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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Kopf; sie sah nicht 502
    nur sich selbst und die Frau deutlich, sie sah sie beide im Flug, und die Welt rings um sie herum zerfiel und formierte sich neu wie ein Puzzle, das in seine Einzelteile verweht und als neues Puzzle wiedererschaffen wird.
    Sie kannte die Szene. Es war eben die Stelle, die sie verlassen hatte. Der Kaffee war noch auf dem Boden verstreut; die Sonne schien zum Fenster herein; Raul stand mitten im Zimmer und wartete auf ihre Rückkehr. Sie konnte seinem Gesichtsausdruck entnehmen, daß es ihr gelungen war, die Frau mit sich zu bringen. Aber erst als sie selbst hinsah, stellte sie fest, daß sie nicht nur die Frau mitgebracht hatte, sondern das Gesamtbild, einschließlich der Lix, die sie bedrängt hatten.
    Sie waren zwar von Kissoon getrennt, aber ihr unnatürliches Leben war hier nicht weniger emsig als in der Schleife. Die Frau warf sie auf den Boden, wo sie sich immer noch wanden und ihr nach Scheiße stinkendes Blut auf den Boden vergossen.
    Aber es waren nur Bruchstücke: Köpfe, Schwänze, Mittelteile.
    Und ihre heftigen Bewegungen wurden bereits schwächer. Sie machte sich nicht die Mühe, auf sie zu treten, sondern rief Raul zu sich, brachte die Frau mit seiner Hilfe ins Schlafzimmer und legte sie auf das Bett.
    Sie hatte hart gekämpft, und das sah man ihr auch an. Ihre Wunden waren wieder aufgebrochen. Aber sie schien nicht unbedingt Schmerzen zu haben, sondern wirkte nur völlig erschöpft.
    »Paß auf sie auf«, sagte Tesla zu Raul. »Ich hole Wasser, damit wir sie waschen können.«
    »Was ist passiert?« wollte er wissen.
    »Fast hätte ich deine Seele einem Pißkopf und Lügner verkauft«, sagte Tesla. »Aber sei unbesorgt. Ich habe sie gerade zurückbekommen.«
    503
    V

    Noch vor einer Woche hätte die Ankunft so vieler der
    berühmtesten Stars Hollywoods in Palomo Grove die
    Einwohner in Scharen auf die Straße gelockt, aber heute stand kaum ein Zeuge auf dem Gehweg, der sie sah. Die Limousinen fuhren unbemerkt den Hügel hinauf, die Passagiere fixten entweder oder richteten hinter getönten Scheiben ihr Make-up; die älteren fragten sich, wie lange es noch dauern würde, bis die Leute sich einfanden, um ihnen selbst scheinheiligen Tribut zu zollen, so wie jetzt Buddy Vance; die jüngeren gingen davon aus, daß ein Mittel gegen den Tod gefunden sein würde, bis ihre Sterblichkeit bedrohlich wurde. Die wenigsten der Versammlung hatten Buddy Vance wirklich gern gehabt. Viele hatten ihn beneidet; ein paar waren scharf auf ihn gewesen; fast alle hatten ihm gegönnt, daß er in Ungnade gefallen war. Doch Liebe fand sich in einer Gesellschaft wie dieser kaum einmal.
    Sie war ein Makel in der Rüstung, die abzulegen sie nicht riskieren konnten.
    Die Passagiere in den Limousinen bemerkten, daß keine Bewunderer anwesend waren. Obwohl die meisten gar keinen Wunsch verspürten, erkannt zu werden, kränkte es ihre emp-findlichen Egos, daß sie mit solcher Gleichgültigkeit begrüßt wurden. Sie drehten den Spieß jedoch ziemlich schnell um. In jedem Auto kam unweigerlich folgende Frage zur Sprache: warum der Verstorbene beschlossen hatte, sich in einem gottverlassenen Scheißloch wie Palomo Grove niederzulassen.
    Er hatte Geheimnisse gehabt, darum. Aber was für welche?
    Sein Alkoholproblem? Davon wußte jeder. Drogen? Wen
    kümmerte es? Frauen? Er war doch immer der erste gewesen, der mit seinem Schwanz und dessen Stehvermögen geprahlt hatte. Nein, er mußte ganz anderen Dreck am Stecken gehabt haben, der ihn in dieses Drecknest verschlagen hatte. Theorien flossen wie Säure, wenn die Trauernden über die
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    Möglichkeiten nachdachten, ihre Mißgunst zurückstellten, um aus den Autos auszusteigen und der Witwe auf der Schwelle von Coney Eye ihr Beileid auszusprechen, und dann rasch beiseite traten und das Thema erneut aufgriffen.
    Buddys Sammlung von Jahrmarktsattraktionen wurde größte Aufmerksamkeit zuteil, und sie spaltete das Lager in zwei Hälften. Viele betrachteten sie als perfekte Verkörperung des Verstorbenen: vulgär, opportunistisch und jetzt, aus dem Zusammenhang gerissen, wertlos. Andere verkündeten, sie wäre eine Revolution, eine Seite des Verstorbenen, von der sie bislang überhaupt nichts gewußt hatten. Der eine oder andere ging zu Rochelle und fragte, ob bestimmte Stücke zu verkaufen waren. Sie sagte ihnen, bis jetzt wüßte noch niemand, wem sie testamentarisch vermacht worden waren, aber wenn sie sie bekam, würde sie sie mit Freuden verkaufen.
    Showmaster

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