Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch
verließ Paulus Antiochia.
Zu Paulus’ Lebzeiten konnte der Konflikt zwischen Judenchristen und Heidenchristen nie ganz ausgeräumt werden. Vor allem die Juden machten Paulus das Leben schwer. Orthodoxen Tora-Gläubigen war es ein Dorn im Auge, dass Jesus als Messias gepriesen wurde. Außerdem sahen sie durch die aufstrebende Konkurrenz ihre von der römischen Obrigkeit gewährten Sonderrechte gefährdet. Die Juden genossen zum Beispiel Versammlungsfreiheit und mussten nicht den römischen Gottheiten opfern. Missionsarbeit lag ihnen sowieso fern. Für viele Juden wird nun gerade Paulus, der Apostel der Unbeschnittenen, zu einer verhassten Figur. Immer wieder wird der Missionar auf Betreiben der jüdischen Gemeinden aus römischen Städten ausgewiesen oder muss fliehen, um sein Leben zu retten. Zuletzt, als er mit einer von seinen Gemeinden gesammelten Kollekte nach Jerusalem reist, um die Armen der dortigen Gemeinde zu unterstützen, wird er auf Drängen der Juden von den Römern verhaftet und in der Hafenstadt Cäsarea interniert.
Paulus beruft sich gegenüber dem römischen Statthalter auf sein Bürgerrecht, weshalb dieser ihn als »freien Gefangenen« nach Rom schickt, damit der Kaiser über ihn richte. Paulus lebte laut Apostelgeschichte in Rom zwei Jahre in einem milden Arrest. Ob er anschließend wirklich hingerichtet wurde, wissen wir nicht genau, auch nicht das genaue Todesdatum (wahrscheinlich 64 oder 67 n. Chr.). Die Berichte über sein Martyrium stammen von Kirchenvätern aus dem zweiten Jahrhundert. Schon zu Beginn seiner Missionstätigkeit, während seiner ersten Reise, war Paulus einmal nur mit knapper Not dem Furor zweier erzürnter jüdischer Gemeinden entronnen. Der Ort seines damaligen Martyriums hieß Lystra. Ungefähr 30 Kilometer südwestlich der heutigen zentralanatolischen Großstadt Konya, dem antiken Ikonion, ist auf der Karte eine archäologische Stätte namens Lystra eingezeichnet.
Im Dorf Hatunsaray, neben dem Lystra liegen soll, wiegen die alten Männer vor dem Teehaus bedächtig die Köpfe. »Kilistra« gebe es. »Dort stehen die Ruinen einer alten Kirche, ungefähr sechs Kilometer entfernt«, heißt es im Teehaus. Der Ort, an dem Paulus nur knapp seinem vorzeitigen Ende entging, soll aber eindeutig Lystra heißen – und tatsächlich findet sich auch noch ein kleines Hinweisschild, auf dem steht, Lystra sei nur zwei Kilometer entfernt. Allein, mit dem Auto ist kein Lystra zu finden, auch zu Fuß auf unwegsamen Feldwegen nicht. Erst der Imam einer kleinen Moschee am Wegesrand weiß Bescheid: »Evet Lystra orada« – ja, Lystra ist dort. Er deutet auf eine nahe Anhöhe, die sich auf den ersten Blick in nichts von den anderen Hügeln unterscheidet, die sich hier über den abgebrannten Stoppeln der Weizenfelder erheben. Erst bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass viele von Menschenhand bearbeitete Steine über den Hügel verstreut sind. Die Besucher stehen auf einem Tumulus, dem Schutt längst untergegangener Siedlungen. Laut der Apostelgeschichte war Lystra im 1. Jahrhundert ein überwiegend von griechischen Bauern bewohnter Ort. Als Paulus und sein Begleiter Barnabas in Lystra ankamen, waren die beiden regelrecht auf der Flucht.
Der Grund dafür war ein Zwischenfall in Ikonion. Das ungefähr 100 Kilometer von Antiochia in Pisidien entfernte Handelszentrum war nach der Vertreibung von dort für Paulus und Barnabas die nächste größere Stadt, die sie erreichten. Paulus verkündigte nun im Hause einer wohlhabenden Familie so leidenschaftlich das Evangelium, dass Thekla, eine junge Frau aus dem Nachbarhaus, sich den Nachfolgern Christi anschloss. Quelle dieser Geschichte sind vor allem die sogenannten Paulusakten, eine Sammlung frommer Erzählungen aus dem 2. Jahrhundert. Für die Familie war Theklas Bekehrung ein Schock. Die Tochter war mit einem Mann aus gutem Haus verlobt, die Hochzeit bereits arrangiert und nun das. Wutentbrannt zeigte Theklas Verlobter Paulus bei der römischen Obrigkeit als Aufrührer an. Paulus wurde aus der Stadt gejagt, Thekla zum Tode verurteilt. Doch nach der Legende wurde sie von Gott gerettet. Thekla soll sich in einer Grotte nahe dem heutigen Silifke niedergelassen haben und galt später als erste weibliche Heilige der jungen Kirche.
Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren. Aber um Unzucht zu vermeiden, soll jeder seine eigene Frau haben und jede Frau ihren eigenen Mann. Der Mann leiste der Frau, was er ihr schuldig ist, desgleichen die Frau
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