Jerry Cotton - 0547 - Der Wuerger aus der Todeszelle
Schultern und ließ sie wieder sinken. Er hielt es für das beste, den Mund nicht aufzumachen.
»Er ist völlig am Ende!« meinte Monelli. »Ich fürchte, ich werde heute keine Gelegenheit finden, mich mit ihm zu unterhalten. Es wird am besten sein, ich komme an einem anderen Tag wieder.«
»Wie Sie wollen«, knurrte Kinley. »Sie müssen es wissen. Viel Zeit bleibt ihm ja nicht mehr, das ist Ihnen hoffentlich klar!«
»Solange er sich in diesem Zustand befindet, kann ich mich nicht vernünftig mit ihm unterhalten«, erklärte Monelli. »Er ist gar nicht aufnahmefähig, das merkt man doch! Im übrigen können Sie ganz unbesorgt sein. Es wird keine Exekution geben, wenn der Delinquent Ikrank ist.«
Kinley stieß einen dünnen Pfiff aus. »Deshalb simuliert der Bursche, was? Aber das wird ihm nicht helfen. Der Arzt stellt ihn rasch wieder auf die Beine!« Er blickte Hopkins an. »Fühlen Sie sich kräftig genug, in Ihre Zelle zurückzugehen?«
Hopkins nickte schwach. Er stemmte sich hoch und ging langsam zur Tür. »Ich melde mich nächste Woche wieder«, sagte Monelli. »Möglicherweise kommt auch Mr. Denton - das wird sich zeigen.«
»So kenne' ich ihn gar nicht«, murmelte Kinley mit schmalen Augen. »Er ist sonst eher aggressiv, ein zynischer, kaltschnäuziger Kerl, der mit seinem Stehvermögen protzt!«
»Das hier kann wohl jeden umwerfen«, brummte Monelli undeutlich und rieb sich mit zwei Fingern die Nasenwurzel.
»Sie müssen sich eine Minute gedulden, Sir«, sagte Kinley. »Mein Kollege und ich bringen Monelli in seine Zelle zurück, dann lassen wir Sie hinaus.«
»Schon gut, ich weiß Bescheid. Gute Besserung, Mr. Monelli! Alles Gute für die Zukunft!«
Hopkins wandte sich nicht um.
Die Tür fiel ins Schloß. Monelli war allein.
Er zitterte plötzlich so stark, daß er sich für ein paar Sekunden setzen mußte. Der Schwächeanfall ging jedoch sehr rasch vorüber. Monelli knöpfte in rasender Eile sein Oberhemd zu und verschloß dann das Anzugjackett. Er überzeugte sich davon, daß die Hosenenden seiner Gefangenenmontur nicht unter der Anzughose hervorschauten, und straffte den Schlipsknoten. Wenn bloß seine blöde Kurzsichtigkeit nicht gewesen wäre! Dann würden wahrscheinlich auch die anderen Beamten die Maskerade nicht durchschauen.
Kinley kam drei Minuten später zurück. »Wir können gehen, Sir!«
Monelli mußte sich zweimal mahnend anrufen lassen, weil er es versäumte, sich in die Besucherjournale an den Kontrollpunkten einzutragen. Er fragte sich, ob die Unterschrift, die er flüchtig hinwarf, ihn nicht verraten würde, aber niemand nahm sich die Mühe, den Schriftzug mit jenem zu vergleichen, den Hopkins bei seinem Kommen geleistet hatte.
Monelli bewegte sich wie in Trance. Je näher er dem Ausgang kam, um so größer wurde seine Nervosität.
Es war ein sonniger Tag, warm und vielversprechend, obwohl sich bereits deutlich abzeichnete, daß es ab Mittag unerträglich heiß sein würde. Monelli passierte den letzten Kontrollpunkt. Eine Tür fiel hinter ihm ins Schloß. Er stand im Freien. Monelli fiel ein, daß der Anwalt zivile Unterwäsche trug. Es war einfach nicht genügend Zeit gewesen, sich bis aufs Unterhemd auszuziehen. Auch die Socken waren nicht gewechselt worden.
Monelli zuckte zusammen, als er das Kreischen von Autobremsen hörte. Nur wenige Yards von ihm entfernt stoppte ein Cadillac am Rande des Bürgersteigs. Der Fahrer öffnete den Wagenschlag. »Einsteigen, Sir - ich habe Sie erwartet!«
Monelli tappte auf den Wagen zu. Er kletterte hinein und schloß die Tür. »Ich hätte nie geglaubt, daß es klappen könnte«, sagte der Mann am Steuer.
»Dick Barton!« sagte Monelli aufatmend. Er fischte nach der Brille, die in der Brusttasche des Anzugs steckte, und setzte sie auf. Sie fuhren los.
»Beeil dich ein bißchen!« meinte Monelli, der der Versuchung widerstand, über die Schulter zu blicken. »Jeden Moment können sie den Alarm auslösen!«
»Es würde auffallen, wenn wir uns mit 100 Sachen vom Zuchthaus entfernen«, meinte Barton. Er hatte sich ein künstliches Bärtchen aufgeklebt, um sein Aussehen zu verändern. Barton galt als Monellis rechte Hand.
»Robbins hat dir also Bescheid gesagt?«
Barton nickte. Er war ein hochgewachsener, hagerer Mann mit kalten grauen Augen und einem nahezu farblos wirkenden Mund von schmalem Zuschnitt. »Obwohl er das Codewort kannte, wußte ich nicht so recht, ob ich ihm die halbe Million geben sollte - jetzt bin ich froh, daß
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