Jerry Cotton - 0544 - Atombomben gegen Manhattan
unterwegs. Immerhin konnten wir jetzt eine ziemlich detaillierte Beschreibung des mutmaßlichen Anrufers liefern, so daß unsere Chancen, ihn zu schnappen, beträchtlich gewachsen waren.
Die Fahndungszentrale hatte zwar sechs Cliff Andersons in der Kartei, aber von den vieren, die sich momentan in Freiheit befanden, entsprach keiner der von mir gegebenen Beschreibung. Der einzige konkrete Ansatzpunkt für unsere weitere Fahndung war Lydia Craig. Wir ließen sie beschatten. Außerdem hatten wir die richterliche Genehmigung bekommen, ihr Telefon zu überwachen. Mehr konnten wir im Augenblick nicht tun.
In diesem Moment zuckte ich zusammen. Der Polizeifunk, den wir eingeschaltet hatten, meldete: »… mit einer Armeepistole, Kaliber 45 erschossen. Der Tote hatte keine Papiere bei sich. Er ist ungefähr 32 Jahre alt, etwas über mittelgroß und dunkelblond. Sein Gesicht ist schmal. Er hat regelmäßige Züge und eine Goldkrone auf dem linken oberen Backenzahn.«
Ich stand auf und griff nach dem Telefonhörer. »Was ist los?« fragte Mr. High verwundert.
»Kaliber 45« sagte ich. »Genau wie die leere Patronenhülse, die ich in der Kellergarage gefunden habe!«
***
Linda Arwell war morgens gegen sieben wach geworden. Sie stand auf und vertändelte eine halbe Stunde mit dem Anziehen. Sie versuchte fröhlich zu.sein, weil das Intermezzo endlich zu Ende ging, aber sie war nur bedrückt und fragte sich, ob sie tatsächlich in der Lage sein würde, die Lüge durchzuhalten. Sie hatte in den vergangenen Tagen jede Nachrichtensendung im Radio abgehört, aber von ihrer »Entführung« war dabei nirgendwo die Rede gewesen. Das besagte freilich nicht viel. Möglicherweise hielt das FBI die Nachricht zurück, um keine zusätzlichen Gefahren heraufzubeschwören. Es war aber auch möglich, daß ihr Vater darauf verzichtet hatte, das FBI einzuschalten. Linda hoffte, daß das letztere zu traf, denn sie wollte die Lage nicht unnötig komplizieren. Für sie war es nur wichtig daß ihr Vater die fast schon verloren geglaubte Tochter zurückerhielt und aus Dankbarkeit darüber zu jeder Konzession bereit war, die ihre berufliche Zukunft betraf.
Linda frühstückte ausgiebig. Es war ein sonniger Morgen, der zu einem Spaziergang einlud, aber Linda wartete jetzt voller Unruhe auf Flint. Sie wollte sich nicht von der Hütte entfernen. Es wurde Mittag. Die Sonne kletterte höher, die Zeit verstrich. Hatte Flint eine Panne gehabt? Er hatte ihr doch versprochen, vormittags herauszukommen. Das Warten machte sie nervös und ängstlich. War Flint etwa in eine Falle geraten? Linda erbebte bei dem Gedanken an die Blamage und die Strafe, die bei einem Aufdecken des Falles zu erwarten waren. Ich darf die Nerven nicht verlieren, redete sie sich ein. Für dich geht es jetzt erst los! Alles andere war nur ein Vorspiel!
Es wurde drei Uhr nachmittags, vier und fünf Uhr. Linda begriff, daß Flint nicht kommen würde. Hatte er es plötzlich mit der Angst zu tun bekommen? Sie verfluchte ihn und bereute, die zweite Rate schon bezahlt zu haben. Kein Wunder, daß dieser Schuft jetzt kniff und auf eine korrekte Einhaltung der Abmachung verzichtete! Er lachte sich gewiß ins Fäustchen, weil er genau wußte, daß sie ihn nicht anzeigen konnte. Um halb sechs war sie nur noch ratlos und ängstlich. Sie hatte zwar noch für zwei oder drei Tage Lebensmittel, doch sie wollte weg aus dieser Einsamkeit, wußte aber nicht, wie sie das bewerkstelligen sollte. Sie hätte, wie sie wußte, stundenlang durch den Wald laufen müssen, um die Straße zu erreichen.
Kurz vor sechs Uhr hörte sie das Geräusch eines Wagens. Linda stieß die Luft aus. Mit einem Schlag war sie froh und erleichtert. Sie nahm sich zwar vor, Flint gehörig die Meinung zu sagen, aber das war nur ein unwichtiger Nebengedanke. Sie sah den Dodge zwischen den Bäumen auftauchen und wunderte sich ein wenig darüber. Wie kam es, daß Flint den gleichen Wagen zum zweitenmal für seine Zwecke gestohlen hatte?
Der Wagen stoppte am Rande der Lichtung. Ein Mann stieg aus. Linda, die dem Wagen entgegengeeilt war, blieb wie angewurzelt stehen. Sie kannte den Mann nicht. War Flint verhindert? Hatte er einen Freund geschickt?
Linda spürte plötzlich eine unheimliche Furcht Der Mann kam näher. Er grinste matt. Linda gefiel sein Grinsen nicht. »Wer sind Sie?« würgte sie hervor.
»Ihr Entführer!« sagte der Mann. »Nur ist es diesmal kein nachgemachter!«
***
Wir hatten die Vorbereitungen abgeschlossen,
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