Jerry Cotton - 0546 - Der Gefaehrte des Grauens
in Bargeld umzuwandeln. Sie erteilte ihm Verkaufsorder für ungefähr fünfzigtausend Dollar.«
»Wo sprachen sie miteinander?«
»Vor und in der Badehütte.«
»Nahmen sie einen Drink miteinander?«
Phil gab einen Knurrlaut von sich. »Dressing trinkt keinen Alkohol vor Sonnenuntergang. Außerdem traf er kurz nach elf Ühr wieder in seinem Büro ein, und die Obduktion hat inzwischen die erste Feststellung des Arztes bestätigt, daß Francis Nocar zwischen ein und zwei Uhr mittags ermordet worden ist.«
»Sieht so aus, als könnte ich nichts anderes unternehmen, als darauf zu warten, daß Melvin Acer sich des Mannes erinnert, den er beauftragte, Francis Nocar umzubringen.«
Ich legte den Hörer auf und verließ die Telefonzelle. Langsam schlenderte ich zum Seaside Hotel zurück. Ich war entschlossen, höchstens noch vierundzwanzig Stunden darauf zu warten, daß Melvin Acer in Zimmer 12 anrief.
***
Staff Paret kaufte ein Exemplar der Abendausgabe. Er las jedes Wort, das die Zeitung über den Mord und die Nachforschungen der Polizei schrieb. Die Pressestelle der Mordkommission hatte Einzelheiten der Untersuchung Homes Gebbias mitgeteilt, und die Zeitung zog den Schluß, daß Gebbia tatsächlich der Girl-Killer war und daß er, auftauchend aus seinem Blutrausch, Selbstmord begangen hatte — vielleicht aus Verzweiflung über den Dämon in seiner Seele, vielleicht aus Furcht vor Entdeckung.
Paret lächelte zufrieden, faltete die Zeitung zusammen, zahlte seinen Drink und verließ die Hotelbar. Er ging zum Empfangstisch und winkte den Empfangschef heran. »Ich werde Ihren Laden noch heute verlassen müssen. Selbstverständlich zahle ich für diese Nacht. Machen Sie die Rechnung. Ich gehe hinauf und packe.«
Staff Paret wußte, daß es falsch war, eine Stadt, in der ein Verbrechen geschehen war, hastig zu verlassen. Er kannte Fälle, in denen das FBI alle Hotelgäste überprüft hatte, die einen Ort, an dem ein Mord geschehen war, übereilt verlassen hatten. Auf diese Weise hatten die G-men schon manchen Täter gefaßt. Jetzt, da mehr als vierundzwanzig Stunden seit Francis’ Tod vergangen waren, schien ihm ein Ortswechsel ohne Risiko.
Er packte seinen kleinen Koffer, zog seinen Trenchcoat an und verließ das Zimmer. Er zahlte die Rechnung und wandte sich dem Ausgang zu. Er kam an einem Mann vorbei, der in der Halle in einem Sessel lag und eine Zeitung so hielt, daß sie sein Gesicht verdeckte. Paret blickte scharf zu dem Mann hin. Als habe der Mann den Blick gespürt, faltete er die Zeitung zusammen. Paret sah das getönte Gesicht Vic Crunks. Er ging weiter, als habe er Acers Freund und Partner nicht bemerkt. Crunk stand auf. Langsam folgte er Staff Paret auf die Straße.
Der New Yorker wußte, daß er den Farbigen nicht abschütteln konnte. Nach zwanzig Schritten blieb er stehen und drehte sich um. Seine rechte Hand hatte er unter Trenchcoat und Jacke geschoben. Paret war kein furchtsamer Mann. »Was willst du?« blaffte er Crunk an.
»Melvin Acer will dich sehen.«
»Wozu? Soll ich ihm mein Beileid aussprechen? Ich stehe nicht besonders gut mit der Polizei, und ich bin nicht scharf darauf, daß die Schnüffler herausfinden, daß ich Francis kannte.«
Crunk zuckte die Achseln. »Frag Melvin!«
»Sag deinem Boß, ich hätte keine Lust, auch nur eine Stunde länger in New Haven zu bleiben.«
In den dunklen Augen des Farbigen glomm ein mißtrauischer Funke hoch. »Sei vorsichtig, Paret! Melvin schätzt es nicht, wenn man ihn warten läßt. Er zahlt anständig für jeden Job, aber er wird giftig wie eine Kobra, wenn ein Bursche sich widersetzt.«
»Job?« wiederholte Paret. »Welcher Job?«
»Sprich mit ihm, und du wirst es erfahren!«
Langsam zog Paret die Hand unter dem Trenchcoat hervor. »Wo wartet dein Boß?«
»Ich zeige dir den Weg!« Crunk ging voraus. Nach knapp fünfhundert Yard bog er in eine dunkle Toreinfahrt, in der ein Wagen stand. Paret erkannte trotz der Dunkelheit Acers Bentley. Die Einfahrt mündete in einen Hof. Die Männer überquerten ihn. Vic Crunk klopfte an die Tür einer Baracke. Als die Tür geöffnet wurde, erkannte Paret im weißen Licht einer Karbidlampe Melvin Acer. Fast mechanisch schob der New Yorker die Hand wieder unter die Jacke. Seine Finger legten sich um den Griff der Pistole in der Schulterhalfter. »Da ist Paret!« sagte Vic Crunk. »Komm ’rein, Paret!« sagte Acer. Der Farbige schloß die Tür. Acer stand in dem kahlen Raum neben der Lampe. Er nagte an seiner
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