Jim Knopf 02 - Jim Knopf und die Wilde 13
nur noch heraus, »warum hast du das getan?«
»Bring sie hinunter«, befahl Lukas, »und schließe sie in unsere Kajüte ein, damit sie in Sicherheit ist. Hier oben wird's jetzt wohl gleich ein bisschen brenzlig werden.«
»In Ordnung, Lukas«, sagte Jim und zog das heulende Mädchen hinter sich her ins Unterdeck hinunter. So kurz dieser Zwischenfall auch nur dauerte, er hatte doch genügt, dass Lukas den richtigen Augenblick zum Angriff versäumte. Auf eine halbe Seemeile Entfernung hatte die »Wilde 13« das getarnte Staatsschiff endlich entdeckt und war mit blitzartiger Schnelligkeit nach Osten abgebogen und lief schräg am Wind.
»Ihnen nach!«, rief Lukas.
»Verfolgung aufnehmen!«, donnerte der Kapitän. Der Steuermann sprang an das Rad, das er die ganze Zeit über nicht hatte berühren dürfen, und riss das Ruder herum, die eine Hälfte der Mannschaft zurrte die Segel fest, die andere stand schussbereit an den Kanonen. Das Seeräuberschiff bog abermals ab und kreuzte nun gegen den Wind nach Süden zurück, immer im Zickzack hin und her fahrend. Jim war inzwischen wieder auf Deck zurückgekehrt und stand neben Lukas. Das Piratenschiff fuhr eben in nur etwa hundert Meter Entfernung an ihnen vorüber. Man konnte die unheimlichen Kerle auf dem Verdeck sehen. Sie standen alle mit verschränkten Armen und grinsten höhnisch herüber. Und dort, auf dem Achterdeck, stand Molly, mit dicken Seilen festgebunden!
»Molly!«, schrie Jim. »Molly, wir kommen!«
»Wir werden ihnen mal einen Schuss vor den Bug setzen«, sagte der Kapitän, »damit sie anhalten. Vielleicht ergeben sie sich freiwillig.«
»Glaube ich kaum«, knurrte Lukas, klopfte seine Pfeife aus und steckte sie in die Tasche. »Jim, alter Junge, ich habe so das Gefühl, als ob uns heute noch warm werden wird.«
»Gebt Feuer!«, rief der Kapitän und ein Schuss dröhnte über das Meer. Die Kugel schlug vor dem Bug der »Wilden 13« ins Wasser.
»Ha, ha, ha, ha!«, hörte man die Piraten und dann fingen sie an, laut und grölend zu singen:
»Dreizehn Mann saßen auf einem Sarg,
Ho, ho, ho, und ein Fass voller Rum ...«
»Gut«, knirschte der Kapitän, »wenn sie's nicht anders haben wollen! - Achtung, Backbordkanonen - eine Salve! Gebt Feuer!«
Der Donner von zehn Kanonenschüssen rollte über die See. Pulverdampf vernebelte für einen Augenblick die Sicht. Als er sich verzogen hatte, war zu sehen, dass das Piratenschiff einen schnellen Haken geschlagen hatte und alle Kugeln ins Wasser gegangen waren.
»Beidrehen!«, rief der Kapitän, um die »Wilde 13« wieder einzuholen, und zu Lukas gewendet fuhr er fort: »Die Leute da drüben sollen mich nur nicht böse machen, sonst erleben sie was.«
Aber die Piraten hatten sich inzwischen etwas Neues ausgedacht.
Sie ließen das Staatsschiff überhaupt nicht mehr so nahe an sich herankommen, dass man schießen konnte. Manchmal entfernten sie sich bis zum Horizont, sodass sie kaum noch zu sehen waren.
Aber dann hielten sie plötzlich wieder an, als ob sie nicht weiterkönnten, bis das Staatsschiff ihnen wieder nachgekommen war. Warum taten sie das? Warum segelten sie nicht einfach davon?
»Ich weiß nicht«, brummte Lukas und schob seine Mütze ins Genick, »die Geschichte ist mir nicht recht geheuer. Ich habe das unangenehme Gefühl, dass sie uns in eine Falle locken wollen.«
Und damit sollte er nur allzu recht behalten.
Nachdem sie das Piratenschiff, das mit unglaublicher Wendigkeit sein Spiel mit ihnen trieb, schon über eine Stunde verfolgt hatten, begann sich der Himmel plötzlich mit schwarzen Wolken zu bedecken. In Minutenschnelle verwandelte sich das Aussehen des Meeres. Ein scharfer Wind sprang auf und pfiff in den Segeln. Die Wogen begannen sich höher und höher zu türmen und es wurde immer dunkler.
»Sie locken uns in einen Taifun!«, rief Lukas dem Kapitän zu und hielt sich seine Mütze fest.
»Ja«, antwortete der Kapitän, »es ist klüger, wir geben es für diesmal auf und kehren schleunigst um.«
»Meinetwegen!«, gab Lukas zurück.
»Beidrehen!«, befahl der Kapitän. »Wir wenden!«
Aber wenn sie glaubten, dass die »Wilde 13« sie so einfach nach Hause fahren ließ, dann hatten sie sich getäuscht. Jetzt war der Augenblick gekommen, auf den die Seeräuber gewartet hatten. Mit toller Geschwindigkeit überholten sie das Staatsschiff und schnitten ihm den Weg ab.
»Wir werden's euch zeigen, ihr Bande!«, schrie der Kapitän wütend. » Steuerbordkanonen, Salve,
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