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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Tatkraft und Willen aufbrachten, Schafe tatsächlich »Weißes Gold« waren.
    Energischen Schrittes ging sie die Koppel ab. Es roch ungewöhnlich streng, wahrscheinlich waren die Weibchen bald in Brunst. Sie hatte gelernt, die Zeichen zu deuten, die dieses anzeigten: häufiges Blöken, Urinieren und stets Wedeln mit dem Schwanz. Ihre Scham rötete sich und schwoll an, und sie suchten die Nähe des Bocks. Der wiederum kostete begierig den Harn, blies beim sogenannten Flämen Luft durch die Nase und zog seine Oberlippe hoch. In Emilias Augen dauerte diese Vorbereitung lächerlich lange im Vergleich zum jämmerlich anmutenden Deckakt, der nach höchstens zehn Sekunden schon wieder vorbei war. Danach begann für sie eine Zeit des Hoffens und Bangens, denn erst im vierten oder fünften Monat deuteten schwellende Euter und ein wachsender Bauch darauf hin, ob das Schaf tatsächlich lammen würde.
    Wenn die Geburt nahte, schlief sie manchmal im Schafstall … so wie damals mit Arthur … wobei sie, genau genommen, damals nicht geschlafen, sondern sich geliebt hatten …
    Wie immer, wenn sie daran dachte, überfiel sie die Sehnsucht nach ihm, doch sie gab ihr nicht nach, schüttelte stattdessen den Kopf und ging rasch weiter. Warum sollte sie sich auch nach ihm sehnen?, sagte sie sich. Schließlich hatten sie sich im letzten Jahr vier Mal gesehen und ihre Begierde aufeinander gestillt – das musste doch genügen. Zwei Mal war er hierhergekommen, als er Zwischenstation in Punta Arenas machte, zwei Mal war sie selbst dort hingereist – wobei der eigentliche Grund der Reise, wie sie betonte, nicht er, sondern die Schafe waren. Dass sie sich in einer Herberge getroffen hatten, hatte sie lediglich als angenehmen Zufall bezeichnet. Jedes Mal, wenn sie diese Herberge betreten hatte, hatte sie Angst gehabt, dass sie sie an die verlorene Casa Emilia erinnern würde, doch sobald sie Arthur umarmte und küsste und zum Bett zog, zählte nicht mehr, wo sie sich befand. In einer eigenen, kleinen Welt schienen sie dann zu leben, in der weder geredet noch gedacht wurde, sondern einzig ihre Körper miteinander sprachen.
    Mehrere Wochen zehrte sie von diesen Begegnungen; alles schien ihr dann leichter von der Hand zu gehen – doch wenn zu viel Zeit vergangen war, boten die Erinnerungen keine Labsal mehr, sondern dann bereitete die Sehnsucht fast körperlichen Schmerz. Sie unterdrückte ihn mit aller Macht, sagte sich, dass kein Schmerz an den heranreichen konnte, als sie einst die Heimat und Manuel verlassen hatte, und nutzte ein bewährtes Mittel, sich von Arthur abzulenken – die Arbeit. Sie verbrachte so viel Zeit wie möglich in den Ställen und auf den Koppeln, schleppte Wasser und schlug Holz, sägte und hämmerte, wühlte mit bloßen Händen oder grub mit Schaufeln in der Erde. Danach war der Schmerz immer noch groß, aber sie konnte sich sagen, dass er von der Schufterei, nicht von der Sehnsucht nach Arthur rührte. Wenn es draußen nichts mehr zu tun gab, stürzte sie sich mit ganzer Leidenschaft aufs Kochen.
    Zunächst hatte es auf der Schaffarm zu wenig Zutaten gegeben, um ihren Ehrgeiz anzuspornen, doch dank Maril hatte sie im letzten Jahr viele neue Gerichte kennengelernt und ausprobiert. Von ihm hatte sie nicht nur gelernt, dass es auch in der kargen Pampa viel gab, was man essen konnte – sondern auch, wo es zu finden war.
    Schon jetzt, zeitig am Morgen, da sie noch mit den Schafen beschäftigt war, freute sie sich, bald wieder in der Küche zu werkeln. Zuerst hatte sie die Rezepte der Tehuelche einfach übernommen – später ging sie ungleich kreativer vor und begann zu mischen, was vor ihr wohl noch niemand gemischt hatte. Anstelle von Spinat kochte sie Suppe mit wildwachsendem Löwenzahn, aus Blättern vieler Pflanzen ergab sich ein hervorragender Salat. Sie tauschte auf dem Markt von Punta Arenas Kartoffeln und Rüben gegen Zwieback und Mehl, formte daraus Knödel und buk sie in der Asche. Die Früchte der Calafate und Berberitze konnte man in Rum einlegen – was dann Guindado hieß – oder zu Marmelade und Kompott weiterverarbeiten. In ihrem kleinen Garten hatte sie Johannis- und Erdbeeren angebaut, und da die Ausbeute nur sehr karg war, streckte sie die Beeren mit den Früchten des Algarrobadorns, der wie Pfirsich schmeckte. Aus den Steinfrüchten eines Weihrauchstrauchs konnte man einen Tee machen und dessen weißen Wurzeln, die wie Eibisch schmeckten, wiederum wie Kartoffeln kochen.
    Wurzeln ließen

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