er ebenfalls keineswegs der Typ war, der es genoss, in einer Blockhütte mitten im Nirgendwo eingeschneit zu sein. Auch wenn diese Erkenntnis sie erleichterte, so half sie ihr nicht gegen die Langeweile.
    Natürlich gelang es ihnen, sich zu beschäftigen. Sie diskutierten und stritten, sowohl im Bett als auch außerhalb. Bei zwei so energiegeladenen Persönlichkeiten mussten ja die Funken fliegen, wenn sie auf so engem Raum festsaßen.
    Sunny kompensierte den Mangel an geistiger Anregung, indem sie sich in eine Art Winterschlaf versetzte. Wenn sie schlief, konnte sie sich wenigstens nicht langweilen. Also gönnte sie sich zu den unmöglichsten Zeiten lange Nickerchen. Und wenn Jacob sicher war, dass sie fest schlief, schlüpfte er aus dem Haus. Er hatte Cals Flugrad in der Scheune gefunden und benutzte es, um zu seinem Schiff zu fliegen und die neu gesammelten Daten in den Bordcomputer einzugeben.
    Er sagte sich, dass er sie nicht täuschte, sondern lediglich die Aufgabe erledigte, derentwegen er hergekommen war. Wenn das schon Täuschung war, konnte er es auch nicht ändern. Was Sunny nicht wusste, konnte sie auch nicht verletzen. Davon war er so gut wie überzeugt. Zumindest für den Moment.
    Auch wenn er genauso rastlos war wie sie, so sammelte er bewusst Erinnerungen. Wie sie beim Aufwachen aussah, mit diesen verhangenen Augen und launisch wie ein kleines Kind. Wie sie lachte und die Sonne auf ihr Haar schien. Wie sie zusammen einen Schneemann unter einem Baum gebaut hatten. Wie sie sich anfühlte, wenn sie sich liebten, wenn die Leidenschaft ihren ganzen Körper zum Glühen brachte.
    Er würde diese Erinnerungen und Bilder brauchen, die Gesprächsfetzen, die Sprüche, die spöttischen Bemerkungen. Mit jedem Mal, da er zu seinem Schiff zurückkehrte, wurde es ihm klarer. Dann sagte er sich, dass er die notwendigen Vorbereitungen traf, um mit seinem Leben fortzufahren. Und das war es ja auch, was er tat.
    Sunny hatte eine Hand voll ausgewählter Universitäten angeschrieben. Aber das Wetter hatte bisher verhindert, dass sie die Briefe abschicken konnte. Sie las, verlor regelmäßig beim Poker gegen Jacob und hatte vor lauter Verzweiflung sogar ihren Zeichenblock hervorgeholt. Als sie es leid war, Bäume und Schnee vor der Hütte zu malen, verlegte sie sich auf Karikaturen.
    Jacob las unablässig, außerdem begann er, Notizen auf einem Spiralblock niederzuschreiben, den er in einer Schublade gefunden hatte. Als Sunny ihn fragte, ob er ein Experiment vorbereite, antwortete er nur mit einem unverständlichen Brummen. Als sie nicht locker ließ, zog er sie auf seinen Schoß und stellte Dinge mit ihr an, die sie alle Fragen vergessen ließen.
    Noch zwei Mal fiel der Strom aus, und sie liebten sich genauso häufig, wie sie sich stritten. Was recht oft geschah.
    Als Sunny sich beim Bettenmachen ertappte, einfach, weil es nichts anderes zu tun gab, stand für sie fest: Sie würden beide in der psychiatrischen Anstalt landen, wenn sie nicht bald etwas unternahmen.
    Sie ließ das Bett halb fertig zurück und rannte zum Treppenabsatz. »J. T.«
    »Was?«
    »Lass uns nach Portland fahren.«
    Jacobs volle Aufmerksamkeit war auf den Bau einer höchst diffizilen Konstruktion gerichtet – aus Spielkarten. Er entdeckte bereits einige deutliche Ähnlichkeiten seiner Konstruktion mit der Skyline von Omega II.
    »J. T.«
    »Ja.« Mit absolut ruhiger Hand fügte er eine weitere Karte hinzu.
    »Zu spät«, murmelte sie und setzte sich neben der Westseite der Stadt hin. »Ihn hats schon erwischt.«
    »Haben wir noch mehr von diesen Karten?«
    Sie sah zu dem rasch schwindenden Kartenstapel.

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