Jerry Cotton - 0565 - Ein Teenager soll sterben
glaubte, meine Gegner fest im Griff zu haben, gelang es Eimer, mir einen Tiefschlag zu verpassen. Ich klappte nach vorn, direkt in Eimers hochgerissenes Knie hinein. Ich ging zu Boden.
Als ich wieder einigermaßen klar denken konnte, waren sie dabei, mich zu fesseln. Mir taten alle Knochen weh. Sie stopften mir einen Knebel in den Mund und verbanden mir die Augen. Dann trugen sie mich ins Freie und warfen mich in den Kofferraum eines Autos.
Beim Losfahren erkannte ich am sanften Schnurren der PS-starken Maschine, an der gut abgestimmten Federung und dem Volumen des Kofferraums, daß ich in einem großen und modernen Wagen lag.
Ich prägte mir die wechselnden Fahrbahneigenschaften ein, um daraus Rückschlüsse auf die Strecke zu ziehen. Nach etwa einer Stunde vermischten sich diese Eindrücke zu einem hoffnungslosen Durcheinander. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren.
Dann stoppte der Wagen am Rande der Straße. Ab und zu raste ein, Fahrzeug vorüber. Zwei meiner Gegner stiegen aus. Sie öffneten die Klappe des Kofferraums und hoben mich ins Freie, trugen mich von der Straße weg und warfen mich dann auf den Boden.
»Denk an das, was wir dir gesagt haben«, rief einer von ihnen, anscheinend der Blonde. »Das nächstemal landest du auf dem Friedhof!«
Ehe sie wieder einstiegen, hörte ich noch einmal ihr höhnisches Lachen. Dann fuhren sie los.
In meine Nase stieg ein penetranter Gestank, der nur schlecht einzuordnen war. Es war ein Geruch von Fäule und Verwesung.
Nach einiger Mühe gelang es mir, den Knebel auszuspucken, aber ich schaffte es nicht, meine Fesseln zu lösen. Ich rieb meinen Schädel so lange auf der Grasnarbe des Bodens hin und her, bis sich die Augenbinde so weit verschob, daß ich sehen konnte. Dann wälzte ich mich auf die Seite. Ich sah in der Ferne die Scheinwerfer eines Wagens auftauchen, Sie kamen näher und wischten vorüber. Im Westen wölbte sich über der großen Stadt ein Lichtdom. Die Burschen waren also mit mir in Long Island gewesen.
Meine Augen gewöhnten sich rasch an das Dunkel. Zwischen mir und der Straße befanden sich einige Büsche. Ich lag offenbar am Fuße einer Müllhalde. Ich mußte wohl oder übel warten, bis es hell wurde und man mich entdeckte.
Die Nacht war milde. Störend waren nur der Gestank und die Fesseln, die mir selbst bei der kleinsten Bewegung Schmerzen bereiteten. Trotzdem schlief ich nach etwa zehn Minuten ein.
Ich erwachte von einem drohenden Rasseln, schloß aber sofort wieder die Augen, als sich eine dichte Schmutz- und Staubwolke auf mich zuwälzte. Blechdosen kamen mit höhnischem Gekicher die Schutthalde herabgetanzt. Eine davon traf meinen Kopf.
Als sich die Staubwolke verzogen hatte, sah ich, was los war. Ein Müllwagen mit Kippvorrichtung war bis an das obere Ende der Halde gefahren und dort entleert worden. Ich schrie laut, aber das Klappern, Dröhnen und Kreischen des Kippmechanismus übertönte meine Rufe.
Dann kam ein zweiter Wagen. Niemand nahm sich die Mühe, auszusteigen und einen Blick über die Halde zu werfen. Der Fahrer setzte den Wagen so weit zurück wie möglich und befreite den Kipper von seiner schmutzigen Last.
Es war längst hell geworden. Dem Sonnenstand nach zu urteilen, war es zwischen sieben und acht Uhr. Schmutz, Glasscherben und scheppernde Blechdosen hüllten mich ein. Ich rollte mich aus der Gefahrenzone. Als ich eine zerbrochene Flasche sah, drückte ich die Handfesseln dagegen. Durch behutsames Reiben ließ ich sie aufplatzen. Der Rest war ein Kinderspiel. Ich rannte aus der Schmutzwolke weg und klopfte meinen Anzug notdürftig aus.
Mit wenigen Schritten hatte ich die Straße erreicht. Ein Lastwagenfahrer nahm mich mit. Am Rande der Stadt stieg ich in ein Taxi um und ließ mich nach Hause bringen. Dort duschte und rasierte ich mich. Dann rief ich die Dienststelle an. Mr. High war nach Washington geflogen. Ich sprach mit Phil und berichtete ihm, was ich erlebt hatte.
»Du wirst nie ein feiner Mann«, flachste er tadelnd. »Auf einer Müllhalde zu schlafen!«
»Ich frage mich ernsthaft, ob die Burschen nicht beabsichtigten, mich für immer schlafen zu legen«, sagte ich. »Sie wußten, was mich am Fuße der Schutthalde erwartete. Sie hofften, daß der verdammte Müll mich begraben und ersticken würde. Natürlich stellten sie auch die Möglichkeit in Rechnung, daß ich mich befreien könnte. Schon deshalb versuchten sie, das ganze als eine letzte Warnung hinzustellen.«
»Plädierst du auf
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