Jerry Cotton - 2918 - Der Blackout-Plan
Wohnungstür standen und dreimal geklingelt hatten, machte er uns in einem Morgenmantel auf und wirkte, als wäre er gerade aus dem Bett gekommen.
»Was ist?«, fragte er.
»Wir haben noch ein paar Fragen zum Tod von Chase Morton an Sie.«
»Wüsste nicht, was ich Ihnen noch erzählen könnte«, murmelte er.
»Können wir kurz hereinkommen?«
»Bitte!«
Er führte uns ins Wohnzimmer. Auf dem Weg dorthin sah ich durch die offen stehende Tür seines Arbeitszimmers, dass der Rechner eingeschaltet war.
»Ihr Computer geht wieder?«, fragte ich.
»Ja. Obwohl Chase ja jetzt nichts mehr dran machen konnte. Aber es ist alles wieder paletti. Wie von selbst!« Randy Brackman zuckte mit den Schultern. »Muss ja auch! Ich hätte die Kiste ja schon am liebsten auf den Müll geworfen, aber da sind alle meine Daten drauf, und das wäre ziemlich unangenehm für mich geworden.« Er rieb sich die Nase. Sie sah entzündeter aus als bei unserer letzten Begegnung. Die Sessel und die Couch in seinem Wohnzimmer waren mit Kleidungsstücken bedeckt. Auf dem Tisch befand sich eine angegessene Pizza und ein paar Dosen Bier. Zum Hinsetzen lud die Umgebung nicht gerade ein. Ich zeigte ihm eines der Tatortfotos der Toten aus der Bronx.
»Meine Güte, die hat es aber übel erwischt. Ist die tot?«
»Ihre Leiche wurde heute gefunden«, sagte ich. »Kennen Sie die Frau, Mister Brackman?«
»Wieso sollte ich?«
»Sehen Sie genau hin. Könnte es sein, dass Sie die Betreffende mal in Begleitung von Chase Morton gesehen haben?«
Er nahm mir das Mobiltelefon aus der Hand, hielt es sich näher ans Gesicht und verengte die Augen. »Jetzt, wo Sie mich darauf bringen …«
»Ja, und?«
»Das ist Kelly. Ich glaube, Chase hatte was mit ihr.«
»Wissen Sie, wie diese Kelly weiter heißt?«
»Sie hat eine Weile bei Chase gewohnt. Aber wie sie vollständig heißt, das weiß ich nicht.«
»Wie lange hat sie denn bei Chase Morton gewohnt?«
»Nicht lange. Ehrlich gesagt kann ich das auch gar nicht genau sagen. Sie war mal ein paar Tage hier und dann hat man sie eine Weile nicht mehr gesehen. Allerdings bekam sie zum Schluss ihre Post hierher. Und vor einer Woche etwa ist sie dann verschwunden und nicht wieder aufgetaucht.« Er zuckte mit den Schultern. »Muss wohl irgendeinen Streit zwischen den beiden gegeben haben, schätze ich mal. Ich meine, das ist ja nun wirklich nichts Ungewöhnliches! Zwei Menschen denken, sie können es für immer zusammen aushalten, und dann gehen sie sich nach kurzer Zeit schon auf den Geist, dass die Fetzen fliegen.«
»Wir müssen unbedingt wissen, wer sie war«, sagte ich.
»Hat derjenige, der Kelly umgebracht hat, auch Chase auf dem Gewissen?«
»Davon gehen wir zurzeit aus, ja«, bestätigte ich.
Randy Brackmans Gesicht veränderte sich. Auf seiner Stirn erschien eine V-förmige Falte. »Mir fällt da gerade etwas ein«, meinte er. »Warten Sie mal …«
Er ging hinüber ins Arbeitszimmer. Auf dem Rechner lief ein Fantasy-Online-Spiel. Nach Arbeit sah das für mich nicht unbedingt aus. Plötzlich wurde der Bildschirm dunkel und eine Fehleranzeige wurde sichtbar.
Randy Brackman hatte inzwischen einen Briefumschlag unter einem Stapel anderer Post hervorgeholt. Als er jetzt zum Bildschirm sah, wirkte er fassungslos. »Oh, nein, nicht schon wieder!«
»Ich dachte, es funktioniert wieder alles«, meinte Phil.
»Ja, dachte ich auch. War aber wohl ein Irrtum.« Er gab mir den Umschlag. »Das ist heute gekommen. Diese Kelly wohnt zwar nicht mehr hier, aber manchmal landete Post, die eigentlich in Chase’ Briefkasten gehörte, bei mir.«
Der Brief war an eine gewisse Kelly Marie Armstrong adressiert. Es handelte sich um die Rechnung eines Online-Versands über ein paar Schuhe.
»Immerhin wissen wir nun, wer sie ist«, sagte Phil.
***
»Kelly Marie Armstrong, 28 Jahre alt, wurde wegen Betrug verurteilt«, las Phil mir aus dem Dossier vor, das wir über die Tote aus der Bronx mit unserem Bordrechner über das Datenverbundsystem NYSYS aufrufen konnten.
»Lass mich raten: Es ging um Kreditkarten?«, vermutete ich.
»Nein, um Identitätsdiebstahl. Sie hat durch ein paar Tricks schlicht und ergreifend auf Kosten anderer Leute Waren bei Online-Versendern bestellt. Sie hatte noch Bewährung. Deswegen ist hier eine Adresse angegeben.«
»Dann würde ich sagen, wir fahren dort mal hin«, meinte ich.
»Nicht gerade die beste Zeit am Tag, um quer durch die Stadt zu fahren«, gab Phil zurück. »Aber selbst wenn sie
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