Jerry Cotton - 0553 - Ein Toter wird ermordet
genügte es, die nächste Station der State Police anzurufen. Wenn von dort aus die Streifenwagen benachrichtigt wurden, konnten alle Straßen ringsum innerhalb von Minuten abgeriegelt werden. Bei den Kontrollen mußte der Koloß auffallen. Daß er aus dieser Gegend stammte und sich hier verkroch, hielt ich für unwahrscheinlich.
Ein Wagen kam die Straße herab. Er fuhr mit Abblendlicht. Sein Motor schnarrte, als sei ihm nicht wohl. Es begann zu regnen. Kalte Tropfen wurden vom Wind fast waagerecht über den Boden gepeitscht.
Der Wagen stoppte neben mir. Der Fahrer kurbelte die Scheibe herab. »Hallo! Kennen Sie sich hier aus?«
»Worum geht’s?« Ich trat an den Wagen.
»Ich suche den Jachthafenplatz, Haus Nummer sieben.«
»Das ist sehr schwer zu finden«, sagte ich. »Zufällig muß ich in dieselbe Richtung. Haben Sie was dagegen, wenn ich einsteige und mitfahre?«
»Na los! Warum sind Sie noch nicht drin?«
Ich lief um den Wagen herum. Als ich die Tür öffnete, flammte die Innenbeleuchtung auf. Ich sah den Mann. Er war bullig und schwer.
Ich rutschte auf den Sitz und schlug die Tür zu. Der Mann nahm die Füße von Kupplung und Bremse. Der Wagen rollte bergab.
»Sauwetter«, knurrte der Mann. »Hätte nicht gedacht, daß es so schnell umschlägt.« Sein Blick streifte mich. »Aber hier draußen ist es sicherlich immer etwas feuchter.«
»Sicherlich. Jetzt rechts. Noch ein Stück. Das Gebäude dort.«
Er hatte Fernlicht eingeschaltet. Die Strahlen beleuchteten die alte Bude wie eine Sehenswürdigkeit. Er knurrte: »Das war ja nicht weit. Schönen Dank!« Er sah mich an. »Weiter kann ich Sie leider nicht fahren.«
»Macht nichts«, sagte ich. »Denn auch Ihre Fahrt, Mr. Markson, ist hier zu Ende.« Ich hob den 38er und drückte ihm die Mündung an die Schläfe. »Strecken Sie die Arme nach vorn, Charles Markson! Halten Sie die Hände ganz ruhig. Ich werde immer leicht nervös, wenn ich den Mörder eines Kollegen vor mir habe.«
Er war wie erstarrt. Nach einem langen Augenblick nahm er die Zähne auseinander. »Sind Sie verrückt?«
»Durchaus nicht. Ich bin Special Agent des FBI. Ich hatte gestern die Ehre, Ihre Frau zu beschatten, Markson. Natürlich, um Sie zu erwischen. Wie das Leben manchmal spielt — sonderbar, was? Sonderbar, daß Sie mir hier in die Arme laufen. Das heißt, so sonderbar ist es auch wieder nicht. Irgendwo treffen sich alle Wege. Und diesmal scheinen eine Menge Wege zu dieser einsamen Bude nach North Port zu führen. Steigen Sie aus! Sobald Sie draußen sind — Arme hoch! Sie gehen bis zur Tür und warten dort. Los! Ich fackele nicht lange.«
***
»Gemütlich, was?« Ich deutete mit dem Revolver auf das Chaos. »Sie wissen nicht zufällig, wonach hier gesucht wurde?«
Markson schüttelte den Kopf. Ich hatte ihm seine Waffe abgenommen. Jetzt standen wir in Hatchings Apartment. Der Mörder zitterte vor Wut. Aber er wagte nicht, mich anzugreifen.
»Nur keine Hemmungen«, sagte ich. »Setzen Sie sich! Solange es regnet, werden wir uns unterhalten.«
»Und dann?«
»Dann liefere ich Sie bei der hiesigen Polizeistation ab. Was sonst?«
Ich warf die Tür hinter mir zu. Markson beobachtete mich schweigend. In seinen Augen loderte eine winzige Flamme. Ich war auf der Hut. Besorgt beobachtete ich die Deckenleuchte. Sie brannte, aber sie flackerte. Der Sturm, der ums Haus tobte, riß an den Leitungen.
»Sie wissen, daß Ihnen nichts mehr helfen kann, Markson. In Kansas City haben Sie einen Juwelier beraubt. Anschließend mußte ein junger Polizist sterben. Daß die Geschosse aus Ihrer Waffe stammen«, ich klopfte auf meine Manteltasche, in der seine Pistole steckte, »wird die ballistische Untersuchung beweisen. Es sieht .also schlecht für Sie aus. Aber auf das Gericht und auf die Geschworenen wird es einen guten Eindruck machen, wenn Sie jetzt gesprächig sind. Erste Frage: Was wollten Sie hier?«
Höhnisch starrte er mich an. Seine Mundwinkel zuckten. »Glaubst du wirklich, du dreckiger Cop, daß ich dir das erzähle.«
»Also nicht… Gut, wir können auch anders miteinander reden. Setzen Sie sich auf den Stuhl.«
Wenn er saß, hatte ich ihn besser unter Kontrolle. Aber dazu kam es nicht mehr. Er wußte, daß er verspielt hatte. Die Verzweiflung machte ihn tollkühn. Obwohl ich den 38er in der Hand hielt, griff Markson mich an.
Er versuchte, mich in den Bauch zu treten. Ich wich aus. Seine Finger stießen nach meinen Augen. Ich duckte mich. Dabei nahm ich Schwung. Mit
Weitere Kostenlose Bücher