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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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Union, vor dem Leute rumstehen und warten, unter anderem leuchtend rote und weiße Leute von zu Hause. Einer der Angestellten hat mich sofort erblickt.
    »Äh - ich erwarte eine Überweisung aus Houston, Texas.«
    »Name?« fragt der Angestellte.
    Ich beginne mit der Berechnung von Pi. »Äh - ich bin mir nicht sicher, an wen sie es geschickt hat ... «
    »Haben Sie das Paßwort?« fragt der Typ. Fuck. Ich spüre, wie sich eine Schlange hinter mir bildet.
    »Ich ruf lieber an und frag noch mal«, sag ich und trotte vom Schalter weg.
    Die Leute schauen mich komisch an, also trotte ich einfach weiter, raus aus dem Gebäude. Aus dem Kühlschrank zurück in den verdammten Backofen. Ich muß unbedingt Taylor erreichen. Vielleicht hat sie's gar nicht losgeschickt, nachdem sie das mit dem Paßwort gehört hat. Das Guthaben auf meiner Telefonkarte beträgt null, ich kann noch nicht mal Pelayo anrufen. Vegas stottert in meinem Hintern. Dann steht es still.
    Ich laufe den Boulevard entlang, bis ich ein Telefon finde. Ich hab keine Ahnung, ob man von überall R-Gespräche führen kann, egal, mit wem. Ich weiß nur, daß es im Fernsehen geht, und entscheide mich, es zu probieren. Beim Reden rinnt Schweiß von meinem Mund zur Frau vom Amt, aber wenigstens spricht sie Englisch. Dann läuft der Schweiß von meinem Ohr in die Leitung, während sie mir erklärt, daß diese Handynummer nicht per RGespräch erreichbar ist. Als ich den Hörer vom Ohr nehme und einhänge, rutschen die aufgestauten Schweißmassen ab, krachen wie ein Wasserfall auf meine Schulter und fließen heulend auf die Straße. Und anschließend wahrscheinlich zurück ins verdammte Meer.
    Es kotzt mich so unglaublich an, ehrlich! Diese ganzen wohlerzogenen Lügner und Betrüger kriechen heut abend in ihre eigenen scheiß Betten, und das einzige, worüber sie sich Gedanken machen müssen, ist, wie sie morgen ihre eigenen Leute am besten übers Ohr hauen. Während ich in Surinam feststecke und mir tausend Sachen zur Last gelegt werden, die zu Hause gerade in einer ordentlichen Reihe Aufstellung nehmen. Der Zorn treibt mich zum Western-Union-Schalter zurück. Ich bin der einzige Kunde. Der Angestellte blickt auf.
    »Ich find das Paßwort nicht«, sage ich ihm.
    »Wie war der Name?«
    »Vernon Little.« Ich warte darauf, daß seine Augen brauen von seinem Kopf wegfliegen. Sie bleiben, wo sie sind, er mustert mich nur einen Moment lang.
    »Wieviel erwarten Sie?«
    »Sechshundert Dollar.«
    Er tippt auf seiner Tastatur herum und schaut auf den Bildschirm. Dann schüttelt er den Kopf. »Tut mir leid, nichts gekommen.« Ich halte einen Moment inne, um die Tiefe des Abgrundes zu berechnen, vor dem ich stehe. Dann sehe ich, wie sein Blick über meine Schulter hinweggeht.
    Eine Nanosekunde später umfaßt jemand meine Hüften. »Keine Bewegung!« sagt eine Stimme.
achtzehn
    Mein Arsch schießt mir in die Kehle. Ich reiß mich aus der Umklammerung los und stürze taumelnd zum Ausgang, auf Beinen, die verdreht und wacklig sind wie Spiralen. Kunden bleiben stehen und glotzen.
    »Happy Birthday!« Taylor?
    In Erwartung schwerer Artillerie drehe ich mich um. Aber es ist wirklich nur Taylor. Der Angestellte am Schalter des Telegrafenbüros beobachtet schmunzelnd, wie sie einen Arm um meine Hüfte legt und mich zitternd nach draußen führt.
    »Du hast die Infos für die Geldsendung nicht abgewartet, Dummerchen - das Paßwort zum Beispiel.«
    »H-hmm, also hast du mal eben den nächsten verdammten Flug genommen.«
    »Wortwahl, Killer!«
    »'tschuldigung.«
    »Ich konnte dich ja nicht auf dem trockenen sitzenlassen, oder? Außerdem ist grad eh alles nicht so toll zu Hause, und das ist mein Urlaubsgeld - ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn wir splitten. Hier sind dreihundert, wir überlegen uns später, wie wir das machen ...«
    »Ich werd's mir einteilen. Woher weißt du eigentlich, daß ich Geburtstag hab?«
    »Wie bitte? Die ganze Welt weiß, daß du Geburtstag hast.«
    Dann beginnt die Realität der Ereignisse in meinem Gehirn zu prickeln. Taylor ist hier. Ich hab ein Strandhaus gefunden, und Taylor ist hier, und sie hat Geld dabei. Worauf ich stolz sein kann, ist, daß ich mich von der Flut der Glückshormone nicht dazu hinreißen lasse, an Blumen zu riechen oder »Ich liebe dich« zu sagen. Ich hab mich im Griff wie ein Mann.
    »Wart ab, bis du siehst, wo wir wohnen«, sagt Taylor und zieht mich die Straße entlang. »Das heißt, falls sie dich reinlassen - du siehst aus wie

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