Jerry Cotton - 0553 - Ein Toter wird ermordet
schnell sogar. Und wenn ich ihn jetzt verrate, dann geschieht das nicht aus Haß. Ted ist mir völlig gleichgültig geworden.« Sie sah auf ihre gepflegten Fingernägel. »Jedenfalls bilde ich mir das ein.« Sie hob den Blick, sah mich an und lächelte kläglich. »Als gute Bürgerin muß ich doch meine Pflicht tun, nicht wahr. Einen Mörder schützt man nicht.«
»Er ist ein Mörder. Er fühlt sich in die Enge getrieben. Ihm ist zuzutrauen, daß er weitere Gewalttaten begeht.« Sie nickte. »Zu unserer Zeit hatte er sich draußen auf Long Island ein Liebesnest eingerichtet. Das ist der Tip, den ich Ihnen geben kann, Jerry. Denn ich vermute, daß er sich dort verkriecht. Natürlich ist er nicht nur mit mir dort gewesen. Aber bis die Polizei seine anderen Freundinnen gefunden hat, wird viel Zeit vergehen.«
»Wo ist das?«
»In North Port, in der Huntington Bay. Jachthafenplatz Nummer 7. Er hat dort ein Zimmer mit Balkon auf seinen Namen gemietet.«
»Die Frage ist überflüssig, trotzdem: Weiß seine Frau davon?«
»Seine größte Sorge war, sie könnte was erfahren.«
Ich trank meinen Kaffee aus. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, Eleonor. Vielleicht habe ich Glück und finde ihn…« Ich sprach nicht weiter, denn hinter mir schrillte ein Telefon. Ich wandte den Kopf. Der Apparat stand auf dem obersten Fach eines Bücherregals.
Verwundert sah Eleonor mich an. »Nanu, um diese Zeit…« Sie stand auf, ging zum Telefon und nahm den Hörer ans Ohr.
»Ja«, sagte sie, »hier…«
Ich beobachtete ihr Gesicht. Es fiel auseinander, als wäre der Schreck eine Sprengladung, die unter ihrer Haut detoniert. Eleonor lauschte. Die rauchgrauen Augen weiteten sich. Mir schien, als werde ihre Haut von einem kränklichen Grün übertüncht.
Ich stand auf. Ohne ein Geräusch zu verursachen, trat ich neben sie. Ich wollte mithorchen. Aber ich hörte nur noch das Klicken in der Leitung.
Zitternd sank Eleonors Arm herab. Sie legte den Hörer auf die Gabel zurück. Sie schüttelte ihre rote knisternde Mähne, als könne sie etwas nicht begreifen. Dann lachte ihr Mund. Das Lachen breitete sich aus und ergriff das ganze Gesicht. Aber die Augen blieben starr. Angst glomm darin auf, während das Lachen die schmale Gestalt wie ein fiebriger Anfall schüttelte.
»Eleonor!« Ich nahm sie bei den nackten Schultern. Ich packte fest zu. Wie Seide — so glatt war ihre Haut. »War er das?«
Sie beruhigte sich. »Ja, es war Hatching.« Sie fröstelte. »Es war Hatching. Es ist zum 'Lachen.« Ihre Zähne klapperten. »Er hat mich bedroht. Gesagt hat er: Wenn Polypen bei dir auftauchen und dich fragen, Kätzchen — so hat er mich immer genannt —, dann weißt du nichts über mich, Kätzchen. Kein Wort über unser Nest in North Port. Andernfalls, Kätzchen, schlitze ich dir die Kehle auf.«
Ich führte sie zum Sessel zurück. Schauer liefen über ihre Haut.
»Keine Sorge, Eleonor Ich werde Sie unter Polizeischutz stellen. Darf ich mal telefonieren?«
Sie nickte. Ich wählte 535-7700, die Nummer des FBI. Ich ließ mich mit dem Einsatzleiter vom Nachtdienst verbinden. »Bob«, sagte ich, »hier spricht Jerry. Bist du über Ted Hatching informiert?«
»Natürlich, die Fahndung läuft.«
»Ich habe eine heiße Spur. Aber ich bin zu müde, um darauf weiterzuhecheln. In North Port auf Long Island, Jachthafenplatz Nr. 7, hat Hatching bis vor kurzem ein Liebesnest unterhalten. Zimmer mit Balkon, gemietet auf seinem Namen. Voraussichtlich will er sich dort verkriechen. Meine Informantin ist gerade von ihm angerufen worden. Er hat gedroht, sie umzubringen, falls sie uns die Adresse verrät. Die Lady wohnt in dem Apartmenthaus der 174. Straße. Direkt neben der Tankstelle. Schick jemand her. Ich warte solange. Wir müssen sie — sie heißt Eleonor King — unter Schutz stellen, bis Hatching mit Handschellen klappert.«
»Okay, Jerry. Ich jage Floyd Winter los.«
»Ist der nicht mehr in Nora Hatchings Wohnung?«
»Er und die Mordkommission sind zurück. Der Fall liegt klar. Der Doc hat Nora eine Beruhigungsspritze gegeben. Sie pennt. Ein Revierpolizist wacht vor dem Haus — für den Fall, daß Hatching noch mal zurückkommt.«
»Das glaube ich nicht. Was ist mit Phil?«
»Ich nehme an, der schläft.«
»Und wer kümmert sich um Gloria Markson?«
»Hyram Wolf.«
»Okay, Bob. Sobald ich hier fertig bin, krieche ich in die Falle. Es geht nicht länger. Dauernd knicken die Streichhölzer, mit denen ich mir die Augen offenhalte.«
Ich legte
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