Jerry Cotton - 2908 - Die Fackel der Vergeltung
des Wagens, rollte sich auf der anderen Seite ab, stand auf, schwankte und lief dann weiter.
Ich hatte ihn nicht stoppen können, aber immerhin war Phil so in der Lage gewesen, aufzuholen.
Oulders lief von der Straße weg, zwischen zwei Häusern durch. Dort konnte ich ihn mit dem Wagen nicht verfolgen. Ich entschied mich auszusteigen und den beiden zu Fuß zu folgen.
Da ich gerade erst loslief, war ich noch frisch und holte schnell auf. Aber auch Phil kam Oulders immer näher. Als der Verfolgte in eine Sackgasse geriet, versuchte er einen knapp sieben Fuß hohen Drahtzaun zu überwinden und scheiterte kläglich. Als er das erkannte, drehte er sich um, fixierte Phil und nahm eine Kampfposition ein.
»Mister Oulders, hören Sie auf damit, Sie bringen sich nur tiefer in Schwierigkeiten«, sagte Phil und versuchte ihn zu beruhigen.
Doch Oulders hörte nicht auf meinen Partner, sondern stürmte auf ihn los. Phil reagierte blitzschnell und wich ihm aus. Oulders stolperte an ihm vorbei und lief mir quasi direkt in die Arme. Ich machte einen Schritt zur Seite, packte ihn von hinten an den Schultern und wirbelte ihn herum, wobei ich den Schwung seines eigenen Körpers ausnutzte. Dann drückte ich ihn auf den Boden.
Phil war sofort zur Stelle und legte ihm Handschellen an.
»So, das hätten wir«, sagte er und wandte sich an Oulders. »Warum sind Sie denn wie von der Tarantel gestochen weggelaufen?«
Oulders verzog zornig das Gesicht. »Reflexhandlung. Ich habe schon mit Bullen keine guten Erfahrungen gemacht. Was, glauben Sie, erwarte ich dann von Feds?«
»Offenbar nichts Gutes«, antwortete ich für ihn.
Wir brachten ihn in sein Haus zurück und schauten uns dort um. In der Garage fanden wir zwei leere Benzinkanister. Das war ein Indiz, aber kein Beweis.
Als wir weiter nichts fanden, was für unsere Ermittlungen von Interesse war, brachten wir Oulders zum FBI Field Office.
»Wo waren Sie in den letzten vier Nächten?«, fragte ihn Phil zu Beginn des Verhörs.
»In meinem Haus«, antwortete Oulders. »Und? Ist das etwa eine Straftat?«
»Nicht, wenn’s stimmt«, erwiderte Phil und legte einen Ausdruck der Texte von Oulders’ Blog auf den Tisch. »Und was hat es hiermit auf sich?«
Oulders beugte sich nach vorne und überflog die Zeilen.
»Ah, darum geht es also«, sagte er und grinste. »Hätte nicht gedacht, dass sich das FBI für einen Blogger wie mich interessiert, der im Internet einfach nur seine Gedanken zum Ausdruck bringt. Falls Sie es vergessen haben: In diesem Land herrscht immer noch Meinungsfreiheit.«
»Das haben wir sicher nicht vergessen«, sagte ich. »Tatsächlich ist es Teil unseres Jobs, diese zu bewahren. Und es geht auch nicht darum, was Sie geschrieben haben, sondern darum, was Sie getan haben.«
»Getan?«, fragte der Verdächtige überrascht und dann dämmerte es ihm. »Mann, Sie glauben doch nicht wirklich, dass ich etwas mit den Brandanschlägen zu tun habe.«
»Die Idee kam uns«, erwiderte ich. »Und die Tatsache, dass Sie bei unserem Erscheinen wie von Furien gehetzt abgehauen sind, hat unseren Verdacht noch bestärkt.«
»Ich habe mit den Bränden nichts zu tun, aber auch gar nichts!«, stammelte Oulders. »Und Sie können mich nicht wegen etwas festhalten, das ich nicht getan habe.«
»Das ist teilweise richtig«, bestätigte ich. »Der Verdacht, dass Sie eine Straftat begangen haben, reicht uns schon. Aber reden wir nicht mehr über rechtliche Grundlagen. Fassen wir zusammen: Sie haben für die Tatzeiten kein Alibi und haben – wenn man Ihre Äußerungen im Internet zugrunde legt – ein Motiv. Was wir jetzt nur noch brauchen, ist ein Geständnis.«
»Darauf können Sie lange warten!«, fauchte Oulders. »Ich will meinen Anwalt sprechen, vorher sage ich kein Wort mehr.«
Und er hielt sein Versprechen. Von diesem Moment an war er stumm wie ein Fisch.
»Dann warten wir, bis sich der Herr Advokat eingefunden hat«, meinte Phil. »Ich bestelle am besten etwas zu essen und mache einen gründlichen Background-Check. Vielleicht gibt es ja etwas in Oulders’ Vergangenheit, von dem wir wissen sollten.«
***
Der Anwalt – ein kleiner Mann mit teurem Anzug – kam etwa eine Stunde später. Er unterhielt sich mit seinem Mandanten gut zwanzig Minuten, bevor er wieder aus dem Verhörzimmer kam und mit uns sprach.
»Mein Mandant ist unschuldig«, erklärte er. »Sofern Sie keine gegenteiligen Beweise vorweisen können, muss ich Sie auffordern, ihn auf freien Fuß zu setzen.
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