Jerry Cotton - 0538 - Duell im Schlangensumpf 2 of 3
zog die Taschenlampe, die ich in Viviennes Boot gefunden hatte, unter der Jacke hervor. Ich schirmte den Strahl mit der Hand ab und ließ ihn durch das Fenster in den Kellerraum fallen. Er war klein und leer bis auf ein altes Feldbett in der Ecke. Es war vollgepackt mit Lumpen und Decken und…
Schon wollte ich die Lampe ausknipsen, als ich etwas Glitzerndes entdeckte. Noch einmal richtete ich den Strahl auf das Bett, diesmal, ohne ihn abzuschirmen.
Das Bett war vollgepackt mit Lumpen und Decken. Aber unter ihnen lag ein Mensch-, Und seine Augen glitzerten. Er war so vermummt und unter den Stoffen begraben, daß ich nur einen kleinen Teil seines Gesichtes erkennen konnte. Nur die Augen und die Nase.
Der Mann starrte in den Lichtkegel meiner Taschenlampe.
Ich hörte ein schwaches Schnauben.
Ich schaltete die Lampe aus, nahm sie zwischen die Zähne, drückte das Fenster auf und ließ mich langsam durch die niedrige Öffnung in den Keller gleiten. Ich mußte mich winden wie ein Schlangenmensch, aber ich schaffte es. Ein Splitter oder Nagel hakte sich am Rücken fest und zerriß den Stoff meiner Jacke. Jetzt hatten meine Füße den Boden erreicht. Ich nahm wieder die Lampe und richtete ihren Strahl auf das Feldbett.
Leise tappten meine Schritte über den kahlen Betonboden. Ich beugte mich über die Lumpen und Decken. Mit ein paar Griffen fegte ich sie hinunter.
John Claar war ein mittelgroßer sehniger Mann mit kurz geschorenem Blondhaar und blassen glatten Zügen. Seine Hände waren gefesselt, ebenso seine Füße. Dicke Klebestreifen verschlossen ihm den Mund. Um seinen Körper hatte man Riemen gewunden, mit denen er an das Bettgestell gefesselt war.
Claar starrte mich an. Vorsichtig, um ihm nicht die Haut von den Lippen zu reißen, zog ich die Klebestreifen ab. Der Mann sperrte den Mund weit auf, um rasselnd Luft zu schöpfen. Er sagte kein Wort. Er rang nur nach Luft wie ein Asthmatiker.
Mit dem Taschenmesser zerschnitt ich die Fesseln.
»Leise!« wisperte ich. »Ganz leise!«
Dann massierte ich Claars Gelenke. Die Hände waren eiskalt und wie abgestorben. Der Radar-Spezialist konnte sich nicht er heben.
»Wer sind Sie?« fragte er heiser.
»Das erzähle ich Ihnen später.« Ich wollte nicht, daß er sich möglicherweise im Wagen versprach und daß Viv schon jetzt erfuhr, wer ich wirklich war. »Ich hole Sie hier ’raus und bringe Sie nach Fort Lauderdale, Claar.«
»Woher wissen Sie, wer ich bin?«
Ich überging seine Frage. »Versuchen Sie aufzustehen.«
Er gab sich Mühe, aber es ging nicht. Die Beine gehorchten ihm nicht. Die Knie knickten ein.
»Irgendwie schaffen wir es schon«, ermunterte ich ihn. Ich packte ihn bei den Schultern und schleppte ihn zum Fenster. Dort lehnte ich ihn an die Wand. »Heben Sie die Arme«, forderte ich ihn auf. Doch er konnte es nicht. Er war wie gelähmt. Schlaff und kalt wie eine Leiche hing er in seinem Anzug.
»Ich schiebe Sie zum Fenster hinaus.«
Ich drehte ihn mit dem Gesicht zur Wand, packte seine Oberarme und stemmte ihn empor. Er versuchte, mir zu helfen. Er nahm die Arme nach vorn, so weit es seine abgestorbenen Muskeln erlaubten. Jetzt war er mit Kopf, Schultern und Armen im Freien. Ich mußte nachgreifen, um ihn ganz hinauszuschieben. Mit der Schulter klemmte ich ihn an der Wand fest, während ich ihn bei den Hüften faßte. Ein Ruck — und er war draußen.
Seine Kräfte kehrten zurück. Er kroch weiter, und zwar überraschend schnell.
Ich verschnaufte. Die beiden letzten Tage hatten mich derart fertiggemacht, daß ich die kurze Anstrengung spürte. Aber ich packte die Kante des Fensterrahmens und schnellte hinauf. Meine Füße kratzten an der Wand entlang, dann war ich mit Kopf und Oberkörper draußen. Noch ein wenig Schwung, und ich zog die Beine nach. Ich kniete im Sand. Ich hob den Kopf. Claar lag wenige Schritte entfernt, mit dem Gesicht nach unten. Er rührte sich nicht.
Dann ging alles rasend schnell. Ich spürte eine Bewegung neben mir und drehte den Kopf. Ich sah eine Gestalt, die riesengroß zu sein schien. Irgend etwas kam mir mit erschreckender Geschwindigkeit entgegen.
Instinktiv warf ich mich nach vorn und ließ mich aufs Gesicht fallen. Das war mein Glück. Der schwere Stiefel, mit dem der Mann nach meinem Kopf trat, hätte mich 'zerschmettert. Zischend fuhr der Fuß über mich hinweg. Ich hatte kapiert. Noch mit dem Gesicht im Sand, riß ich den rechten Arm empor. Meine Hand prallte gegen einen Unterschenkel, der über mir
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