Jerry Cotton - 0587 - Der Club der grausamen Witwen
doch auch erzählen, wer hier vom Küchenfenster aus geschossen hat.«
Brodder stutzte. Plötzlich grinste er. »Sie sind eine verdammte Hexe«, meinte er belustigt. »Ein ausgekochtes Aas, Mrs. Collins. Man sollte es nicht für möglich halten. Irgendwie imponieren Sie mir. Jede andere Alte wäre längst in Ohnmacht gefallen. Sie sitzen da und trinken Kaffee.«
»Schmeckt er Ihnen?« fragte die alte Dame fast gierig.
»Ein bißchen bitter, finde ich«, meinte Glatzen-Johnny.
»Ob ich ihn zu stark gemacht habe?« fragte sich Mrs. Collins, griff nach der Kanne und schenkte die drei Tassen wieder voll, obgleich sie noch gar nicht richtig ausgetrunken waren. »Vielleicht möchten Sie ein bißchen Milch dazu?«
»Himmel, hören Sie endlich mit Ihrem Kaffee auf!« knurrte Brodder. »Wir haben doch jetzt, weiß Gott, wichtigere Dinge im Kopf. Es ist doch immerhin möglich…«
Er brach plötzlich ab und verzog schmerzlich das Gesicht.
»Was ist denn?« fragte Mrs. Collins mit unschuldiger Miene.
»Ich habe auf einmal Magenschmerzen«, knurrte Brodder. »Der Kaffee ist doch wohl zu stark für mich. Ich hatte im Gefängnis schon mal mit dem Magen…«
Er brach wieder ab und krümmte sich zusammen. Plötzlich verzog auch Glatzen-Johnny das Gesicht. Mrs. Collins nahm ihren Stock, blieb aber sitzen. In ihre Augen trat jetzt ein gespenstisches Funkeln.
»Ihr Strohköpfe«, sagte sie kalt. »Meint ihr denn im Ernst, ich ließe mich von zwei so dreckigen Typen wie euch erpressen? Ich? Ihr habt doch nicht soviel Grips in eurem Schädel wie ein Spatz auf dem Dach! Ja, jetzt krümmt ihr euch! Magenschmerzen! Ha! Wo habt ihr bloß eure Augen? In euren Tassen war schon etwas drin, bevor ich den Kaffee eingeschenkt habe. Und wißt ihr, was drin war? Hahaha, etwas, womit man Ratten umbringen kann. Und mehr seid ihr im Grunde auch nicht. Ratten, dreckige, stinkende Ratten. Ja, jetzt verdreht ihr die Augen! .Sie werden uns in Zukunft die Alibis beschwören, Mrs. Collins!' Ich! Für euch Ratten? Ja, stöhnt nur. Ihr bildet euch vielleicht ein, daß ihr brüllt wie am Spieß. Aber das stimmt nicht. Ihr stöhnt nur ein bißchen. Und ihr lauft braun und rot an in den Gesichtern. Keine Angst, es dauert nicht mehr lange. Zwei oder drei Minuten, dann ist es vorbei mit euch. Ein für allemal!«
Sie stand auf und machte einen Bogen um Slim Brodder, der gerade vom Stuhl rutschte. Glatzen-Johnny lag bereits auf dem Boden. Der Atem der beiden Vergifteten ging rasselnd. Mrs. Collins tappte an ihnen vorbei und ging ins Wohnzimmer. Für das Röcheln und Stöhnen hinter sich hatte sie nur noch eine verächtliche Miene übrig. Ihre dünnen Greisenfinger hakten wie Klauen in die Wählerscheibe des Telefons.
»Victoria?« sagte sie scharf in den Hörer. »Komm bitte sofort herüber. Es ist etwas geschehen, und ich brauche eure Hilfe. Sofort, bitte! Und bringe Sarah mit! Esther Simon verständige ich selbst. Aber beeilt euch!«
Sie unterbrach die Verbindung und erledigte den zweiten Anruf. Dann tappte sie an ihrem Stock zurück in die Küche. Schmerzverkrümmt lagen Brodder und Johnny auf dem Boden. Johnny war bereits bewußtlos, aber Brodders Lippen bewegten sich. Es sah aus, als wollte er der alten Frau etwas sagen. Sie betrachtete ihn kalt. Aber von den zitternden Lippen kam kein Laut mehr. Nur ein dünner Schaum erschien zwischen den Zähnen.
Mrs. Collins brachte die benutzten Tassen zur Spüle. Sorgfältig wusch sie Tassen und Kanne aus, trocknete alles ab und stellte das Geschirr zurück in den Küchenschrank, wo ein ganzes Dutzend der alten Tassen säuberlich in der Reihe stand. Als sie damit fertig war, hörte sie vor ihrem Haus das Schlagen von Autotüren. Mit ihrem Stock eilte sie nach vorn. Victoria Elisabeth Patrick und Sarah Wineberg waren gerade mit einem Taxi vorgefahren. Mrs. Collins öffnete den alten Damen die Tür.
»Mein Gott, Virginia!« rief die robuste Wineberg und atmete eine Wolke Gindunst aus. »Was ist denn passiert?«
»Kommt herein! Setzt euch ins Wohnzimmer. Ich bleibe an der Tür, bis Esther eintrifft. Sie muß auch jeden Augenblick kommen. Nein, Sarah, ins Wohnzimmer habe ich gesagt!«
Während die beiden Gäste im Wohnzimmer Platz nahmen, blieb Mrs. Collins in der Diele stehen und blickte nachdenklich auf die große alte Truhe. Endlich, als auch die dritte Besucherin erschienen war, erzählte Mrs. Collins ihren Freundinnen, was- geschehen war.
»Die beiden widerlichen Kerle wollten mich erpressen«, schloß
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