Jillian Hunter
Fluss hinaus. „Ich hätte ohne deine Hilfe nicht überleben können."
„Ich würde ihm liebend gerne mit den Händen das Herz aus dem Leib reißen, um dich zu rächen, wenn du es mir er- laubst."
Dominic blickte Adrian dankbar an. Selbst in jüngeren Jah- ren war Adrian immer der Gesetzlose gewesen und Dominic der pflichtbewusste englische Lord. Sein Freund hatte als Söldner Jahre voller Einsamkeit in Indien und auf fernen Au- ßenposten verbracht, als sein Vater geschworen hatte, ihn zu enterben. Zweifelsohne hätte Adrian Sir Edgar umgebracht, wenn Dominic es zugelassen hätte.
„Vielleicht kommt der Tag noch."
„Lieber früher als später", erwiderte Adrian. „Es widert mich an, dich so leben zu sehen, während der Kerl die Früch- te seiner Bosheit genießt."
Dominics Ausdruck änderte sich nicht. Nüchtern, eindring- lich, entschlossen. Adrian hätte an seiner Stelle genau das- selbe getan, das wussten sie beide. Die bitteren Launen des Lebens hatten sie beide zu unvorstellbaren Handlungen fähig gemacht. „Ich nehme an, du hast nichts Neues über ihn in Er- fahrung gebracht?"
„Nicht viel, was du noch nicht weißt. Wellington hat ihn in Coruna bei einer Beförderung übergangen. Dein lieber Onkel hat etwas voreilig mit den falschen Männern darüber gespro- chen. Es scheint, als wäre sein Wechsel zur East India Com- pany eine Rache dafür gewesen, dass seine Vorgesetzten ihn brüskiert haben. Andererseits kann ein Mann im Ausland ein ansehnliches Vermögen erbeuten, wenn er bereit ist, der regu- lären Armee den Rücken zuzukehren." Adrian zögerte. „Er kann nicht alleine gehandelt haben. Nicht bei den wichtigen Informationen, die er verkauft hat."
„Ich weiß, aber wer hat ihm geholfen? Wer?"
„Ich habe keine Ahnung, aber es gibt sicherlich Männer, die es herausfinden wollen. Ich werde alles in meiner Macht Ste- hende unternehmen, bevor ich mich mit meinem Vater tref- fe, obwohl ich in London nur wenige Kontaktpersonen habe. Nicht jeder heißt die Rückkehr eines Söldners willkommen. In der Zwischenzeit solltest du diese junge Dame mit Vorsicht genießen. Ich hoffe nur, dass du ihr trauen kannst."
Dominic lachte leise. „Ich habe keine andere Wahl."
Adrian lächelte reumütig. „Ich nehme nicht an, dass wir sie für ein paar Monate fortschicken können."
„Ich würde es nicht wollen, selbst wenn ich es könnte."
Chloe hatte keine Ahnung, ob die Zeremonie ihrer Tante in Dominics Schlafgemach ihn „aufgebracht" oder verscheucht hatte. Oder ob er vielleicht sogar der geisterhafte Reiter gewe- sen war, den Gwendolyn in der Nacht in den Wäldern gesehen hatte. Sie bezweifelte es jedoch.
Warum sollte er riskieren, dass man ihn auf einem Ausritt sah, wo er doch wollte, dass die Welt ihn für tot hielt? Es sei denn, es war Teil seines ausgefeilten Planes, um Sir Edgars Verrat aufzudecken. Irgendwie glaubte Chloe nicht, dass ein Berufssoldat wie Sir Edgar auf ein derartiges Gespensterthe- ater hereinfallen würde.
Andererseits, wer war der geheimnisvolle Reiter im Wald, wenn nicht Dominic? Nicht Devon. Nicht Justin, den Tante Gwendolyn erkannt hätte. Ein Freund, der den Colonel be- suchte? Ein Fremder, der durch das Dorf reiste? Chloe brann- te vor Enttäuschung, weil sie Dominic nicht sofort warnen konnte.
Er hätte ebenso gut wirklich tot sein können. Mit jeder Stunde, die verging, ohne dass sie etwas von ihm hörte, wuchs ihr Glaube, dass sie ihn nie Wiedersehen würde. Er schien zu denken, dass sein Streben nach Rache ihn schützte.
In den folgenden Tagen dachte sie nur noch an Dominic und an seine Rachepläne. Etwa in der Kirche, während die don- nernde Predigt des Pastors die Gemeinde von Chistlebury auf- rüttelte. Oder wenn sie bei Kerzenschein auf ihrem Bett lag, an Brandons verschlüsselter Nachricht arbeitete und spürte, dass sie kurz vor dem Durchbruch stand. Und nicht zuletzt in
dem verwilderten Rosengarten, wo sie bei dem vergeblichen Versuch, ihren Geist wenigstens dazu zu verleiten, ihr ein Zei- chen zu geben, dass er in Sicherheit war, stundenlang umher- wanderte.
Er blieb stumm, und wenn sie nicht gerade wütend auf ihn war, weil er keinen Kontakt zu ihr aufnahm, sorgte sie sich, dass er in Schwierigkeiten war und sie nicht erreichen konn- te. Woher sollte sie wissen, ob er nicht hilflos in seinem Tunnel lag? Es war äußerst rücksichtslos von ihm, ihr auch nicht die kleinste Nachricht zukommen zu lassen.
Mehr als einmal war sie versucht, ihren Bruder Heath,
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