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Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)

Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition)

Titel: Jesus von Nazareth: Prolog - Die Kindheitsgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI.,
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wohl nicht aus. Gnilka hat wahrscheinlich recht, wenn er sagt, dass Matthäus damit an die Jungfrauengeburt erinnert und Jesus als Gottessohn kennzeichnet (vgl. a. a. O., S. 40).
    Die Weisen vollziehen vor dem Königskind die Proskynese, das heißt, sie werfen sich vor ihm auf den Boden. Dies ist die Huldigung, die vor einem Gott-König vollzogen wird. Von da aus erklären sich dann auch die Gaben, die die Weisen darbringen. Es sind keine praktischen Geschenke, wie sie wohl für die heilige Familie in diesemAugenblick nützlich gewesen wären. Die Gaben drücken das Gleiche aus wie die Proskynese: Sie sind Anerkennung der königlichen Hoheit dessen, dem sie dargebracht werden. Gold und Weihrauch werden auch in Jes 60,6 als Gaben der Huldigung genannt, die die Völker dem Gott Israels darbringen werden.
    Die kirchliche Überlieferung hat – mit verschiedenen Varianten  – in den drei Geschenken drei Aspekte des Christus-Mysteriums dargestellt gefunden: Das Gold weise auf Jesu Königtum hin, der Weihrauch auf die Gottessohnschaft, die Myrrhe auf das Geheimnis seiner Passion.
    In der Tat erscheint die Myrrhe im Evangelium des heiligen Johannes nach dem Tod Jesu: Der Evangelist erzählt uns, dass Nikodemus für die Salbung des Leichnams Jesu unter anderem auch Myrrhe bereitgestellt habe (Joh 19,39). So rückt durch die Myrrhe das Geheimnis des Kreuzes wiederum mit dem Königtum Jesu zusammen und kündigt sich geheimnisvoll schon in der Huldigung der Weisen an. Salbung ist ein Versuch, dem Tod entgegenzuwirken, der erst in der Verwesung seine Endgültigkeit erhält. Als die Frauen am Ostermorgen zum Grab kamen, um die Salbung vorzunehmen, die wegen des hereinbrechenden Festtags am Abend der Kreuzigung nicht mehr hatte stattfinden können, war Jesus schon auferstanden: Er bedurfte der Myrrhe als Mittel gegen den Tod nicht mehr, weil Gottes Leben selbst den Tod überwunden hatte.

Flucht nach Ägypten und Heimkehr ins Land Israel
    N ach dem Ende der Geschichte von den Weisen tritt als Hauptträger des Geschehens wieder der heilige Josef auf den Plan, der freilich nicht aus Eigenem, sondern gemäß den Weisungen handelt, die er erneut im Traum von Gottes Engel empfängt. Er wird beauftragt, eilig aufzustehen und das Kind und seine Mutter zu nehmen, nach Ägypten zu fliehen und dort bis zu einer neuen Weisung zu bleiben, „denn Herodes will das Kind suchen und es umbringen“ (Mt 2,13).
    Herodes hatte im Jahr 7 v. Chr. seine Söhne Alexander und Aristobul hinrichten lassen, da er von ihnen seine eigene Macht bedroht fühlte. Im Jahr 4 v. Chr. hat er aus dem gleichen Grund auch noch seinen Sohn Antipater beseitigt (vgl. Stuhlmacher, a. a. O., S.  85). Er dachte allein in den Kategorien der Macht. Die Nachricht von einem Thronprätendenten, die er von den Weisen empfangen hatte, musste ihn alarmieren. Bei seinem Charakter war es klar, dass er vor nichts zurückschrecken würde.
    „Als Herodes merkte, dass ihn die Sterndeuter getäuscht hatten, wurde er sehr zornig, und er ließ in Bethlehem und der ganzen Umgebung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren töten, genau der Zeit entsprechend, die er von den Sterndeutern erfahren hatte“ (Mt 2,16). Zwar wissen wir aus nichtbiblischen Quellen nichts über diesen Vorgang, aber angesichts aller Grausamkeiten, die Herodes sich zuschulden kommen ließ, beweist das nicht, dass diese Untat nicht stattgefunden hätte. Rudolf Pesch zitiert dazu den jüdischen Autor Abraham Schalit: „Der Glaube an die unmittelbar bevorstehende Ankunft oder Geburt desmessianischen Königs lag damals in der Luft. Der argwöhnische Despot spürte überall Verrat und Feindschaft, und ein vages zu ihm gedrungenes Gerücht kann seinem kranken Geist sehr wohl den Gedanken eingegeben haben, die neugeborenen Kinder zu töten. Der Befehl hat somit nichts Unmögliches an sich“ (a. a. O., S. 72).
    Die historische Tatsächlichkeit des Geschehens wird freilich von einer Anzahl von Exegeten von einer anderen Erwägung her in Frage gestellt: Hier begegne man dem weitverbreiteten Motiv des verfolgten Königskindes, das in der zeitgenössischen Literatur, auf Mose angewandt, eine Form gefunden habe, die man als Modell für diese Jesusgeschichte ansehen dürfe. Die meisten der angeführten Texte überzeugen freilich nicht und sind überwiegend auch jünger als das Matthäus-Evangelium. Am nächsten dazu steht zeitlich und sachlich die von Flavius Josephus überlieferte Mose-Haggada, die der

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