Jillian Hunter
leidenschaftlicher Kuss, aber sie war auch keine Kurtisane, und er hätte ebenso gut einem der Schmetterlinge auf ihrem Negligé hinterherjagen können, wie auf eine ge- meinsame Zukunft mit ihr zu hoffen. Doch ihr Körper war so warm und nachgiebig, so üppig und einladend, dass Dominic sich nach intimeren Berührungen sehnte. Er wollte ihr die Kleider abstreifen und ihre nackte Haut an der seinen spüren. Er wollte sie anflehen, die seine zu werden, seine Bedürfnisse zu stillen. Es war beinahe zu viel für ihn.
Seit fast einem Monat hatte er sich nicht mehr erlaubt, ir- gendetwas außer reinem Hass zu empfinden. Das Seidennegligé, das sie trug, betonte ihre Brüste und ihren Po auf so provozierende Art und Weise, dass allein ihre sinnlichen Rei- ze ihn von den Toten hätten erwecken können.
Aus dem Augenwinkel bemerkte er draußen eine Bewe- gung. Es hätte ein Schatten sein können, eine Katze auf ei- nem Baum, irgendetwas. Aber er würde kein Risiko eingehen. Er fasste sie an den Ellbogen, zog sie direkt auf den Boden herunter und hielt sie zwischen seinen Beinen fest.
Chloe riss den Kopf erschrocken zurück. „Was haben Sie jetzt vor?", fragte sie fordernd.
„Das Fenster. Ich will nicht, dass irgendjemand uns sieht."
Sie regte sich und zog ihr Negligé um sich, das aufgesprun- gen war und die seidige Haut ihrer Oberschenkel entblößt hatte. Sein Körper krampfte sich in schier unerträglicher An- spannung zusammen, er musste mehrmals tief durchatmen,
um seine Erregung zu unterdrücken. Seit Wochen hatte er keine Frau mehr berührt, und diese hier weckte in ihm ein körperliches Verlangen, bei dem er sich nicht sicher war, ob er es zügeln konnte.
Er wusste nicht, was er von ihr oder von sich selbst halten sollte. Kaum konnte er vor sich selbst zugeben, dass er sich nach dem Kuss so heiß und zittrig fühlte wie ein liebeshung- riger Jüngling. Aber verdammt, sie hatte recht. Sein gesamter Körper fühlte sich krank und schwach an. In den letzten paar Tagen hatte er sich bis an seine Grenzen getrieben und nachts nicht geschlafen, um beobachten zu können, was in seinem Haus vor sich ging.
Wenn Chloe Boscastle ebenso klug wie schön war, war er möglicherweise der einen Gefahr nur entronnen, um sich in einer noch prekäreren Situation zu finden.
Chloe hatte Angst, sich zu bewegen, da sie sich selbst nicht sicher war, was gerade geschehen war oder wie sie darauf re- agieren sollte. Wenn er sie geküsst hatte, um ihr zu beweisen, wie unerfahren sie war, so hatte sie nichts dagegen einzuwen- den. Ihre Lippen prickelten von der verbotenen Berührung durch seinen Mund, und sie war sich nicht ganz sicher, wa- rum sie weniger Angst hatte als zuvor. Zwischen ihr und die- sem Mann war eine unerklärliche Nähe. Sie entschied, dass es mehr damit zu tun hatte, dass sie zur unfreiwilligen Verbünde- ten in seinem Racheplan geworden war, als mit romantischen Gefühlen. Wie konnte sie jemanden hassen, der Brandons Tod rächen wollte?
Sie waren Wärter und Gefangene - gemeinsam in einem An- kleidezimmer, dessen Boden mit modischer Damenunterwä- sche bedeckt war. Nur eine Boscastle konnte sich in einer sol- chen Situation wiederfinden. Natürlich war es abscheulich, dass sie ihm erlaubt hatte, sie erneut zu küssen, aber tief in ihrem Inneren sah sie in ihm immer noch den Mann, der sie aus dem Regen gerettet hatte.
Es war gefährlich, ihn zu unterschätzen - oder die Anzie- hungskraft, die er auf sie ausübte. War er Sir Galahad oder ein verbitterter Geist? Chloe konnte nicht einmal entschei- den, ob es überhaupt einen Unterschied machte. Beide waren
eine Bedrohung für sie.
Die unnachgiebigen Kanten seines Gesichtes halfen nicht, ihre Nerven zu beruhigen. Die harte Entschlossenheit war wieder in seine Gesichtszüge zurückgekehrt, auch wenn seine Augen fiebrig glühten, als er sie wieder zurück auf den Boden legte, gebettet auf einen Stapel Musselinunterröcke.
Unterröcke! Sie benötigten beide einige unbehagliche Au- genblicke, um wieder zu so etwas Ähnlichem wie Vernunft zu kommen. Um so zu tun, als säßen sie so normal wie überhaupt möglich in einem Salon, statt sich zusammen auf den Boden eines Ankleidezimmers zu kauern. Chloe zog ihr Negligé en- ger um ihren zitternden Körper und räusperte sich. „Was sol- len wir jetzt tun?"
Er lehnte seine gesunde Schulter gegen die Truhe zurück und blickte zum Fenster hinauf. „Ich bin mir nicht vollkom- men sicher." Er schrak zusammen, weil er spürte,
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