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Jillian Hunter

Jillian Hunter

Titel: Jillian Hunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viel Lärm um Stratfield
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Abendkleidung am anderen Ende des massiven Tisches saß. Seine gebieterische Persönlichkeit passte zur dunklen Ele- ganz des Hauses.
    Sie stellte sich vor, wie er einen silbernen Kelch in den lan- gen Fingern hielt und sein spöttisches Lächeln aufblitzen ließ. Beinahe konnte sie spüren, wie er sie mit seinen nachdenk- lichen grauen Augen auf diese untertriebene, unverschämte Art musterte. Sie nahm einen tiefen Schluck Wein. Hatte er es wirklich gewagt, sie im Schlaf zu verführen? Als wäre es nicht unverschämt genug von ihm gewesen, sich Brandons Brief zu- rückzuholen.
    Ihre verruchten Gedanken über Dominic wärmten Chloes Blut. Sie hätte ihm zu gerne ein letztes Mal gesagt, was für ein unverschämter Schurke er war. Die Vorstellung, dass er sie liebkost hatte, während sie schlief, ließ sie erröten. Welche Frechheit, sie so zu missbrauchen, sie dazu zu bringen, so auf ihn zu reagieren. Wenn ...
    „Geht es Ihnen gut, Lady Chloe?" Sir Edgars melodische Stimme unterbrach ihre Fantasien. „Sie wirken erhitzt. Viel- leicht ist es nicht angemessen, dass wir bei Tisch über die Schreckensherrschaft der Guillotine diskutieren."
    Chloe fand keine Worte. Unglücklicherweise nutzte Tante Gwendolyn die peinliche Stille, um zu mutmaßen: „Vielleicht fühlt sie sich ebenso unwohl wie ich, Sir Edgar."
    „Unwohl?", wiederholte Sir Edgar und warf Chloe einen neugierigen Blick zu.
    „In diesem Haus spukt es", erklärte Tante Gwendolyn und schnaubte. „Spüren Sie das nicht?"
    Sir Edgar wirkte ein wenig peinlich berührt. „Ich kann nicht behaupten, dass ich nachts irgendwelches Kettengeras- sel oder unmenschliches Stöhnen gehört hätte. Vielleicht be- nötigen die Damen ein wenig körperliche Ertüchtigung, um diese düsteren Gedanken zu vertreiben. Bestimmt könnte ein Spaziergang durch die große Galerie oder den Wintergarten Sie beruhigen, während Sir Humphrey und ich uns in der Bib- liothek einen Brandy genehmigen."
    „Das ist eine ausgezeichnete Idee", sagte Tante Gwendolyn, und daran, wie schnell sie die Gelegenheit ergriff, hätte Chloe erkennen müssen, dass sie etwas im Schilde führte. „Kommt,

Mädchen, ein bisschen Bewegung wird uns nach diesem aus- gezeichneten Abendessen guttun."
    Sir Edgar erhob sich, um die drei Frauen zur Tür zu eskor- tieren. Aber gerade, als sie gehen wollten, ermahnte er sie: „Noch eine Warnung, verehrte Damen. Während ich nicht glaube, dass Sie dem Geist meines Neffen begegnen werden, besteht doch die entfernte Möglichkeit, dass Sie seinem Hund über den Weg laufen könnten."
    „Seinem Hund?", fragte Pamela überrascht. „Was meinen Sie nur?"
    Er lachte leise. „Seinen überaus lästigen Jagdhund. Er gräbt seit Wochen den Garten um und rennt frei im Wald um- her. Ich habe dem Wildhüter gesagt, dass wir ihn erschießen sollten, aber er hat sich gesträubt, bis das elende Tier vor ein oder zwei Tagen auf einmal verschwunden ist. Es wäre mir sehr unangenehm, wenn es vor meinen Gästen plötzlich wie- der auftauchen sollte."
    „Ich habe keine Angst vor dem Hund Seiner Lordschaft", entgegnete Tante Gwendolyn. „Das arme Tier ist vermutlich vor Trauer wie von Sinnen. Der Viscount war ein begeisterter Jäger und Reiter", fügte sie mit offensichtlicher Anerkennung hinzu. „Ganz egal, was man sonst über ihn sagt, er konnte auf jeden Fall gut mit Tieren umgehen."
    „Und mit Frauen", ergänzte Pamela leise zu Chloe gewandt.
    Chloe biss sich auf die Zunge, um nicht zu sagen, dass sie auf diesem Gebiet schon ihre eigenen Erfahrungen gemacht hatte. Glücklicherweise unterbrach Tante Gwendolyn sie, um ihnen eine eigene Meinung zuzuflüstern. „Ihr habt ihn gehört, Mädchen. Der Hund des Viscounts kann die Gegenwart seines Herrn spüren. Tiere fühlen so etwas, kann ich euch sagen. Die- ser Geist muss ein für allemal gebannt werden, und wenn ich es selbst mit ihm aufnehmen muss!"
    Das war zu viel für Chloe und Pamela. Sie brachen in res- pektloses Gelächter aus, als Gwendolyn sie über die breite Eichentreppe zu der großen Galerie hinaufscheuchte, die die Eingangshalle überblickte. In vergangenen Tagen hatte sich die Familie in dem geräumigen Gang Bewegung verschafft oder Spiele gespielt. Liebespaare waren Hand in Hand dort entlangspaziert und hatten sich bei Mondschein in den Ni-

schen geküsst.
    Pamela begann erneut zu kichern, als sie die Ahnenporträts an der Wand betrachtete. Chloe lachte auch, aber sie war ins- geheim enttäuscht, dass sie kein

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