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Jillian Hunter

Jillian Hunter

Titel: Jillian Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viel Lärm um Stratfield
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wiederholte sie in Gedanken indigniert, dann schlug sie ihm mit dem Hinterkopf noch einmal kräftig gegen die Schulter. Das war ein Fehler. Er umfasste ihre Tail- le noch fester, bis ihr keine Wahl blieb, als jeden Widerstand aufzugeben und zuzulassen, dass er sie auf ihr eigenes Bett legte. Sobald er sich mit einem unbarmherzigen Gesichtsaus- druck über sie beugte, senkte sie den Blick und bereitete sich auf das Schlimmste vor. Als dann einige Minuten verstrichen, ohne dass etwas geschah, fand sie langsam den Mut, zu ihm aufzublicken.
    Ihre Blicke trafen sich in einvernehmlicher Wiedererken- nung, seine grauen Augen glitzerten voller Ironie, gemischt mit etwas, was möglicherweise sogar Schmerz hätte sein kön- nen.
    Es war der Geist von Stratfield, erkannte sie mit einer Mi- schung aus Erleichterung und Angst. Der Schrecken des Dor- fes. Die Freude der einsamen Damen von Chistlebury. Der Mann, dessen Kuss sie in ihren geheimsten Träumen verfolgt und erregt hatte. Der, um den sie und die Hälfte der Damen von Chistlebury heimlich getrauert hatten. Ihr Galahad mit den schwermütigen grauen Augen. Aber er wirkte so anders.
    Er war genauso wenig tot wie sie. Sie konnte spüren, wie er- hitzt er war, vermutlich hatte er Fieber. Sein Atem ging flach und ungleichmäßig. Es war eine Tatsache, dass der arrogante Mann, der ganz Chistlebury in Atem hielt, grauenhaft aussah, ja, auch geisterhaft, und er musste zehn Pfund abgenommen haben seit dem Tag, an dem sie ihn zuletzt gesehen hatte. Sei-

ne Haut hatte inzwischen eine ungesunde, aschgraue Farbe. Kurze Bartstoppeln verliehen seinen kantigen Gesichtszügen etwas Mageres, Gefährliches.
    Sein Ausdruck war hart und unversöhnlich. Obwohl sie sei- ne Identität kannte und wusste, dass er ein Mann von Rang und ein Nachbar war, beruhigte sie das nicht. Diese Inkarna- tion Dominic Brecklands sah aus wie ein Mann, der am Rande der Verzweiflung stand. Ein Mann, der zu allem fähig war.
    „Erinnern Sie sich an mich?", flüsterte er schroff.
    Sie nickte, und ihr wurde bewusst, dass sie immer noch bebte. Auch seine heisere, raue Stimme war kein bisschen be- ruhigend.
    „Sie - Sie haben mich aus dem Regen gerettet. Ja, ich erin- nere mich."
    „Ich habe Sie gerettet. Aus dem Regen."
    Er hielt einen Herzschlag lang inne. Seine grauen Augen ver- engten sich, und er blickte sich in dem Raum um, als wollte er seine Umgebung abschätzen. Chloe war sich seiner so inten- siv bewusst, seines männlichen Körpers, dass sie sich fühlte, als würde sie auf eine merkwürdige Weise mit ihm verschmel- zen. Und als er wieder zu ihr sprach, war sie so überrascht, dass sie die ironische Belustigung in seiner Stimme beinahe nicht bemerkt hätte.
    „Jetzt scheinen Sie an der Reihe zu sein."
    Sie biss sich auf die Lippen. „Womit an der Reihe?"
    „Mich zu retten."
    „Zu ..." Bevor sie zu Ende sprechen konnte, verlor er das Bewusstsein und fiel schwer auf ihren angespannten Körper, sein dunkles Gesicht an ihres geschmiegt wie das Antlitz ei- nes Liebhabers in der Nacht. Starr vor Schreck lag Chloe un- ter ihm und fragte sich mit seltsam unbeteiligter Angst, was wohl mit ihrem Ruf geschehen würde, wenn man sie mit dem Geist von Stratfield im Bett erwischte.
    Lange Zeit lag sie reglos in dieser merkwürdigen Stellung da und hoffte und befürchtete gleichermaßen, dass sie unter einem Toten gefangen war. Als sich ihre Nerven endlich so weit beruhigt hatten, dass sie wieder vernünftig denken und handeln konnte, stellte sie fest, dass er noch lebte. Zumindest

konnte sie seinen Atem in ihrem Haar spüren. Sie versuchte, ihre Hand unter seinem Hüftknochen wegzuziehen. Aus sei- ner Kehle drang ein tiefes, warnendes Grollen.
    Seine Finger waren immer noch in ihrem Haar vergraben. Von seinem Gewicht wurde sie in die Kissen gedrückt. Selbst wenn er halb tot war, konnte sie doch die Kraft spüren, die in dem muskulösen Oberkörper und den Beinen schlummerte, die sie gefangen hielten.
    „Bitte gehen Sie jetzt von mir herunter", flüsterte sie und schluckte den Kloß herunter, der sich in ihrem Hals bildete. Vorsichtig drückte sie gegen seine Schulter, erreichte damit aber lediglich, dass er sich mit einem unterdrückten Schmer- zensschrei aufrichtete. Mitleid spülte ihre Angst fort. Er fiel zurück und rollte sich auf die Seite, wobei er seinen linken Arm schützend festhielt.
    Ungläubig starrte sie ihre Hand an, blickte dann hinauf zu seinem zerknitterten Leinenhemd und wieder hinunter auf den

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