Jerry Cotton - 2907 - Blei ist keine Waehrung
Stellwänden gebildeten Abteil mit mehreren Stühlen und einem großen Monitor. An einer der Stellwände klebten großformatige Ausdrucke mit Fotos der Überwachungskameras. Sie zeigten Gesichter, von denen ich einige aus den Akten kannte. Lombardi. Vaccaro. Hart.
Anderen war ich bereits persönlich begegnet. Miller war dabei. Und jener Paul Callum, den Phil angeschossen hatte. Und der hagere Typ, der entkommen war. Er hieß Mario Lucretti. Gut zu wissen, dachte ich.
Queenan setzte sich an eine Tastatur und begann zu tippen.
»Viel Aufwand, um Lombardi festzunageln, oder?«, meinte Phil. »Geben die Unterlagen seiner Buchführung nicht genug her?«
»Was glauben Sie, was wir die letzten Jahre getan haben? Aus den Steuererklärungen wissen wir auf den letzten Penny genau, was Lombardi einnimmt, wir wissen auf die Unze genau, was die Firma an Waschmitteln verbraucht, wie viele Gallonen Treibstoff, jeden Dollar, den er an Löhnen zahlt, alle Einnahmen und Ausgaben …«
»Und trotzdem hinterzieht er Steuern«, sagte Phil verständnisvoll.
»Steuerhinterziehung!« Queenan schüttelte belustigt den Kopf. »Er zahlt zu viel Steuern! Lombardi unterbietet alle Wettbewerber im Umkreis von vierhundert Meilen, aber der Bastard versteuert Millionengewinne.«
Ich verstand. Die Fahnder zählten zusammen, was an Schmutzwäsche hereinkam und wieder hinausging. Was dafür an Einnahmen verbucht wurde, war mehr, als er für die Dienstleistungen berechnete.
»Er wäscht also Geld«, sagte ich.
»Buchstäblich. Und nicht zu knapp. Wir wollen an die Banker heran, bei denen die Gewinne landen und die sie in den legalen Kreislauf schleusen. Lombardi ist dabei nur eine unbedeutende Schaltstelle.«
Queenan deutete auf den großen Monitor. Dort lief jetzt die Aufzeichnung der Bewegungen vom vergangenen Freitag.
Im grellen Schein der Neonlampen war jedes Detail gut zu erkennen. Lieferwagen verschiedener Größe bogen auf den Platz an der Südseite des Geländes ein, dockten an einem freien Tor an, fuhren nach wenigen Minuten wieder ab. An der Nordseite wurden Paletten mit gewaschener Wäsche durch zwei breite Tore auf die Ladeflächen gerollt. Es herrschte ein nahezu ununterbrochenes Kommen und Gehen. Erst gegen zwei Uhr in der Nacht ließ der Betrieb deutlich nach.
Die mitlaufende Zeitanzeige am unteren Bildrand stand auf 3.08 Uhr, als ein schneeweißer Truck das hintere Ende des Geländes ansteuerte.
»Da, Tor acht, das ist so ein Wagen. Direkt aus Chicago. Voll mit dreckigen, stinkenden Dollarnoten. Cotton, was glauben Sie, was wir hier machen? Heute Abend irgendwann geht auf der anderen Seite ein Tor hoch, dann geht die Ladung sauber wie Bettwäsche aus Mutters Waschkessel ab nach Atlantic City oder Miami. Und ein paar hunderttausend Dollar landen auf Lombardis Firmenkonto.«
Der Fahrer rangierte das Fahrzeug gegen die schwarze Gummimanschette, die sich automatisch mit der Heckklappe verband. Der Fahrer stieg aus und verschwand durch eine Tür neben dem Tor im Gebäude.
»Stopp!«, sagte Phil plötzlich.
Da war eine Gestalt. Wie aus dem Nichts. Huschte geduckt über den jetzt menschenleeren Platz.
Queenan hielt das Bild an, ließ es ruckweise weiterlaufen.
»Das ist er«, sagte Phil. »Teddy Stevens.«
Der Junge sah sich um, dann schlüpfte er durch eine Tür. Und war verschwunden.
Ich stieß den Atem aus. »Schauen wir, wann er wieder rauskommt«, sagte ich.
»Wenn überhaupt.«
Zwanzig Minuten später, nach einem Schnelldurchlauf, der den Rest der Nacht bis zum frühen Morgen über den Bildschirm flimmern ließ, als es schon hell geworden war und der Lieferbetrieb zunahm, rollte ein roter Kombi hinter der langgestreckten Mauer hervor, die das Firmengelände zur 21st Street begrenzte. Dahinter lagen der Parkplatz für die Mitarbeiter und eine Halle, in der die firmeneigenen Fahrzeuge gewartet wurden.
Der Kombi bog in die 21st Street ein und verschwand dann Richtung Newtown Avenue aus dem Erfassungsbereich der Kameras.
»Jede Wette, dass der Junge da drin liegt«, sagte ich leise.
Ich sah mich nach Phil um, doch der hatte sich unbemerkt zurückgezogen. Ich sah ihn zusammen mit einem der Steuerfahnder im hinteren Teil des Raumes vor einer Pinnwand, an der die Gebäudepläne des Lombardi-Geländes hingen.
Ich wandte mich an Queenan. »Der nächste Transport geht heute Abend, sagten Sie?«
Queenan nickte.
Was ich dachte, war mehr als eine Ahnung. Die Jungs um Billy Jordan wollten sich die Kohle greifen. Dass es
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