Jenseits von Feuerland: Roman
vom Pferd.
»Wo ist Arthur?«, fragte er überrascht.
»Schwimmen«, erklärte sie ernsthaft.
Er hob die Braue, und da konnte sie gar nicht anders, als wieder loszuprusten.
»Vielleicht sollten Sie ihm entgegenreiten«, schlug sie vor und reichte ihm den Zügel ihres Pferdes. »Ich glaube, er hat solch einen Freundschaftsdienst im Augenblick bitter nötig …«
Wieder lachte sie auf, doch noch ehe Balthasar eine Frage stellen konnte, huschte sie in die Herberge. Währenddessen bändigte sie ihre Haare und lief dann in die Küche.
Die übliche Arbeit wartete auf sie, so dass sie ihren Triumph kaum auskosten konnte, doch was sie sich bei aller Schufterei nicht nehmen ließ, war, immer wieder auf die Straße zu lugen und nach Arthur Ausschau zu halten. Dämmerlicht hatte sich schon über Punta Arenas gesenkt, als sie ihn von weitem fluchen hörte. Hastig eilte sie ins Freie und blickte ihm entgegen. Der Schlamm war getrocknet, und seine Haare sahen wie ein grauer Helm aus. Der Dreck, der auf seinem nackten Oberkörper klebte, schützte ihn freilich nicht vor Kälte. Er zitterte, weil er so fror – und Balthasar bebte, weil er so lachte.
Mit vor der Brust verschränkten Armen empfing Emilia die beiden. Sie ignorierte Arthur und trat stattdessen stolz auf Balthasar zu.
»Ich habe dafür gesorgt, dass Sie Ihre Wette gewinnen«, erklärte sie mit fordernder Stimme. »Nun sind Sie mir eigentlich einen Gefallen schuldig.«
Balthasar hörte kurz zu lachen auf und nickte anerkennend. »Eine geschäftstüchtige Frau sind Sie – das muss man Ihnen lassen.«
»Sie hat von der Wette gewusst«, knurrte Arthur. »Also gilt mein Einsatz nicht mehr.«
Da erst wandte sie sich ihm zu, beugte sich zu seinem Gesicht und küsste ihn spielerisch auf die Wangen. Dass dabei getrockneter Schlamm auf sie bröselte, machte ihr nichts aus. »So viel Einsatz kannst du gar nicht bringen, um am Ende gegen mich zu gewinnen«, spottete sie und ließ ihn einfach stehen.
Sie spürte seinen verdutzten Blick auf ihrem Rücken, und wieder lachte sie leicht und befreit.
14. Kapitel
W as willst du mir zeigen, was?«
Zunächst hatte Rita ihre Neugierde bezwingen können, doch als Jerónimo keine einzige ihrer Fragen beantwortete, sondern nur vielsagend lächelte, war sie zunehmend verwirrt. Der Nachmittag hatte wie immer begonnen. Sie hatte heimlich und mit schlechtem Gewissen, aber doch von ihrer Sehnsucht nach ihm bezwungen, die Herberge verlassen und sich in der Nähe des Hafens mit ihm getroffen. Dort waren sie eine Weile spazieren gegangen, und ihre Wangen hatten rot geglüht, als er beschwor, dass kein Mädchen lieblicher sein könne als seine Margarita. Noch hatte er ihr heute nichts geschenkt, doch als sie erklärte, wieder nach Hause gehen zu müssen, hatte er sie aufgehalten und gesagt, er wolle ihr unbedingt etwas zeigen.
Sie war ihm erst willig gefolgt, drängte später aber auf eine Erklärung. Er sagte weiterhin nichts, beschleunigte seine Schritte nur, und am Ende blieben sie vor einem großen steinernen Haus in der Nähe der Hauptstraße stehen. Rita konnte sich nicht erinnern, hier jemals vorbeigekommen zu sein. Sie kannte die meisten Herbergen, Gasthäuser, ja selbst die Bordelle; sie wusste, wo man den Markt fand, die Straßen, wo die Indianer Handel trieben und wo die Hauptstraße in die Felder der ersten Siedler mündete. Aber sie war sich sicher, niemals vor einem solch hohen, mehrstöckigen Haus mit riesigen, ebenfalls steinernen Säulen gestanden zu haben. Ehrfürchtig blickte sie die Fassade hoch, doch als Jerónimo sie sanft Richtung Eingang zog, versteifte sie sich.
Fragend blickte sie ihn an. »Befindet sich das, was du mir zeigen wolltest, darin?«
Er lächelte weiterhin vielsagend. »Vertrau mir!«, forderte er sie mit seiner sanften Stimme auf.
Rita zögerte immer noch. Es war das eine, sich mit Jerónimo am Hafen zu treffen und Geschenke von ihm anzunehmen – etwas anderes, allein mit ihm ein Haus zu betreten, das sie nicht kannte. Die Frauen in ihrem Roman, so ahnte sie, würden das gewiss nicht tun. Allerdings wären diese wohl auch standhaft geblieben, wenn es darum ging, ein Hütchen als Geschenk auszuschlagen.
»Ich weiß nicht …«, murmelte sie unsicher.
Emilia war mit Manuel oft zusammen gewesen, überlegte sie. Sie hatte gewiss auch Zeit allein mit ihm in einem Haus verbracht – wobei deren Haus bei weitem nicht so groß und robust wie dieses war und die beiden schließlich miteinander
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