Jerry Cotton - 0526 - Zwei Schluessel fuer die Hoelle
Stahlkammer, deren Wände mit Tausenden von Safetüren bedeckt waren. Die Tür zum Safe 1234 KA befand sich in einer der unteren Reihen — sie war größer als die meisten anderen. Joyce öffnete sie. Im Inneren befanden sich vier Pakete und ein verschnürter Schuhkarton. Joyce hatte einige Mühe, die Pakete und den Karton in ihrem Koffer unterzubringen. Niemand schenkte ihr Beachtung.
Joyce mußte sich beim Verlassen des Raumes in ein Buch eintragen. Sie schmierte einen unleserlichen Namen in die Rubrik, auf die der Finger des Beamten wies. Weitere Formalitäten wurden von ihr nicht verlangt.
Vor der Bank stand ein Taxi mit laufendem Motor. »Sind Sie frei?« fragte Joyce den Fahrer. Der nickte. Er öffnete den hinteren Wagenschlag, ohne dabei auszusteigen. Joyce kletterte hinein und legte den schwer gewordenen Koffer neben sich auf den Sitz.
»Long Island, bitte«, sagte sie.
Sie fuhren los. Joyce schaute sich wiederholt um. »Nervös?« fragte der Fahrer.
Joyce lachte. »Wie kommen Sie darauf?«
»Ich habe ein Gefühl dafür.«
Vorsichtshalber werde ich unterwegs noch einmal den Wagen wechseln, dachte Joyce. Dieser Bursche braucht nicht zu erfahren, wer ich bin.
Joyce schloß die Augen und überlegte.
War sie endlich am Ziel? Es gab einige Dinge, die sie beunruhigten. Da war zum Beispiel das FBI. Warum hatten sich die Agenten nicht noch einmal blicken lassen? Joyce spürte, daß man ihr mißtraute, aber sie wußte nicht, wie sie dieses Mißtrauen zerstreuen konnte. Ihr war nur klar, daß sie nichts mehr unternehmen durfte, was positive oder negative Spekulationen auslösen konnte. Am klügsten war es, ganz normal weiterzuleben und eine Stillhaltetaktik einzuschlagen.
Seit Johns Tod waren bereits fünf Tage verstrichen.
Gestern hatten sie ihn begraben — es war eine triste und bedrückende Zeremonie gewesen. Der regenverhangene Himmel hatte gut zu der allgemeinen Stimmung gepaßt.
Joyce schreckte aus ihren Gedanken hoch, als sie feststellte, daß der Wagen über die Williamsburg Bridge rollte. »Was wollen wir denn hier unten?« fragte sie. »Sie hätten den Queens Tunnel benutzen sollen!«
»Überlassen Sie das nur mir«, sagte der Fahrer.
»Halten Sie sofort an!« befahl Joyce. Es gab ein paar Dinge, an die sie sich einfach nicht gewöhnen konnte. Dazu gehörten die Unverschämtheiten der New Yorker Taxifahrer.
»Nur die Ruhe«, meinte der Mann am Lenkrad. »In zehn Minuten sind wir am Ziel, Madam.«
»Am Ziel?« fragte Joyce schwach.
»Ja«, nickte der Fahrer. »Am Ziel unserer Wünsche!«
***
Joyce brauchte eine halbe Minute, um sich von dem plötzlichen Schock zu erholen.
Sie überlegte und begriff, daß sie in eine Falle getappt war. Das wartende Taxi war für sie bestimmt gewesen!
Aber wer waren diese Leute? Joyce bemühte sich, das aufkommende Panikgefühl zu unterdrücken. Sie durfte jetzt nicht die Nerven verlieren!
Das Taxi stoppte bei Rot an einer Kreuzung. Joyce schnappte sich den Koffer und warf sich gegen die Türe. Sie ließ sich nicht öffnen. Der Fahrer lachte, als er im Rückspiegel Joyces erschreckendes und verdutztes Gesicht sah. »Eine Spezialkonstruktion«, erklärte er stolz.
Joyce ließ sich in das Polster zurückfallen. Die Ampel sprang auf Grün. Sie fuhren weiter.
»Lassen Sie mich sofort aussteigen!« keuchte Joyce. »Oder legen Sie Wert darauf, von hinten erschossen zu werden? Ich trage eine Pistole bei mir!«
Der Fahrer lachte abermals. »Ich würde Ihnen raten, mich ernst zu nehmen«, stieß Joyce hervor.
»Das tue ich. Ich weiß schließlich genau, wer Sie sind und was Sie alles auf dem Kerbholz haben. Umgekehrt sollten Sie sich darüber klar sein, daß ich nur einen Auftrag ausführe. Es wäre für Sie verdammt schlecht, wenn mir etwas zustieße.«
»Für wen arbeiten Sie?« fragte Joyce mit kraftloser Stimme.
Der Fahrer grinste. »Nur die Ruhe, Puppe — Sie werden den Boß gleich kennenlernen. Ob er Ihnen gefallen wird, ist allerdings eine andere Frage.«
Joyce öffnete ihre Handtasche und blickte in den Spiegel. Ihre Schönheit war ohne Makel. Sie wußte, wie sie auf Männer wirkte, und sie baute darauf, daß sich diese Wirkung auch bei dem, was jetzt auf sie zukam, bewähren würde. Trotzdem fürchtete sie sich.
Der Wagen rollte südwärts über die Bushwick Avenue nach East New York — einem ziemlich dunklen Stadtteil Brooklyns. Selbst jetzt, am frühen Nachmittag und bei Sonnenschein, wirkte er düster und unheilverkündend.
Sie kreuzten die
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