Jerry Cotton - 0561 - Die vertauschte Moerderin
meinen Sie, Doc?«
»Der Mann sieht aus, als wäre er ertrunken, aber mit Sicherheit kann ich es erst behaupten, wenn ich Wasser in seinen Lungen gefunden habe.«
»Ob Unglücksfall, Selbstmord oder Mord, der Tod des Butlers verschlechtert Diane Jaggs Lage noch mehr. Der Mann kann seine Aussage nicht mehr widerrufen, aber Sie, Cotton, ich, mein Sergeant und sogar Florine Greco werden vor Gericht beschwören müssen, daß James in den Fotos Diane Jaggs die Mörderin Eleonor Flinters erkannt hat.«
»Wissen Sie, aus welchem Grund James zu den Klippen fuhr?«
»Noch nicht! Wollen Sie mit zur Villa fahren? Was hier noch zu tun ist, erledigen meine Leute.«
Eine knappe halbe Stunde später saßen wir Florine Greco gegenüber. Der Inspektor fiel mit der Tür ins Haus.
»Der Butler Ihrer Tante ist tot, Miß Greco!«
Sie riß die Augen auf. »James? Machen Sie keine schlechten Scherze, Inspektor.«
»Leider kein Scherz, Miß Greco. Sein Wagen durchbrach die Absperrung auf den Englewood Cliffs und stürzte in den Hudson.«
»Ein Unfall?«
Er hob die Schultern. »Das steht noch nicht fest. Wissen Sie, aus welchem Grund James das Haus verließ?«
»Nein. Ich beurlaubte ihn, weil er sich immer noch schlecht fühlte. Ich erfuhr dann erst von einem der Zimmermädchen, daß er fortgefahren sei, und ich war etwas ärgerlich darüber, daß er sich nicht bei mir abgemeldet hatte.« Sie hob eine Hand. »Oh, warten Sie. Heute morgen rief jemand James an. Ich war zufällig selbst am Apparat. Ich… nun, ich hatte den Eindruck, daß ihn das Gespräch noch mehr aus der Fassung brachte.«
»Rief ein Mann an?«
»Nein, es war eine Frauenstimme.« Sie kicherte. »Ich machte darüber eine anzügliche Bemerkung zu James, aber er reagierte nicht.« Sie winkte ein Zimmermädchen, das gerade durch die Halle ging, heran. »Sarah, Sie waren heute morgen im Zimmer, als James mit einem Mädchen telefonierte.«
»Jawohl, Madam.«
»Hatten Sie nicht auch den Eindruck, daß er nach diesem Gespräch ziemlich fassungslos war.«
»Mr. James war mit den Nerven herunter, seit er Mrs. Flinter gefunden hatte, Madam.«
»Es ist gut, Sarah! Sie können gehen.«
»Sie sind sicher, daß eine Frau den Butler angerufen hat?« fragte ich.
»Selbstverständlich. Ich sagte schon, daß ich den Anruf entgegennahm. Die Anruferin verlangte Mr. Dunbee zu sprechen, und ich hatte keine Ahnung, daß James mit Nachnamen Dunbee hieß. Alle hier im Hause rufen ihn James oder Mr. James.«
»Halten Sie es für möglich, daß James mit Gangstern zusammenarbeitete?«
Sie warf mir aus ihren sehr hellen Augen einen verwunderten Blick zu, stützte das Kinn in die Hand und erklärte: »Ich verstehe Sie nicht, G-man!«
»Glauben Sie, daß er eine falsche Aussage gemacht haben könnte, als er behauptete, die Mörderin auf den Fotos wiederzuerkennen?«
Sie richtete sich mit einem Ruck auf. »Zum Henker! Was bringt Sie auf diesen Gedanken?«
»Einfach die Tatsache, daß James Dunbee ermordet wurde.«
***
Diane Jagg saß in einer drittrangigen Caféterie und studierte New Yorks Telefonbücher. Es gab ein halbes Hundert Fernsprechteilnehmer, deren Namen mit »Diam…« begannen. Weit über die Hälfte davon waren Firmen, die irgend etwas mit Diamanten zu tun hatten. Sie hießen »New York Diamonds Enterprise« oder »Diamond Export and Import Corporation«, aber Diane glaubte, sich genau daran zu erinnern, daß die Beschriftung des Lasters nur aus einem Wort bestanden hatte. Nur in einem Fall nannte das Telefonbuch die Bezeichnung »Diamond« ohne jede weiteren Zusätze. Die angegebene Adresse war in einer Straße am Rande der Bowery.
Diane fuhr mit dem klapprigen Ford hin. Das Haus war schmal und zweistöckig. Der Eingang zum Erdgeschoß verschloß ein Rollgitter. Die nicht eingeschalteten Neonröhren über dem Eingang waren zu dem Wort »Diamond« geformt, und ein Schaukasten mit Fotos, die Girls in allen Stadien der Entkleidung zeigten, beseitigten Dianes Zweifel, daß sie es mit einem viertklassigen Striptease-Schuppen zu tun hatte. Sie zweifelte daran, die richtige Adresse erwischt zu haben. Für eine Kaschemme wird ein mittelschwerer Lieferwagen kaum benötigt.
Diane umkreiste den Block. Dabei entdeckte sie eine Toreinfahrt, die zum Hinterhof des Hauses führte. An der Mauer neben dem Eingang hing ein Schild: »Diamond — Vertrieb feinster ausländischer Spirituosen.« Offenbar befanden sich zwei Diamond-Betriebe im selben Haus, und für einen Spritvertrieb
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